Basel Asylsuchende nimmt sich das Leben

sda
Eine abgewiesene Asylbewerberin hat sich im Juni 2018 im Untersuchungsgefängnis Waaghof in Basel erhängt (Symbolfoto). Foto: Michael Werndorff

Prozess: Vier Gefängnis-Angestellte wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht

Basel - Eine abgewiesene Asylbewerberin hat sich im Juni 2018 im Untersuchungsgefängnis Waaghof in Basel erhängt. Vier Gefängnis-Angestellte müssen sich seit gestern vor dem Basler Strafgericht verantworten. Sie sollen nach einem Suizidversuch nicht genügend Hilfe geleistet haben.

Anklage wegen fahrlässiger Tötung

Angeklagt sind drei Aufseher und die Aufseherin im Alter zwischen 36 und 50 Jahren. Sie stehen wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen und Aussetzung vor Gericht.

Grund für die Anklage der Basler Staatsanwaltschaft ist der Selbstmord einer abgewiesenen Asylbewerberin aus Sri Lanka im Juni 2018. Die Todesfolge sei vorhersehbar und vermeidbar gewesen, heißt es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft. Die Beschuldigten hätten elementare Sorgfaltspflichten verletzt, obwohl sie entsprechend ausgebildet worden seien.

In Bern festgenommen

Die Frau hatte im Mai 2017 in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt, welches das Staatssekretariat für Migration SEM drei Monate später jedoch ablehnte. Weil das SEM Malta als für das Asylverfahren zuständig erachtete, hätte die Frau im Rahmen des Dublin-Verfahrens dorthin zurückgeschickt werden sollen.

Die Asylsuchende entzog sich zwischenzeitlich ihrer Rückführung, wurde in Bern jedoch festgenommen und am 11. Juni 2018 aus dem Regionalgefängnis Bern nach Basel gebracht.

Der Gemütszustand der 29-Jährigen war laut Anklageschrift „nicht einfach“. Die abgewiesene Asylbewerberin verhielt sich in der mit Kamera ausgerüsteten Zelle für „Personen mit besonderem Überwachungsbedarf“ unruhig. Sie ging rastlos umher, zerriss die Bettdecke, schrie, klingelte mehrmals, schlug gegen die Wand und griff sich „in würgeartiger Manier“ an den Hals.

Schließlich zog die Frau ihr Traineroberteil aus und befestigte es am Zellenfenster und um den Hals. Anschließend ließ sie sich in die Schlinge fallen – und verharrte knapp viereinhalb Minuten bewegungslos in dieser Position.

Rund sechs Minuten dauerte es, bis die Frau von einem Securitas-Mitarbeiter auf dem Monitor entdeckt wurde. Die drei nun angeklagten Aufseher eilten in die Zelle und durchschnitten das Oberteil. Die Frau soll dabei tief geseufzt und geatmet haben.

"Dringend angezeigte Rettungsmaßnahmen unterlassen"

Nachdem einer der Aufseher das Gesicht der Frau mit Wasser benetzt hatte, verließen die drei Männer die Zelle wieder. Die drei Mitarbeiter hätten dabei dringend angezeigte Rettungsmaßnahmen unterlassen, heißt es in der Anklageschrift. So hätten sie keine Vitalzeichen geprüft, keine medizinische Hilfe geholt und die Frau nicht in eine stabile Lage gebracht. Vielmehr hätten sie die hilflose Insassin untätig in der sichtlich für die Atmung schwer beeinträchtigenden Lage belassen.

Auch die vierte Angeklagte, die zur Hilfe geholte Kollegin der drei Aufseher, soll laut Staatsanwaltschaft zu wenig getan haben. Sie soll der Insassin, die auf dem Bauch mit dem Gesicht nach unten lag, lediglich die Hosen ausgezogen und die Zelle dann wieder verlassen haben.

Frau wurde alleine in der Zelle zurückgelassen

Zehn Minuten blieb die abgelehnte Asylbewerberin, die nur noch schwer atmen konnte, alleine in der Zelle. Die Gefängnis-Mitarbeiter schauten mehrmals kurz via Sichtöffnung in die Zelle, bevor sie die Rettung alarmierten und die Frau in die Rückenlage drehten. Fünf Minuten nach der Alarmierung startete einer der Aufseher mit ersten Reanimierungs-Maßnahmen.

Die Frau wurde danach ins Universitätsspital Basel gebracht, wo sie zwei Tage später an den Spätfolgen „der durch lange andauernden Sauerstoffmangel erlittenen Hirnschädigung“ verstarb.

Laut Staatsanwaltschaft dauerte es ab Beginn der Erhängung rund 19 Minuten, bis die Frau auf den Rücken gedreht und damit eine Verbesserung der Atmungssituation herbeigeführt wurde. Welche Strafe die Staatsanwaltschaft für die vier Gefängnis-Angestellten beantragt, ist offen. Der Prozess dauert voraussichtlich dreieinhalb Tage.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading