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Basel Fehldiagnose mit fatalen Folgen

Michael Werndorff/sda
Eine Inhalationstherapie mit Quecksilberdämpfen Foto: Michael Werndorff

Wissenschaftler entdecken bislang unbekanntes Bakterium an Basler „Barfüßer-Mumie“.

Die vor 48 Jahren in der Basler Barfüßerkirche entdeckte Mumie ist laut einer neuen Studie sehr wahrscheinlich an einer seltenen und bisher unbekannten bakteriellen Infektion erkrankt. Der bisherige Verdacht auf Syphilis konnte nicht bestätigt werden.

Die Forschergruppen um den Anthropologen Gerhard Hotz aus dem Naturhistorischen Museum Basel und Mohamed Sarhan vom Institute for Mummies Studies in Bozen wollte eigentlich mittels molekulargenetischen Analysen die DNA des bakteriellen Erregers der Syphilis nachweisen, hieß es in einer Mitteilung des naturhistorischen Museums Basel.

Statt des bakteriellen Erregers von Syphilis fanden die Archäogenetiker in den Gewebeproben des Gehirns der Mumie jedoch eine hohe Konzentration einer bislang unbekannten, nichttuberkulösen Mykobakterienart. Dieses Bakterium gehört zu einer Gruppe, zu der auch die Erreger von Lepra und Tuberkulose gehören.

An Behandlung gestorben

Die Autoren vermuten, dass Anna Catharina Bischoff an dieser ungewöhnlichen bakteriellen Infektion erkrankt war. Die Krankheitssymptome wurden wahrscheinlich fälschlicherweise als Syphilis diagnostiziert. Entsprechend wurde der Frau eine Inhalationstherapie mit Quecksilberdämpfen empfohlen, eine Fehldiagnose mit fatalen Folgen. Diese Behandlungsweise wurde bis ins 19. Jahrhundert bei Syphilis angewandt. Meist starben die Patienten, die sich damit eine Heilung der Krankheit erhofften, an den Folgen einer Quecksilbervergiftung. Die Mumie wurde im Jahr 1975 in der Barfüßerkirche in Basel gefunden und als Anna Catharina Bischoff identifiziert, die 1787 im Alter von 68 Jahren gestorben war.

Bei der Überprüfung der historischen Aufzeichnungen der Kirche stellte sich heraus, dass die Mumie bereits im neunzehnten Jahrhundert entdeckt worden war; aus ethischen Gründen wurde sie dann an den Ort umgebettet, an dem sie 1975 erneut gefunden wurde.

Mehr als 40 Jahre wurde über die Herkunft der Mumie gerätselt, erst Anfang 2018 war klar, um wen es sich handelte. Es handelt sich um die besterhaltene Schweizer Gruftmumie, deren Herkunft dank der Arbeit von 40 Wissenschaftlern – darunter Freiwillige des Bürgerforums – aufgeklärt werden konnte. Gefunden wurde die Mumie in einem kleinen gelben Sarg im Familiengrab des Spitalmeisters Isaak Bischoff. Konkrete Aufzeichnungen zur Mumie fehlten aber, so war das Beerdigungsregister lückenhaft, wie Genealogin Diana Gysin vom Bürgerforschungsprojekt Spitalfriedhof damals im Rahmen einer Pressekonferenz erklärte.

Aufwendige Spurensuche

Das weitere Vorgehen der Forscher gleicht einer aufwendigen kriminalistischen Spurensuche, die sich unter anderem im Basler Staatsarchiv und in DNA-Laboren abspielte. Der Name der Mumie wurde letztlich im Grabsteinverzeichnis der Barfüßerkirche gefunden, das im Frühling 2016 auftauchte.

Weitere Aktenfunde ließen erste Vermutungen zu, die das Genealogenteam um Gysin weiter verfolgte. „Wir konnten dann zwei unabhängige Familienzweige rekonstruieren“, berichtete Gysin. Die Genealogen hatten Glück, weil man sich in der Basler Oberschicht bewegte – von dieser gibt es nämlich umfangreiche Datenbestände, wie im Rahmen des Pressegesprächs zu erfahren war.

Das Forscherteam fand auch heraus, dass verwandtschaftliche Beziehungen zum ehemaligen britischen Premierminister Boris Johnson bestehen: Eine Tochter von Anna Catharina Bischoff heiratete Christian Hubert Baron Pfeffel von Kriegelstein, auf den Johnsons Stammbaum zurückführt, wie Gysin erklärte.

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