Bad Bellingen Eine grüne Richtschnur

Weiler Zeitung
Forsteinrichter Andreas Sippel vom Regierungspräsidium Freiburg, Försterin Heike Wiegand und Bernhard Schirmer als Forstbezirksleiter Kandern (v.l.) erläutern auf der Waldbegehung auf einer Karte den Waldbesitz der Gemeinde. Foto: Jutta Schütz Foto: Weiler Zeitung

Forsteinrichtung: Planungen für die Jahre 2019 bis 2028 / Klimawandel im Blick / Waldbegehung

Im Wald ist eine langfristige Planung gefragt: So werden bei der Forsteinrichtung Ziele für die nächsten zehn Jahre formuliert. Bad Bellingen hat jetzt die Richtschnur für 2019 bis 2028 festgelegt.

Von Jutta Schütz

Bad Bellingen-Hertingen. Forsteinrichter Andreas Sippel vom Regierungspräsidium Freiburg und Försterin Heike Wiegand haben dazu den Gemeindewald unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse dieser Waldbestandsaufnahme wurden Gemeinderäten und Bürgern bei einer Waldbegehung im Hertinger Wald und anschließend im Gemeinderat vorgestellt.

Inventurmaßnahme seit 180 Jahren

Die Planungen wurden auch mit dem Forstbezirk Kandern – hier war Bernhard Schirmer als Forstbezirksleiter Kandern mit vor Ort – und der Gemeindeverwaltung abgestimmt.

Die Forsteinrichtung, die übrigens nur den Gemeindewald und nicht den Privat- oder Staatswald betrifft, gleicht einer Inventur. In diesem Fall ist es die 18. Inventur in 180 Jahren. Das Alter der Bäume, der Holzvorrat, die Qualität des Waldes und die Baumarten-Zusammensetzung werden geschätzt und berechnet. Der Gemeinderat nahm in der Sitzung am Montag den Waldzustand und den Betriebsvollzug für die kommenden zehn Jahre zur Kenntnis und stimmte der Eigentümerzielsetzung zu.

Lössboden ist auch für Wald fruchtbares „Sahnehäubchen“

Bei der Waldbegehung wurde deutlich: Die Gemeinde weist auf den Landesdurchschnitt gesehen sehr wenige Waldflächen auf – gerade mal 16 Prozent der Gemeindefläche sind Wald, wie Sippel, Wiegand und Bernhard Schirmer als Forstbezirksleiter Kandern anhand einer Karte aufzeigten.

Das hat Gründe. „Hier gibt es vielfach sehr fruchtbaren Lössboden“, erklärte der Forsteinrichter. „Wir stehen hier in Hertingen sozusagen auf einem Sahnehäubchen“, machte Sippel mit dem Hinweis auf rund 120 Jahre alte Buchen und fast 200 Jahre alte Eichen deutlich. Das „Sahnehäubchen Lössboden“ hatte in vergangenen Jahrhunderten dazu geführt, dass Wald für dann ebenso fruchtbares Ackerland abgeholzt wurde. Anfang des 19. Jahrhunderts habe es um den Wald schlecht ausgesehen. „Das hat bei unseren Vorfahren dazu geführt, dass die Forsteinrichtung etabliert wurde, die besagt, dass das, was aus dem Wald entnommen wird, wieder aufgeforstet werden muss. Wir planen also heute schon für unsere Nachfahren“, stellte Wiegand fest.

Die Karte machte deutlich, dass der Ortsteil Hertingen mit der Gemeindereform den meisten Wald als „Mitgift“ mit in die Ehe gebracht hatte – am Rhein und im Rheinvorland finden sich nur wenige kleinere zusammenhängende „Wäldchen“ und diese auf kiesigen Standorten. 60 Prozent der Bad Bellinger Waldfläche sind als Erholungswald ausgewiesen. „Der Wald ist hier also nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sondern trägt den sozialen Ansprüchen einer Kurgemeinde in Sachen Erholung Rechnung“, sagte Sippel.

Die Waldbetriebsfläche gesamt liegt bei 120 Hektar. 22 Prozent der Gemeindewaldfläche liegen in FFH-Gebieten, zwölf Prozent der Betriebsfläche sind geschützte Waldbiotope, vier Naturschutzgebiete sind in Bad Bellingen verzeichnet – sechs Hektar davon liegen im Wald. „Wir haben hier in Hertingen einen schönen alten Laubmischwald, vorwiegend mit Buchen, dazu wertige Eichen und auch kleinere ebenso wertige Douglasienbestände“, rechnete Sippel vor. 578 Festmeter Holzeinschlag pro Jahr sind geplant, das ist etwas weniger als die Festmeter, die nachwachsen.

Ökonomisches Ziel: Investition in Stabilisierung

Langfristig ist es bei der Investition in die Waldverjüngung das Ziel, neben dem Erhalt der Waldfläche und einer wirtschaftlichen Holznutzung auf guten Standorten, die Stabilisierung des Waldes angesichts des Klimawandels zu erreichen. Eichen und Douglasien sowie Lärchen sind sehr wertstabil und kommen mit Trockenzeiten und Wärme gut zurecht. Deshalb werden diese Bäume nachgesetzt, wobei bereits ein halber Hektar mit rund 1700 jungen Eichen und 275 Hainbuchen eingezäunt wurde, um sie vor Wildverbiss zu schützen. „Eine Naturverjüngung von Eichen im Laubwald ist schwer möglich, denn junge Buchen wachsen viel schneller und nehmen den Eichen das Licht. Hier wäre sonst ständig das Entfernen junger Buchen nötig“, erläuterte Wiegand.

Ökologische Vorgabe: Einrichtung eines „Waldrefugiums“

Unter dem Punkt „Ökologie“ ist die Erhaltung und Erhöhung der Artenvielfalt und der Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes Rechnung zu tragen. Biotopschutz, das Ausweisen von Habitatbaumgruppen, die etwa Nisthöhlen vorweisen und das Artenschutzkonzept mit dem Erhalt von Altholz- und Totholzbeständen sind Schwerpunkte. Für diese Schwerpunkte, in die die Gemeinde investiert, kann sie wiederum Ökopunkte sammeln, die bei Ausgleichsmaßnahmen eingesetzt werden können.

Vorgesehen ist in der neuen Forsteinrichtung die Einrichtung eines „Waldrefugiums“ mit zwei Hektar Fläche zwischen Stationenweg und Römerstraße – diese Fläche wird aus der Bewirtschaftung herausgenommen und sich selbst überlassen. „Mit einem ausgewiesenen Waldrefugium verschafft sich die Gemeinde auch Rechtssicherheit im Sinne der geforderten Artenschutzstatuten“, gab Sippel zu bedenken.

Stichwort Schutz: Der Forsteinrichter teilte mit, dass die Gemeinde bestrebt ist, durch Flächenankäufe und Schaffung von Waldflächen an der Römerstarße und an Hanglagen oberhalb des Orts, einen Schutzriegel vor Starkregen aufzubauen.

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