Berset verteidigte „die nur noch sehr wenigen Beschränkungen wie die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Geschäften und die Zertifikatspflicht an Großveranstaltungen oder in Clubs“. Es sei noch zu früh, Covid wie eine Grippe laufen zu lassen. Dies könne erst geschehen, wenn die Gefahr einer Überlastung der Krankenhäuser ausgeschlossen werden könne. „Und das ist im Moment leider noch nicht der Fall.“
Bei einer erneuten Verschärfung der Lage will der Bundesrat auf Schließungen verzichten. Berset konnte sich vorstellen, dass die Zertifikatspflicht angepasst würde. So könnten an den Orten, an denen ein Zertifikat obligatorisch ist, zusätzlich neu auch Personendaten für die Kontaktverfolgung erhoben werden.
Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder hält es für nötig, über Zugangsbeschränkungen mit dem Covid-Zertifikat zu reden, „besonders für Veranstaltungen, Restaurants und Fitnesscenter“, wie er im Interview mit dem „SonntagsBlick“ sagte. Nicht in Frage komme „eine Art indirekter Impfzwang beim Zugang zu staatlichen Grundleistungen“.
Impfpflicht ist kein Thema
Zur Erhöhung der Impfquote kommen für Berset Zwangsmaßnahmen wie etwa eine Impflicht für das Pflegepersonal analog zu Frankreich nicht in Frage. Stattdessen stehen laut dem Gesundheitsminister mehr gezielte Informationen und niederschwellige Angebote im Vordergrund.
Laut Berset könnten die Kantone zum Beispiel bei Warenhäusern oder Läden mobile Impfstationen einrichten. „Leute, die nur ein paar Brötchen kaufen wollen, lassen sich dann vielleicht auch impfen.“ In der Schweiz waren laut Angaben des Bundesamts für Gesundheit vom Freitag zuletzt 48,9 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Die Quote war im Vergleich zu umliegenden Ländern unterdurchschnittlich.
Für Impfung motivieren
Mäder sagte zur Frage, ob Firmen die Impfung vorschreiben sollten, dass es Arbeitsverhältnisse gebe, „bei denen man das sehr genau anschauen sollte und wohl auch bejahen kann“. Er nannte dabei Krankenhäuser und Heime. Beim Motivieren fürs Impfen hätten Firmenchefs großen Einfluss, sagte Mäder zudem. „Und sie nehmen diese Möglichkeit auch wahr.“
Mäder kritisierte, dass der Bund beim Überzeugen für die Impfung noch zu stark Rücksicht nehme auf Bedenken wegen der individuellen Freiheit und der Menschenrechte. In der Krise müsse klar sein, dass Impfen die einzig richtige Reaktion sei.
Engelberger machte jüngst deutlich, dass der August entscheidend sein werde, um die Impfquote zu steigern. „Sollte dies nicht gelingen, dann werde ich sehr beunruhigt sein“, sagte der Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektorenkonferenz.