Basel „Es bietet sich großes Potenzial“

Adrian Steineck
 Foto: Archiv

Fabian Schär forscht an der Universität Basel zum Thema Blockchain und Kryptowährung.

Basel - Den Begriff „Blockchain“ kennen viele, aber was sich dahinter verbirgt, ist nicht jedem klar. Dabei hat die Blockchain-Technologie großes Potenzial für die Zukunft, ist Professor Fabian Schär überzeugt. Der Ökonom und Wirtschaftswissenschaftler ist Leiter des Zentrums für Innovative Finanzen an der Universität Basel und hat dort unlängst die erste Professur für Blockchain übernommen.

Auf welche Lebensbereiche sich diese Technologie auswirkt, darüber hat Adrian Steineck mit Fabian Schär gesprochen.

Frage: Herr Schär, Sie haben an der Universität Basel die erste Blockchain-Professur inne. Was muss man sich darunter vorstellen?

(Lacht) Zunächst einmal muss man da unterscheiden. Ich bin nicht der einzige Mensch weltweit, der zum Thema Blockchain forscht. Aber in Basel gibt es meines Wissens die erste Professur, die tatsächlich diesen Titel trägt.

Frage: Was bedeutet das Stichwort „Blockchain“?

Es handelt sich dabei um eine Datenbank, welche dezentral geführt werden kann. Normalerweise braucht es bei Datenbanken immer eine Person oder eine Institution, welche die exklusive Kontrolle hat – also quasi einen Monopolisten. Bei einer öffentlichen Blockchain können alle gemeinsam diese Datenbank führen und die Anpassungen eigenständig überprüfen. Dies lässt viele Anwendungen zu. Insbesondere für Finanzgeschäfte, etwa beim Aktienhandel, bietet sich großes Potenzial. Konkret forsche ich an der Schnittstelle zwischen Ökonomie und Informatik und untersuche, in welchen Bereichen sich die Blockchain einsetzen lässt. (Blockchain ist Englisch für Blockkette, Anmerkung der Redaktion).

Frage: Und wozu lässt sich diese Technologie einsetzen?

Die Breite der Anwendbarkeit von Blockchains wird häufig überschätzt. Zugleich wird aber der Einfluss auf jene Bereiche unterschätzt, in welchen sich die Technologie erfolgreich einsetzen lässt. Grundsätzlich sehe ich überall dort Potenzial, wo Informationen öffentlich beurkundet werden müssen. Eine der derzeit spannendsten Anwendung ist meiner Meinung nach aber Bitcoin selbst.

Frage: Sie erwähnen die Kryptowährung Bitcoin. Hier ist manchmal von einer regelrechten Revolution die Rede. Hat diese digitale Währung tatsächlich hohes Potenzial, oder werden Bitcoins eher ein Spekulationsobjekt bleiben?

Ich glaube nicht, dass Bitcoins sich als Währung durchsetzen wird. Dazu sind sie zu hohen Wertschwankungen unterworfen. Ich nenne gerne ein Beispiel, das ich auch kürzlich in der Radiosendung SWR1-Leute gebracht habe: Wenn ich meinen Geldbeutel dabei habe und nicht genau weiß, ob ich an diesem Tag einen oder drei Kaffees für einen bestimmten Betrag erhalte, dann ist dieser Wert als Rechen- und Transaktionseinheit eher ungeeignet. Bitcoin hat aber interessante Eigenschaften und könnte längerfristig zu einer alternativen Anlage werden, welche komplett außerhalb des Finanzsystems gehalten werden kann. Will man Bitcoin kaufen, sollte man sich aber – wie bei allen Anlagen – zuvor ernsthaft mit den Risiken auseinandersetzen und sich bewusst sein, dass man auch alles verlieren kann.

Frage: Im Internet herrscht ja eine Gratis-Mentalität vor. Mit Bitcoins können aber auch Kleinstbeträge überwiesen werden. Bedeutet dies über kurz oder lang ein Ende der Mentalität, dass Musik oder Filme gratis zu bekommen sind?

Wirklich gratis sind sie ja nie. Ich zahle als Nutzer mit meinen Daten und mit Aufmerksamkeit. Für mich wäre es durchaus eine Option, stattdessen mit Geld zu zahlen. Mittlerweile gibt es mit dem Bitcoin-Lightning-Netzwerk eine Skalierungsmöglichkeit für Bitcoins, mit deren Hilfe Bruchteile eines Cent überwiesen und unmittelbar verbucht werden können. Dies ist mit Kreditkarten nicht mal ansatzweise möglich.

Frage: Werden Bitcoin und Blockchain die Welt also nachhaltig verändern?

Das Potenzial ist jedenfalls da! Ich finde die Technologie dahinter faszinierend, denn zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit haben wir die Möglichkeit, eine globale Datenbank gemeinschaftlich zu führen, ohne dass eine übergeordnete Instanz wie eine Bank exklusive Buchführungsrechte hat. Das System wird dadurch robuster und unabhängig von einzelnen Unternehmen. Zudem vergessen wir in Mitteleuropa oft, dass Enteignungen und der Missbrauch von Machtpositionen in vielen Ländern ein Thema sind. Auch hier kann die Blockchain-Technologie entgegenwirken.

  • Zur Person: Fabian Schär ist Professor und Geschäftsführer an der Forschungsstelle „Zentrum für innovative Finanzen“ der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Anwendungen der Blockchain-Technologie.

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