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Basel Für eine nachhaltige Stromerzeugung

(sda/wer)
Geophysiker, Geologen und Ingenieure untersuchten während sieben Jahren, wie sich künftig der Stromverbrauch decken lässt, wenn die Schweiz aus der Kernenergie aussteigt und die Ziele des Pariser Klimaabkommens erfüllt. Foto: Michael Werndorff

Umwelt: Wie die Energiewende in der Schweiz gelingen kann.

Basel/Zürich - Will die Schweiz aus der Kernenergie aussteigen und ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 auf eine Netto-Null senken, braucht es einen tiefgreifenden Wandel in der Energiebereitstellung. Technologisch lassen sich die Ziele erreichen. Doch die Erneuerbaren schaffen es nicht allein.

So lautet ein Fazit des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Energieforschung im Bereich Strombereitstellung (SCCER-SoE). Geophysiker, Geologen und Ingenieure untersuchten während sieben Jahren, wie sich künftig der Stromverbrauch decken lässt, wenn die Schweiz aus der Kernenergie aussteigt und die Ziele des Pariser Klimaabkommens erfüllt. Die Resultate präsentierten die Wissenschaftler gestern an einem Medienanlass.

Damit die Schweiz ihren Teil zur Erreichung des Klimaziels – die Erderwärmung auf möglichst unter 1,5 Grad zu begrenzen – beitragen kann, ist es demnach notwendig, Fotovoltaik, Elektroautos sowie Wasserstofffahrzeuge für den Frachtverkehr, Wärmepumpen und Energiesparmaßnahmen in viel größerem Umfang und schneller voranzutreiben als heute. Basel will hier als Beispiel vorangehen und Umwelthauptstadt Europas werden, wie der Kanton Anfang August bekanntgab. Für die Bewerbung hat der Basler Regierungsrat insgesamt 300 000 Franken gesprochen.

Regierungspräsident Beat Jans rechnet mit fünf Millionen Franken für zusätzliche Nachhaltigkeits- und Klimaschutzmaßnahmen im Rahmen des Wettbewerbs. Der Stadtkanton unternimmt schon seit vielen Jahren große Anstrengungen für den Klimaschutz. So wird der im Kanton verbrauchte Strom seit 2009 vollständig erneuerbar produziert.

Stromnachfrage wird bis 2030 steigen

Im Zuge der Elektrifizierung insbesondere des Verkehrs und des Heizens wird die Stromnachfrage in der Schweiz bis zum Jahr 2050 um 30 bis 50 Prozent steigen, von 60 auf bis zu 90 Terawattstunden pro Jahr. Vor allem ein massiver Ausbau der Fotovoltaik mit dem größten Potential in der Schweiz, aber auch mehr Windkraftanlagen könnten hier einen Teil der Lücke schließen – allerdings gebe es dabei Hürden hinsichtlich der sozialen Akzeptanz. Und: „Dies wird nicht reichen, um gerade im Winter den erhöhten Strombedarf zu decken“, sagte der Ingenieur Gianfranco Guidati von der ETH Zürich und Manager des SCCER-SoE. Auch, weil ein signifikanter Ausbau der Wasserkraft unrealistisch ist.

Zusätzlich thermische Kraftwerke

So brauche es zusätzlich thermische Kraftwerke, die etwa Biomasse oder Erdgas verbrennen sowie Speicherkapazitäten, etwa durch eine Erhöhung von Talsperren – wobei es hier laut dem ETH-Forscher eine sorgfältige Abwägung mit dem Naturschutz brauche. Und: „Ganz ohne Stromimporte wird es nicht funktionieren.“ Aber die Abhängigkeit vom Ausland werde sich „drastisch reduzieren“, insbesondere, weil der Import von Erdöl größtenteils wegfalle.

Geothermie als wichtige Säule

Umsonst wird der Umstieg auf eine Netto-Null nicht zu bekommen sein, die Schätzungen der Experten liegen bei jährlichen Mehrkosten von 0,5 bis ein Prozent des Bruttoinlandprodukts.

Nachhaltige Stromerzeugung habe ihren Preis, doch die Schweiz als reiches Land könne sich das leisten, sagte Peter Burgherr vom Paul Scherrer Institut (PSI) vor den Medien. Zudem gebe es positive Faktoren wie eine Verbesserung der Luftqualität, die nicht zu beziffern seien.

Obwohl Geothermie-Projekte hierzulande ein ums andere Mal gestoppt wurden, sehen die Forscher in der Erdwärme aus der Tiefe nach wie vor ein hohes Potential. Denn: „In den letzten Jahren fand ein Umdenken der Fachwelt in der Schweiz statt“, sagte Guidati. Während beispielsweise in Basel und St. Gallen auf die tiefe Geothermie für die Stromerzeugung gesetzt wurde, soll sie künftig in erster Linie direkt Wärme liefern, für Wärmenetze und Industrieprozesse. In diesem Fall müsse man anstatt fünf Kilometer nur noch zwei bis drei Kilometer in die Tiefe bohren, was das Risiko von Erdbeben reduziere. Die Frage, die der ETH-Professor Domenico Giardini, Leiter des SCCER-SoE, abschließend rhetorisch stellte: „Schaffen wir es noch bis 2050?“ Während der Projektdauer sei viel erreicht worden, doch man sehe nun auch die Herausforderungen und Probleme viel klarer, sagte er. Und: „Wir sind spät dran.“ Es brauche nun eine koordinierte Strategie. Die Schweiz gehöre aber zu den Ländern, die hinsichtlich einer nachhaltigen Energieversorgung vorangehen könne.

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