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Basel Fünf G sorgen für den ultimativen Kick

Michael Werndorff
Die Schrauben sitzen: „Die Sicherheit hat oberste Priorität“, erklärt Roland Barth, der erstmals an der Herbstmesse teilnimmt. Foto: Michael Werndorff

Die letzten Vorbereitungen laufen: Die Vorfreude auf die Basler Herbstmesse ist groß, auch bei den Schaustellern.

Im Schritttempo rangiert der tonnenschwere Lkw auf dem Basler Messeplatz: Geladen ist „Pegasus“, ein noch in seine Einzelteile zerlegtes Fahrgeschäft, das, erst einmal aufgebaut, garantiert für Nervenkitzel sorgen wird. „Es ist jedes Mal etwas ganz Besonderes, hier in Basel anzukommen. Da geht mir das Herz auf“, sagt Schaustellerin Brigitte Jolliet, während sie darauf achtet, dass die geparkten Wohnwagen nicht touchiert werden. Es sei eine wunderschöne Stadt, und mit ihren verschiedenen Plätzen versprühe die Basler Herbstmesse einen ganz besonderen Charme. „Und: Hier ist ganz viel Herzblut mit dabei“, schwärmt sie.

Ruhe vor dem Sturm

Der Lkw steht nun am richtigen Fleck, Zeit für eine Kaffeepause und ein Gespräch mit unserer Zeitung – es ist die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm, bevor am Samstag das Messglöcklein ertönt und die Basler Herbstmesse einläutet. Der Traditionsanlass bietet insgesamt 464 Fahrgeschäfte, Marktstände, Spielgeschäfte und Verpflegungsangebote.

Auf eine lange Tradition kann auch die aus Luzern stammende Brigitte Jolliet blicken: Sie wurde praktisch auf der Reise geboren. Schon ihr Vater Joseph Zanolla war in zweiter Generation in diesem Gewerbe tätig. Seine Eltern übten diesen Beruf seit 1923 selbstständig aus. „Wir feiern dieses Jahr unser 100-jähriges Bestehen.“

Schausteller aus Leidenschaft (v.l.): Brigitte Jolliet, Michael Modoux und Geraldine Jolliet. Foto: Michael Werndorff/Michael Werndorff

100-jährige Geschichte

Vor 40 Jahren haben sich Brigitte und ihr Ehemann Jean-Marc Jolliet auf einem Chilbi-Platz kennengelernt. Nach mehr als zehn Jahren zusammen im Schaustellerbetrieb von Brigittes Eltern gingen beide mit ihrer Tochter Géraldine und ihrem ersten, eigenen Karussell auf Tournee.

Seit 2011 ist auch ihre Tochter aktiv auf Reisen und unterstützt ihre Eltern im Familienbetrieb. Vor neun Jahren trat dann Michael Modoux ins Leben von Géraldine und geht ebenfalls mit der Familie auf Reisen. „Man muss für das Schaustellerleben gemacht sein, das steckt in dir drin“, verrät Brigitte Jolliet, die von wirtschaftlichen Herausforderungen, sehr viel harter Arbeit, aber auch viel Abwechslung berichtet: „Mir wirds nie langweilig, und ich lerne immer viele Menschen kennen. Ich bin hier am richtigen Ort.“ Ob sie das Schaustellerdasein einmal hinter sich lassen wollte? „Mit 18 Jahren wollte ich tatsächlich aussteigen und einen anderen Weg einschlagen, aber diese Phase war nur von kurzer Dauer, lacht die Luzernerin. Beim Thema Corona verfinstert sich ihre Miene: „Das war eine ganz schlimme Zeit für uns und die gesamte Branche. Wir waren machtlos.“

Schausteller in der achten Generation: Maikel Bauer Foto: Michael Werndorff/Michael Werndorff

Großer Andrang

Anders bei Maikel Bauer – er hat die Pandemie in positiver Erinnerung: Die Messe 2021 sei für ihn bislang eine der besten gewesen. „Der Besucherandrang war sehr groß“, gibt der gebürtige Basler Auskunft, der schon in der achten Generation Schausteller und auf der Chilbi aufgewachsen ist.

Mit seinem Fahrgeschäft „Der Burner“ macht er auf der Rosentalanlage Station. Das Fahrgeschäft ist eine der großen Attraktionen der diesjährigen Messe und nichts für schwache Nerven: Die Flughöhe und der Fall aus rund 29 Metern sowie die Beschleunigung auf das bis zu Fünffache des Körpergewichts sorgen für den ultimativen Kick. „Unser Fahrgeschäft ist einzigartig.“ Das Besondere: Dank der Wirbelsturmbremsen und der Gewichtsverteilung je nach Personenanzahl ist jede Fahrt anders, weiß Bauer. Immer höher, schneller, weiter? Bauer verneint: „Nicht zu hoch und nicht zu schnell, es braucht eine gute Mischung, damit die Leute Spaß haben und die Fahrt nicht unangenehm wird.“

Maximum erreicht

Das bestätigt Roland Barth: Die Technik hat das Maximum, das der menschliche Körper aushält, schon vor 25 Jahren erreicht: „Mehr geht einfach nicht!“

Barth freut sich riesig, mit seiner transportablen Achterbahn in Basel zu sein. Für ihn ist es eine Premiere. „Wir haben uns schon achtmal beworben und jetzt endlich den Zuschlag erhalten“, erzählt er, während er den Drehmomentschlüssel ansetzt, die Radschrauben anzieht und alles genau überprüft. Zwar sei die Bahn TÜV-geprüft, letztlich stehe aber er in der Verantwortung. „Sicherheit ist das oberste Gebot“, betont der 30-Jährige, dessen Großvater einst den berühmten Olympia Looping, die größte transportable Achterbahn der Welt, aufs Münchner Oktoberfest gebracht hatte.

Für Barth sei schon von klein auf klar gewesen, Schausteller zu werden. Die Schule beendete er vorzeitig, mit 21 Jahren machte er sich selbstständig. Gab es seither viele schlaflose Nächte? „Ja, jede Menge“, schmunzelt der Unternehmer. „Die Ausgaben sind sehr hoch, zudem ist der Verdienstzeitraum mit rund 100 Tagen recht kurz. Vorauszahlungen, Löhne, Sozialabgaben, Versicherungen, und dann will das Finanzamt auch noch seinen Teil.“ Dennoch sei es sein Traumberuf. „Ich würde mich niemals beklagen.“

Und auch Brigitte Jolliet klagt nicht, obwohl es beim Aufbau auf dem Messeplatz ein wenig harzt. „Heute läuft nichts mehr, aber morgen bauen wir auf.“ Spätestens am Samstag wird Pegasus abheben und mutigen Messebesuchern den ultimativen Nervenkitzel bescheren.

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