^ Bad Bellingen: Zustimmung trotz Fragezeichen - Bad Bellingen - Verlagshaus Jaumann

Bad Bellingen Zustimmung trotz Fragezeichen

Claudia Bötsch
Blick auf Rheinweiler, Bamlach und Bellingen: Einige Maßnahmen, die im Rahmen von ILEK umgesetzt werden sollen, zielen auf den Schutz der Natur ab.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Foto: zVg/Michael Spiegelhalter Bildtechnik

Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept: Bad Bellingen stimmt als letzte Kommune dem weiteren Vorgehen zu / Regionalmanagement soll installiert werden

Vor fünf Jahren haben sich die drei Kommunen Bad Bellingen, Kandern und Schliengen zu einer verstärkten Zusammenarbeit entschlossen. Dazu haben sie ein gemeinsames Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept, kurz ILEK, erarbeitet. Um die angedachten Projekte in die Tat umsetzen zu können, soll nun eine gemeinsame Stelle für einen sogenannten Regionalmanager geschaffen werden.

Von Claudia Bötsch

Bad Bellingen. Der Regionalmanager ist eine externe, von den drei Kommunen beauftragte Person, die als Koordinator Maßnahmen aus dem ILEK anstößt und betreut. Der „Kümmerer“ soll zudem regionale Entwicklungspotenziale identifizieren. Vor allem aber soll er auch die Bevölkerung mit ins Boot holen, die ebenfalls Ideen und Projekte beisteuern soll.

Mehrheitlich beschlossen

Der Kurort gab als letzte der drei Gemeinden grünes Licht für die weiteren Schritte. Wie berichtet, hatte sich der Bad Bellinger Gemeinderat bereits in der April-Sitzung mit dem Thema beschäftigt, die Entscheidung stand allerdings noch aus.

Der Beschluss erfolgte nun in der jüngsten Ratssitzung nach kontroverser Diskussion. Denn auch nach der erneuten Vorstellung des Regionalmanagements und möglicher Projekte durch Wolfram Müller-Rau von der Dienststelle Flurneuordnung der Landratsämter Lörrach und Waldshut blieben bei einigen Gemeinderäten noch „zu viele Fragezeichen“ (Andreas Großhans, Freie Wähler).

Dementsprechend durchwachsen fiel die Abstimmung aus: Bei vier Gegenstimmen und zwei Enthaltungen wurde schließlich beschlossen, die Förderung für das Regionalmanagement zu beantragen und die hierfür erforderlichen Schritte und Verträge einzuleiten. Die Verwaltung wurde gleichzeitig beauftragt, eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit Schliengen und Kandern zu schließen. Wird der Förderantrag bewilligt, soll das Büro „faktorgruen“ mit dem Regionalmanagement beauftragt werden.

Die gemeinsame Stelle für das Regionalmanagement kann durch das Land Baden-Württemberg über einen Zeitraum von maximal sieben Jahren mit bis zu 75 Prozent gefördert werden bei Kosten von maximal 90 000 Euro pro Jahr.

Interkommunale Projekte

Müller-Rau hatte bei seiner Präsentation nochmals auf die angedachten interkommunalen Projekte verwiesen, darunter die Flurneuordnung, die Neuordnung des Wegenetzes, Maßnahmen, die den Erosionsschutz oder Biotopverbünde betreffen, die Stärkung der Vermarktung regionaler Produkte sowie die Einrichtung eines gemeindeübergreifenden Aktionswegs. Ein Beispiel für ein konkretes Projekt in Bad Bellingen wäre die Sanierung der Wege zu den Aussiedlerhöfen in Hertingen.

Beispiele

Auch zeigte er Beispiele auf, die andere Gemeinden im ILEK-Rahmen realisiert haben. Am Bodensee haben Kommunen beispielsweise Äcker zu Streuobstwiesen aufgewertet und einen Bürgerbus für Senioren eingerichtet. Außerdem haben Landwirte über das ILEK-Projekt Verkaufsautomaten für regionale Produkte angeschafft. Zudem verwies Müller-Rau auf den Verein Regionalentwicklung Neckarschleifen, der über das Förderprogramm unter anderem Trockenmauern sanierte und einen mobilen Weinwagen anschaffte. Andernorts wurden beispielsweise landwirtschaftliche Geräte für Naturschutzmaßnahmen angeschafft.

Regionalmanager

Der Regionalmanager soll das ILEK-Programm zunächst bekannter machen, einzelne Projekte vorantreiben, die regionalen Akteure vernetzen und bei der Akquise von Fördermitteln beraten, hieß es in der Sitzung. Hier sind auch die Bürger gefragt. Denn im ILEK-Rahmen werden nicht nur kommunale Projekte gefördert, sondern auch Kleinprojekte von Privatleuten oder Institutionen. Dabei winken Zuschüsse von bis zu 80 Prozent bei förderfähigen Gesamtkosten von bis zu 20 000 Euro. In einem zweiten Schritt soll deshalb ein so genanntes Regionalbudget beantragt werden. Dafür ist eine Vereinsgründung vonnöten, wie Müller-Rau deutlich machte. Die Auswahl der Projekte erfolgt dann durch ein regionales Beschlussgremium. Bis zu 200 000 Euro an Fördergeldern könnten auf diesem Weg jährlich in die Region fließen. „Der Regionalmanager kümmert sich um die Projekte der Kommunen, der Verein um die kleineren Vorhaben von privater Seite, etwa von Landwirten“, erläuterte der Fachmann.

Kritik aus dem Ratsrund

Kritisch sah das Projekt unter anderem Andreas Großhans (Freie Wähler), der die „wahnsinnige Verflechtung“, Aufwand und Organisation problematisch fand sowie fehlende Transparenz bemängelte. Für ihn gab es nach wie vor „zu viele Fragezeichen“.

„Das erschlägt mich fast“, kommentierte Wolfgang Müller (Freie Wähler) den Vortrag. Er monierte, dass es keine Schwerpunkte gebe. Er sehe es kritisch, „wenn alles angeboten wird“ und befürchtete Konfliktpotenziale.

Silvia Heitz (SPD) sah das Projekt hingegen positiv. Ein Regionalmanager könne beispielsweise eine Vernetzung der Regionalvermarkter schaffen und deren Wünsche aufgreifen, meinte sie.

Bürgermeister Carsten Vogelpohl verglich das ILEK mit dem IBA-Prozess: „Dort hat es zunächst auch viele Fragezeichen gegeben, und das Projekt hat uns einiges an Extra-Schweiß gekostet – am Ende hat es sich aber gelohnt.“ ILEK gebe den Gemeinden eine große Freiheit bei der Entwicklung von Projekten. „Die Chancen sind deutlich höher als die Risiken“, meinte er.

Umfrage

2adaf948-0d33-11ef-8d09-186c8841fdbe.jpg

Die Kommunal- und Europawahl werfen Ihre Schatten voraus. Werden Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch machen?

Ergebnis anzeigen
loading