Bad Bellingen Der Ausbau des Wärmenetzes erfolgt in zwei Abschnitten

Alexander Anlicker
Das Untersuchungsgebiet (rot) mit den Trassen des ersten (blau) und zweiten (orange) Ausbauabschnitts. Foto: Maps4News/Alexander Anlicker

Die Wärmeplanung in Bad Bellingen schreitet voran. Ein aktueller Sachstandsbericht von Endura Kommunal und der Firma Naturenergie als künftigem Netzbetreiber war Thema im Gemeinderat. Die Erste Wärmelieferung wird zur Heizperiode 2026/27 anvisiert.

Seit 2021 erarbeitet die Firma Endura Kommunal aus Freiburg ein Quartierskonzept für das Kurgebiet und den alten Ortskern von Bad Bellingen. Die Planung erfolgt unter anderem im Rahmen der interkommunalen Wärmeplanung des Landkreises. Untersucht wurde die Möglichkeit, diesen Bereich über ein Nahwärmenetz möglichst klimaneutral mit Wärmeenergie zu versorgen.

Verena Zipf von Endura Kommunal sowie Thomas Rasilier von der EnBW-Tochter gaben im Gemeinderat einen aktuellen Sachstandsbericht zu Machbarkeit und Bedarf sowie der späteren Umsetzung. Naturenergie hat ein Interesse am Aufbau eines Nahwärmenetzes bekundet.

Grundlagen

„Es herrscht endlich Klarheit über das Gebäudeenergiegesetz (GEG)“, sagte Zipf zu Beginn ihres Vortrags. Erst ab 30. Juni 2028 sei bei neuen Heizungen ein Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien vorgeschrieben. Früher nur, wenn die Gemeinde ein Gebiet zum Neubau eines Wärmenetzes ausweise. Das seit Jahresbeginn geltende Gesetz schreibe auch keinen Austausch von Heizungen vor, solange diese funktioniere und sich reparieren lasse.

Zipf verweist auf die Förderung von Nahwärmeanschlüssen mit 30 Prozent, einen 20-prozentigen Klimageschwindigkeitsbonus bis Ende 2028 sowie einen 30-prozentiger Einkommensbonus, wenn das Jahreseinkommen weniger als 40 000 Euro beträgt.

Alternativen zur Nahwärme sei eine Wärmepumpenlösung im Zusammenhang mit einer Gebäudesanierung. Diese mache möglicherweise eine Verstärkung des Stromnetzes erforderlich. Zweite Alternative sei ein Biomassekessel – beispielsweise eine Holzhackschnitzelfeuerung. Diese sei jedoch mit Emissionen verbunden.

Bis 30. Juni 2028 seien auch Öl- und Gaskessel weiter möglich, allerdings mit dem Risiko steigender Energiepreise durch die Kohlendioxid-Abgabe. Für Nahwärme spreche die ganzjährig mögliche Nutzung der Abwärme der Balinea-Thermen. Ein Energiemix aus Abwärme, Strom, Biomasse und Gas erhöhe die Versorgungssicherheit. Als weitere Vorteile nannte sie die regionale Wärmeversorgung, stabile und konkurrenzfähige Preise.

Die Eigentümer von 59 Gebäuden hätten ihr Anschlussinteresse bekundet, berichtete Zipf. Gegebenenfalls könnte auch das Neubaugebiet „Rheinstraße Nord“ mit Nahwärme versorgt werden. Auch könnten sich noch weitere Kunden anschließen, sagte die Planerin.

Nach dem Abschluss des Quartierskonzepts laufe seit Anfang 2023 das auf drei Jahre angelegte Sanierungsmanagement mit Beratungsangeboten für die Bürger. Aktuell wurde mit der Planung begonnen und die Förderanträge gestellt. Der Baustart ist für Anfang 2026 geplant, die ersten Wärmelieferungen sollen zum Beginn der Heizperiode 2026/27 erfolgen.

Umsetzung

Thomas Rasilier informierte zunächst über das Engagement von Naturenergie in Sachen Nahwärme. Aktuell betreibt das Unternehmen in Südbaden 13 Wärmenetze mit rund 500 Nahwärmekunden. Vier Wärmenetze sind im Aufbau, zwei weitere Projekt – darunter Bad Bellingen – sind in der Planung.

Insgesamt gebe es im Untersuchungsgebiet 90 Gebäue, die sich für Nahwärme eigneten. Dies hätten einen Wärmebedarf von 11 500 Kilowattstunden pro Jahr. Dies erfordert eine thermische Leistung von rund 4600 Kilowatt.

Etwa 500 Kilowatt liefert die Abwärme der Therme als Grundlast, ein Hackschnitzelkessel soll rund 1500 Kilowatt als Mittellast liefern. Für die Spitzenlast – fünf bis zehn Prozent Deckungsanteil – ist ein Gaskessel beziehungsweise als Alternative „Power2Heat“ (Strom) vorgesehen. Als Standort für eine Heizzentrale ist ein Grundstück westlich der Thermen vorgesehen. Die Heizzentrale hat eine Grundfläche von 26 mal 16 Metern und eine Höhe von neun Metern.

Der Bau des Wärmenetzes ist in zwei Abschnitten geplant. Im ersten Ausbauabschnitt entsteht eine 1430 Meter lange Trasse im Kurgebiet, die rund 75 Prozent des Wärmebedarfs abdeckt und an die Therme und Kliniken angeschlossen werden soll. Die Erweiterung im zweiten Bauabschnitt erfordert eine weitere Leitung von 1370 Metern. Hier ist geplant, das Rathaus, bestehende Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie das Neubaugebiet anzuschließen.

Diskussion

Skepsis bezüglich des Biomasseanteils legte Gemeinderat Wolfgang Müller (Freie Wähler) an den Tag. Laut seinen Berechnungen wären jährlich rund 7000 Festmeter beziehungsweise 5000 Tonnen Holzhackschnitzel erforderlich. Da die Holzernte in Bad Bellingen laut Müller gerade einmal 500 Festmeter im Jahr betrage, fragte er, wo das ganze Holz herkommen soll.

Die vorhandene Biomasse reicht nicht für ganz Deutschland, gestand Zipf. Man müsse eine Mischkalkulation machen.

Daniel Billich (Freie Wähler) fragte nach den Kosten im Vergleich zu anderen Energieträgern. Aktuell seien die Kosten für Nahwärme ähnlich wie beim Gas, erläuterte Rasilier. Allerdings werde die Nahwärme bei steigenden CO2-Preisen günstiger.

Ob Bad Bellingen den Status als Heilbad aufrecht erhalten könne, fragte Gemeinderat Tim Wessel (SPD) angesichts der Emissionen durch die Biomasse-Nutzung.

Rasilier verwies auf die Filtertechnik und die Höhe des Kamins. Zudem werde man beim Deutschen Wetterdienst ein Gutachten in Auftrag geben, bei dem auch die Luftbelastung untersucht werde.

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