Basel Auf der Jagd nach einem Stempel

Nils Straßel

Tiere: Auffangstationsleiter Manfred Merstetter transportiert verletzten Graureiher in die Schweiz

Regio - Etwas über die Schweizer Grenze zu transportieren ist aktuell ein sehr kompliziertes Unterfangen – vor allem, wenn die Fracht ein lebendiger Graureiher ist. Dieser Aufgabe nahm sich der ehemalige Eimeldinger Bürgermeister Manfred Merstetter an. Der Leiter einer kleinen privaten Tierauffangstation hatte dabei vor allem mit der Bürokratie zu kämpfen.

„Seit meinem 14. Lebensjahr bin ich im Tier- und Naturschutz tätig“, erzählte Manfred Merstetter am Mittwoch im Gespräch mit unserer Zeitung. Er habe schon in Kindertagen großes Interesse an wilden Vögeln gehabt und nehme sich jetzt, da er in Pension ist, wieder die Zeit für Projekte, die ihm Spaß machen.

Eines dieser Projekte ist eine private Tierauffangstation, in der er sich um verletzte Wildvögel kümmert, die ihm von der Polizei oder von Tierheimen vermittelt werden. „Ich päppel sie wieder auf, füttere sie, bringe sie zum Tierarzt, und wenn sie wieder gesund sind, lasse ich sie von meinem Balkon aus frei. Das nennen wir zuhause den Flugtag. Ich finde es immer sehr beeindruckend“, schilderte Merstetter begeistert.

Er finanziert die Station selbst und tut es, um den Vögeln zu helfen: „Um gefundene und verletzte Haustiere kümmert sich das Tierheim. Die Nachsorge für Wildtiere übernimmt aber sonst niemand.“

Etwa 14 Vögel von Rotmilan bis Saatkrähe hat Merstetter im vergangenen Jahr bei sich aufgenommen. Anfang März übernahm er bereits einen weiblichen Graureiher, und am 19. März kam noch ein weiteres Männchen dazu. Inspiriert von der gleichnamigen Erzählung von Hermann Hesse, taufte er die beiden Narziß und Goldmund. Der im Wiesental gefundene Narziß hatte eine Verletzung am Flügel und sei nach einer Operation nun flugunfähig, so Merstetter. Der 64-Jährige machte sich daraufhin Gedanken, wo er sie hinbringen könnte, und der Basler Tierpark Lange Erlen erschien ihm optimal: „Die Tiere können dort auf einem sehr großen Gebiet natürlich leben und sich selbst ernähren. Falls es nötig ist, kann der Tierpark aber auch zum Beispiel im Winter nachfüttern um die Gesundheit der Tiere zu gewährleisten.“

Untersuchungen und Bescheinigungen

Nachdem der Plan feststand, zuerst Narziß in den Tierpark zu bringen, erwartete Merstetter ein riesiger bürokratischer Aufwand, bevor der Reiher am vergangenen Mittwoch über die Grenze gebracht werden durfte. Nach einer Untersuchung am Dienstag stellte ein deutscher Tierarzt ein Zertifikat für den Grenzübertritt in die Schweiz aus. Zusätzlich sei es notwendig gewesen, eine Woche zuvor eine Genehmigung vom Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen zu beantragen, die laut Merstetter zu diesem Zeitpunkt bereits angekommen war.

Aufgrund der aktuellen Grenzschließungen gab es allerdings noch das zusätzliche Problem, wie Merstetter über die Grenze kommen sollte. „Ich dachte noch, der Reiher darf rein und ich nicht“, scherzte der ehemalige Bürgermeister. Aus diesem Grund gab Bruno Ries, der Leiter des Tierparks Lange Erlen, die Begleitung des Reiher-Transports bei der Schweizer Sicherheitsfirma Securitas in Auftrag. Merstetter arbeitet bei Securitas im Nebenamt. Somit konnte er den Einsatz selbst durchführen und bekam einen Passierschein für den Grenzübertritt.

Nach einer langen Kontrolle aller Zertifikate am Autobahnzoll sowie einer Gebühr von 88 Schweizer Franken durften Merstetter und Narziß endlich die Grenze übertreten, wonach der Reiher nochmals vom Kantonalen Veterinäramt untersucht werden musste.

Nach der etwa zweistündigen Reise, in der Narziß zur Ruhigstellung in einem Tuch eingewickelt war, sei der Reiher gesund im Park angekommen und zufrieden im Unterholz verschwunden. Merstetter wurde einige Tage später von Tierparkleiter Ries informiert, dass es dem Reiher sehr gut gehe und zog folgendes Fazit: „Es war erstaunlich, wie hilfsbereit alle bei diesem Prozess waren. Keiner hat verhindert, alle haben gefördert. Das war auf jeden Fall ein ganz schönes Abenteuer.“

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