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Basel Einkaufstourismus gewinnt wieder an Fahrt

Michael Werndorff
Mit ein Grund für die wieder erwachte Einkaufslust im Ausland: Der Euro hat in diesem Jahr gegenüber dem Franken bereits über drei Prozent eingebüßt. Foto: pixabay

Die Schweizer kaufen wieder mehr im Ausland ein. Das Vor-Corona-Niveau ist noch nicht erreicht.

Belebte Einkaufsstraßen, gut besuchte Geschäfte und eine florierende Gastronomie: Die Schweizer Kunden sind nach den Corona-Einschränkungen wieder zurück in südbadischen Grenzstädten. „Wir sind absolut zufrieden.“ Mit diesen Worten kommentiert Alev Kahraman, Managerin des Rheincenters Weil am Rhein, die Entwicklung des Einkaufstourismus.

Der Begriff gefällt ihr indes nicht, schließlich seien die Schweizer schon lange ihre Stammkunden. Um präzise zu sein: 70 Prozent der Rheincenter-Kunden kommen aus der Schweiz, 20 Prozent aus Frankreich und lediglich zehn Prozent aus Deutschland. Das Vor-Corona-Niveau sei größtenteils wieder erreicht. „Manche Bereiche generieren sogar mehr Umsatz als vor der Pandemie“, freut sich Kahraman im Gespräch mit unserer Zeitung.

Parität ist Impulsgeber

Die im vergangenen Herbst erreichte Währungsparität wirkte als entscheidender Impulsgeber für die verstärkte Rückkehr des Schweizer Einkaufstourismus, der sich jedoch noch immer im zweistelligen Prozentbereich unter dem Niveau vor der Pandemie befinde, wie im Mai vom Handelsverband Südbaden zu erfahren war. Mit ein Grund für die wieder erwachte Einkaufslust im Ausland: Der Euro hat in diesem Jahr gegenüber dem Franken bereits über drei Prozent eingebüßt.

Dass der Einkaufstourismus wieder Fahrt aufnimmt, registriert auch die Swiss Retail Federation: Neuste Auswertungen zu den Debit- und Kredittransaktionen zeigen, dass die Schweizer im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahr wieder deutlich mehr im Ausland eingekauft haben. Insgesamt nahmen die Zahlungen in den Nachbarländern um 10,2 Prozent zu.

Die höchsten Wachstumsbeiträge liefern Grenzkantone wie Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Genf, Jura, Neuenburg, St. Gallen und Tessin, heißt es in einer Pressemitteilung. Durch den Einkaufstourismus in die Nachbarländer der Schweiz fließen jährlich rund 8,5 Milliarden Schweizer Franken ins Ausland ab. Die Auswirkungen des Einkaufstourismus auf den Handel in den Grenzregionen seien immens, verdeutlicht der Einzelhandelsverband, der rund 1600 Unternehmen an 6000 Standorten in der Schweiz vertritt.

Der Verband moniert, dass der Gesetzgeber den Einkaufstourismus mit falschen Anreizen zusätzlich begünstige. „Zwar haben die eidgenössischen Räte schon mehreren Standesinitiativen Folge gegeben, aber umgesetzt sind sie noch immer nicht. Nach wie vor wird der In- und Auslandkonsum steuerlich unterschiedlich behandelt“, heißt es weiter.

Die Kundschaft, die aus dem Ausland Waren innerhalb der Wertfreigrenze von 300 Franken einführt, könne sich die ausländische Mehrwertsteuer zurückerstatten lassen und müsse keine schweizerische Mehrwertsteuer bezahlen.

Wertfreigrenze senken

Die Swiss Retail Federation fordert deshalb, den doppelten Steuervorteil für Auslandseinkäufe so anzupassen, dass die Schweizer Kundschaft nicht schlechter gestellt wird. Eine pragmatische Umsetzung bestünde in der Senkung der Wertfreigrenze auf 50 Franken, was der Bagatellgrenze in Deutschland entspricht, ab welcher Schweizer Einkaufstouristen die deutsche Mehrwertsteuer zurückfordern können. Die Wertfreigrenze sei jedenfalls ein maßgeblicher Treiber des Einkaufstourismus. Eine Studie der Universität St. Gallen hat gezeigt, dass mit ihrer Senkung auf 50 Franken die Kundschaft rund 33 Prozent weniger Einkäufe im Ausland tätigen würde.

Der Gewerbeverband Basel-Stadt unterstützt die Forderungen. „Es ist wichtig, dass die Wertschöpfung nicht abfließt, sondern in der Nordwestschweiz bleibt. Der Grund ist nicht zuletzt, dass die hiesigen Unternehmen den Jugendlichen Lehrstellen anbieten“, erklärt Reto Baumgartner, Direktor des Gewerbeverbands Basel-Stadt, auf Anfrage unserer Zeitung.

„Damit stützen sie das erfolgreiche duale Berufsbildungsmodell und leisten einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Arbeitskräftemangel in der Schweiz.“ Dass dies mit Kosten verbunden sei, verstehe sich von selbst. Allein schon vor diesem Hintergrund unterstütze der Basler Gewerbeverband die Forderung der Swiss Retail Federation. Der Gewerbeverband hat in der Vergangenheit immer wieder auf dieses Problem hingewiesen. „Insbesondere, als die Schweizerische Nationalbank aufhörte, den Franken zu stützen, und es deswegen zum sogenannten Frankenschock kam“, so Baumgartner.

Damals habe der Gewerbeverband Basel-Stadt verschiedene Sensibilisierungskampagnen durchgeführt. Klar ist: Der Handel jenseits der Grenze tut bereits, was in seiner Macht steht. „Servicegedanke, konsequente Ausrichtung auf Kundenzufriedenheit, hohe Qualitätsstandards. Und der Hinweis, dass die Jugendlichen hier im Land eine Berufsausbildung machen können“, führt Baumgartner auf.

Noch Luft nach oben

Indes nur verhalten zufrieden zeigt sich Jennifer Ribler vom Handelsverband Südbaden im Gespräch mit unserer Zeitung. In den deutschen Einkaufsorten zwischen Lörrach und Konstanz sei das Vor-Corona-Niveau nicht erreicht. Die Stimmung sei branchenübergreifend eher durchwachsen, berichtet Ribler. „Aber wir haben die Hoffnung, dass die Zahlen wieder steigen. Wir wünschen uns sehr, dass die Schweizer Kunden wieder verstärkt den Weg über die Grenze in unsere Läden finden.“ Kurzum: „Es ist noch Luft nach oben.“

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