Zell im Wiesental Sie kannten die Nöte der Menschen

Markgräfler Tagblatt
Die historische Aufnahme zeigt die Verleihung der Bürgermedaille durch Bürgermeister Richard Böhler an das Urgestein der Schönauer Christdemokraten, Augustin Engesser. Links im Bild Ehefrau Elisabeth Engesser. Foto: zVg / Fam. Engesser Foto: Markgräfler Tagblatt

Parteigeschichte: Bei der Gründung der BCSV in Baden kamen Impulse aus dem oberen Wiesental

„Zeit zum Diskutieren hatten wir nicht, die Not war riesig“, beschreibt ein Zeitzeuge die sozialen Verhältnisse der Nachkriegszeit im oberen Wiesental.

Oberes Wiesental (aq). Hunger, Krankheiten, das Leid der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, die katastrophalen Wohnungsverhältnisse, die Sorgen der Familien um Vermisste – diesen Herausforderungen hatten sich die Frauen und Männer zu stellen, die sich im neu formierten Parteienspektrum der Badisch Christlich-Sozialen Volkspartei (BCSV) im Sommer des Jahres 1945 vom Schwarzwald bis zum Bodensee sammelten.

Anders als in der amerikanischen, britischen und sowjetischen Zone konnte sich die neue politische Kraft in Südbaden noch nicht Christlich Demokratische Union (CDU) nennen. Der Grund: Die Franzosen dachten vorerst nicht daran, ihr Besatzungsgebiet in eine neu zu schaffende deutsche Einheit einzubringen. So einigte man sich auf den Namen Badisch Christlich-Soziale Volkspartei (BCSV).

Wichtige Impulse bei der Gründung kamen aus dem oberen Wiesental. Insbesondere der damalige Todtnauer Sparkassenleiter und spätere Bürgermeister Franz Dietsche sowie der Schopfheimer Jurist Wilhelm Hoch waren die herausragenden politischen Persönlichkeiten, die die Initiative zum Start einer christlichen Gemeinschaftspartei aufgriffen.

Mit der Gründung einer Ortsgruppe der BCSV Anfang Februar 1946 in Todtnau und am 23. März 1946 in Schopfheim entwickelte sich die neue Partei im Talabschnitt und den angrenzenden Kommunen.

Franz Dietsche wurde im Mai 1946 zum ersten Kreisvorsitzenden gewählt und bekleidete dieses wichtige Amt erneut 1963.

Katholische Soziallehre prägte das Parteiprogramm

Nicht weniger bedeutsam waren die Anregungen Franz Dietsches für ein Kreisprogramm. So bat er um Aufnahme von auch heute noch aktuellen sozialpolitischen Punkten der Arbeitnehmer.

Führenden Vertreter der BCSV kamen aus den katholischen Verbänden und orientierten sich an der katholischen Soziallehre.

Einige Repräsentanten der Ortsgruppen der BCSV setzten mit ihrem Engagement Maßstäbe in ihren Heimatgemeinden. Hierzu zählten in Zell Andreas Mattern, Mitbegründer und Vorsitzender der Badisch Christlich-Sozialen Volkspartei in der damaligen Textilmetropole, sowie Franz Eichert, Zells Bürgermeister zwischen 1945 und 1949. Zusammen mit Franz Dietsche erreichte er die Zulassung der neuen Parteiformation bei den Besatzungsbehörden im Frühjahr 1946.

Sein Nachfolger im Zeller Rathaus, der aus Stetten stammende Verwaltungsfachmann Karl Klauser, der schon in Lörrach bei der Gründung der BCSV federführend wirkte, erwarb sich besondere Verdienste um den Wohnungsneubau und den Ausbau Zells als zentralen Schulstandort. Augustin Engesser, Maurermeister und Bauunternehmer in Schönau, gehörte als Vertreter der Zentrumspartei dem Bürgerausschuss an und wirkte später 24 Jahre im Schönauer Gemeindeparlament und acht Jahre im Kreistag. Mit Unterstützung seines Freundes Leo Wohleb setzte er sich für Soforthilfemaßnahmen zur Linderung der Lebensmittelknappheit ein. Für seine Verdienste wurde ihm die Bürgermedaille der Stadt Schönau verliehen.

Als ein weiterer Initiator beim Aufbau einer christlichen Volkspartei wirkte bis zu seinem Umzug in die Markgrafenstadt der Schlechtnauer Erich Mende, der 1946 mithalf, den Todtnauer BCSV-Ortsverband ins Leben zu rufen.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading