Heimische Beamte müssen nach Stuttgart und Bayern
Im Sechs-Wochen-Rhythmus fahren 13 Beamte zum Flughafen. „Wenn es zu oft vorkommt, dann leidet natürlich das Familienleben unter der Abwesenheit. Diese Personal-Verschieberei macht die Kollegen mürbe und aggressiv“, weiß unser Informant. Er sieht aber den Schuldigen nicht bei den hiesigen Verantwortlichen. „Es handelt sich um ein auf Bundesebene hausgemachtes Problem.“ Von einer Besonderheit des Weiler Bundespolizeireviers könne nicht gesprochen werden, verweist er auf politische Entscheidungen und Spardruck. Erschwerend kämen aber Abwesenheiten durch Krankheit oder Lehrgänge hinzu, welche die Personalsituation weiter belasten würden. Zudem müssten drei Beamte nach Rosenheim, darunter ein Beamter vom Ermittlungsdienst, der dann im heimischen Kreis für wichtige Aufgaben fehle.
Von offizieller Seite heißt es indes, dass die Abordnungen keine negativen Folgen für die hiesige Kontrollintensität hätten, außerdem hat das Weiler Revier inzwischen 14 neue Polizeivollzugsbeamte durch Versetzungen hinzubekommen, teilt Gerbert mit. Und: „Die Abordnungen an die deutsch-österreichische Grenze haben sich auf ein Minimum reduziert.“ Von einem Tropfen auf den heißen Stein und einem Nullsummenspiel spricht indes unser Informant.
Im Gegenzug zu den Abordnungen kommen 20 Bereitschaftspolizisten, welche die heimischen Beamten unterstützen, für jeweils eine Woche, die dann auf Kosten der Steuerzahler in Hotels vor Ort einquartiert werden – und das bereits seit zwei Jahren, als die Kontrollen wegen des zunehmenden Migrationsstroms aus Afrika über Italien und die Schweiz nach Deutschland intensiviert wurden.
Kollegen haben kein Verständnis
Der Unmut zahlreicher Bundespolizisten beschränkt sich aber nicht nur auf die Personalsituation, wie unser Informant erklärt. Auch die Tatsache, dass es angesichts des Zustroms keine stationären Kontrollen gibt, sorgt intern für Unmut. „Alle Kollegen verstehen nicht, dass die stationären Kontrollen nicht auch an der deutsch-schweizerischen Grenze eingerichtet werden. Die Lage ist nämlich nicht anders als im Südosten der Republik.“ Stattdessen finden fliegende Kontrollen statt.
„Die Migrationslage hat uns aber schon längst eingeholt“, ist der Bundespolizist überzeugt. Hinzu kommt die Kritik an der Schweiz, die Flüchtlinge auf ihrem Weg von Italien nach Deutschland einfach durchzuwinken. „Diesen Eindruck kann man bisweilen haben“, verweist er auf einen Fall, bei dem Migranten jüngst in einem Güterzug versteckt ins Bundesgebiet einreisten. Der Zug wurde dabei schon von der Schweizer Grenzwacht in Muttenz kontrolliert, allerdings ohne die Gruppe aufzuspüren. „Es kommt eben darauf an, wie man kontrolliert und was man dabei sehen will.“ Grundsätzlich funktioniere aber die Zusammenarbeit in der gemeinsamen operativen Dienstgruppe gut.
Bisweilen nicht mehr handlungsfähig
Was indes nicht reibungslos funktioniere, ist die erkennungsdienstliche Behandlung größerer Gruppen von Asylbewerbern, die zu 90 Prozent an die Karlsruher Erstaufnahmestelle weitergeleitet werden, wo dann das Asylbegehren bearbeitet und über den weiteren Aufenthalt entschieden wird.
„Wird die Bearbeitungsstraße in Efringen-Kirchen eröffnet, dann funktioniert gar nichts mehr“, verweist er auf den Personalmangel in den Dienststellen. „Dann sind diese einfach nicht mehr handlungsfähig.“ Wie Gerbert mitteilt, wird die Bearbeitungsstraße, für deren reibungslosen Betrieb acht bis zehn Beamte benötigt werden, ab einer festgestellten Größe von 15 Personen eröffnet. „Das war in diesem Jahr erst einmal der Fall, größere Gruppen stellen eine absolute Ausnahme dar.“ Dennoch: In diesen Ausnahmefällen ist für den Zeitraum der polizeilichen Bearbeitung weniger bundespolizeiliche Präsenz auf der Straße oder Schiene zu verzeichnen, wie der Sprecher auf Nachfrage bestätigt.
Mehrheitlich würden Einzelreisende oder Gruppen bis vier Personen festgestellt, die dann im jeweiligen Bundespolizeirevier Lörrach oder Freiburg den polizeilichen Maßnahmen zugeführt werden, wie es im Beamtendeutsch heißt.
Staatsanwaltschaft hat alle Hände voll zu tun
In allen Fällen wird Anzeige wegen unerlaubter Einreise erstattet, die dann bei der Lörracher Staatsanwaltschaft landet. Dort sind im vergangenen Jahr rund 4000 Vorgänge wegen unerlaubter Einreise anhängig geworden, was rund ein Viertel der insgesamt neu eingegangenen Strafverfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte ausmachte, wie Oberstaatsanwalt Rainer Hornung berichtet.
Die Zahlen für 2018 seien leicht rückläufig: In den ersten vier Monaten bis Ende April seien rund 1000 neue Vorgänge wegen unerlaubter Einreise eingegangen. „Dass mit diesen immer noch hohen Zahlen eine erhebliche Arbeitsbelastung verbunden ist, dürfte sich von selbst verstehen“, teilt der Jurist mit.
Bei Wiederholung erfolgt eine Geldstrafe
Wie Hornung erklärt, handelt es sich um einen reinen Formalverstoß, wenn die oftmals ohne Aufenthaltstitel eingereisten Migranten unmittelbar nach Grenzübertritt einen Asylantrag stellen. Dann wird das Verfahren, wie bei vielen anderen Staatsanwaltschaften auch, wegen Geringfügigkeit eingestellt. Sobald es sich aber um einen wiederholten Verstoß und damit häufig um einen Verstoß gegen ein Einreiseverbot handelt, zeigt sich ein anderes Bild. „Dann wird Klage in der Form der Beantragung eines Strafbefehls mit Geldstrafe erhoben“, erklärt Hornung. Unbelehrbaren Mehrfachtätern blüht im ungünstigsten Fall eine Freiheitsstrafe, und auch bei der Vorlage eines gefälschten Passes oder eines auf eine andere Person lautenden echten Ausweises wird ein Strafbefehl beantragt. Was auch feststeht: Schleuser werden systematisch verfolgt. Erst am vergangenen Sonntag ist ein Schleuserduo im Weiler Ortsteil Otterbach aufgeflogen, als dieses zwei Asylsuchende von der Schweiz ins Bundesgebiet brachte.