Basel Der unterschätzte Orientforscher

Die Oberbadische

Geschichte: Führung auf den Spuren Johann Ludwig Burckhardts / Basler Kaufmannssohn als Reisender

Es muss nicht immer der große Museumssaal sein. Mitunter reicht auch ein kleines Kämmerchen mit nur wenigen Utensilien wie Büste, Urkunde, Landkarten und Manuskripten, die Spannendes und historisch Interessantes sowie Bedeutsames parat halten.

Von Gerd Lustig

Basel. So gesehen ist die kleine Freimaurerloge direkt neben dem Herrensalon im „Haus zum Kirschgarten“ in Basel eine Rarität zum Leben und Wirken von Johann Ludwig Burckhardt (1784 bis 1817). Er entstammte einer wohlhabenden und angesehenen Basler Kaufmannsfamilie und erwarb sich unter dem Namen „Scheich Ibrahim ibn Abdallah“ große Verdienste als Forschungsreisender und Oriententdecker der ersten Stunde.

Verdienste indes, die nach Meinung von Thomas Hofmeier, Leiter der Abteilung Bildung und Vermittlung beim Historischen Museum Basel, bisher nicht so richtig geschätzt und gewürdigt würden. Daher bot er jetzt eine Führung zum Thema „Scheich Ibrahim“ im „Haus zum Kirschgarten“ an, um die seiner Meinung nach großen Verdienste für die Wissenschaft dieses Johann Ludwig Burckhardt ins rechte Licht zu rücken. „Dieser Mann ist mein Freund, der wohnt seit einem Jahr bei mir“, scherzte Hofmeier zu Beginn der aufschlussreichen Führung. Immerhin hatte er rund 3000 Seiten an Schriften gewälzt, die Vieles über jenen Basler preisgeben. Und so zeichnete er ein Bild eines geradezu besessenen Arbeitswütigen, Geschichts- und Wissenschaftsinteressierten sowie pflichtbewussten Mannes, der es eigentlich von Haus aus einfacher und komfortabler hätte haben können, dann aber doch den beschwerlichen Weg wählte.

Forscherdrang, Abenteuerlust und Wissbegier, dazu Unerschrockenheit, Schlagfertigkeit und Sprachbegabung: All das kam bei Scheich Ibrahim alias Johann Ludwig Burckhardt zusammen. „Der hat damals schon groß gedacht, präsentierte sich aufgeklärt und hat mit Akribie seine interdisziplinären Studien betrieben“, lobte Hofmeier. Er nannte ihn eine hoch spannende historische Figur, die im Stile zwischen Mark Twain und Karl May berichtete und immer wieder Briefe an seine Mutter schrieb. Das alles war gepaart mit einem langjährigen Leben unter falschem Namen à la James Bond, um als „Scheich Ibrahim“ den Orient, den Nahen Osten, Ägypten und weitere Länder Afrikas zu erkunden und zu erforschen.

Sein eigentlicher Auftrag blieb unerfüllt

Dass er letztlich seinen eigentlichen Auftrag einer britischen Forschungsgesellschaft, nämlich den Weg von Kairo und dem Nil aus in Richtung des Flusses Niger und der Stadt Timbuktu zu erforschen, nicht erfüllen konnte, weil er in Kairo an einer Durchfallkrankheit starb, mindert seine Leistungen nicht im Geringsten. „Seine Fähigkeiten, sich in fremde Kulturen einzuleben und dennoch objektiv über sie zu schreiben, machen ihn zu einem einzigartigen Zeitzeugen arabischer Kultur“, würdigte Hofmeier.

Dass der als Scheich Ibrahim getarnte Burckhardt hin und wieder aufflog – „Weil er Arabisch wie ein Zürcher Deutsch sprach“, lautet dazu ein Zitat der Mutter –, dadurch Abenteuerliches erlebte, mehrfach ausgeraubt und eingekerkert wurde, hat ihn nie von seinem Weg des Forschens abgebracht. „Einmal musste er, nur noch die Unterhose am Leib, einen Wüstenmarsch schaffen“, berichtete Hofmeier.

Doch dadurch, dass er sich und seinen Körper in England abgehärtet hatte – durch 18-stündige Spaziergänge bei 37 Grad Hitze ohne Essen und Trinken – konnte er diese Strapazen überstehen. Und letztlich zurück blieb von diesem faszinierenden Mann eine Fülle an wissenschaftlich Brauchbarem in den Bereichen Kartografie, Geologie, Botanik, Kultur, Orientalistik und Archäologie. „Eine Spitzenleistung“, lautet das Hofmeier’sche Fazit.

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