Basel Für mehr Sicherheit

Michael Werndorff
Auf der Anlage im eng besiedelten Matthäus-Quartier treffen verschiedene Gesellschaftsgruppen aufeinander. Entsprechend hoch ist das Konfliktpotenzial. Foto: Michel Werndorff

Gewalt, bewaffnete Konflikte, Drogenhandel: Die Basler Dreirosenanlage macht regelmäßig Negativschlagzeilen. Eine Videoüberwachung soll dazu beitragen, die Lage zu entschärfen.

Der Dieb hatte es auf ein Handy abgesehen, das eine Mutter zuvor in einer Tasche am Kinderwagen deponiert hatte. Zur Tat kam es aber nicht, weil Danilo gemeinsam mit seinen Freunden den jungen Mann stellte. Dieser wollte in einem unbeobachteten Moment zugreifen.

Der Ort: Die Basler Dreirosenanlage, die wegen Gewalt, bewaffneter Konflikte und Drogenhandel immer wieder Negativschlagzeilen macht. So wurde Ende Mai ein 35-jähriger Mann bei einer Auseinandersetzung von einem Unbekannten mit einer Stichwaffe verletzt. Einige Stunden zuvor hatte ein Mann ein zehnjährigen Mädchen mit einem Messer bedroht und dem Kind den Ball weggenommen. Im Juni ist es tagsüber zu einer Messerstecherei gekommen. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, hatte ein Mann eine Frau zuerst beraubt und sie dann mit einem Messer verletzt. Trauriger Höhepunkt bisher: die Tötung eines Obdachlosen Ende 2017 durch einen geistig verwirrten Mann.

Angespannte Atmosphäre

Bei unserem Besuch vor Ort sitzen arabisch sprechende Jugendliche auf einer Bank. Einer steht auf, pflaumt den Autor dieser Zeilen an und geht wild gestikulierend auf ihn zu. Die Botschaft ist eindeutig – die Anwesenheit des Reporters ist unerwünscht. Dass sich die Situation auf der zwischen einer Grund- und einer Sekundarschule, einer Freizeithalle und einem Jugendzentrum liegende Grünanlage zuspitzt, zeigt die Bilanz der 28-köpfigen „Begleitgruppe Dreirosenanlage“ . In diesem Papier melden sich Vertreter von 20 Institutionen zu Wort – darunter die Mobile Jugendarbeit Basel, das Jugendzentrum Dreirosen, umliegende Schulen, aber auch Stadtgärtnerei, Anwohner und Buvetten-Betreiber.

Gewalt und Drogen

Das Protokoll zeigt einen Zusammenhang zwischen dem Gewalt- und Drogenproblem und der zunehmenden Anzahl unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender (UMA) auf, die sich auf der Grünanlage aufhalten. Teil des Problems sei dabei die derzeitige Situation im Bundesasylzentrum Bässlergut. Dieses sei überfüllt, auch wegen der Anzahl unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender.

Von der angespannten Atmosphäre sichtlich unbeeindruckt zeigt sich Danilo im Gespräch mit unserer Zeitung. „Ja, Drogenhandel ist hier ein Thema. Vor allem direkt am Rheinufer. „Die Kriminalität spielt sich meistens am Abend ab.“ Der 22-Jährige ist begeisterter Basketballer. Die Dreirosenanlage sei der Ort in Basel für Straßenbasketball. Hier treffen sich die Sportbegeisterten. „Auf dem Spielfeld geht es um den Wettstreit unter Gleichgesinnten“, erzählt er begeistert. Jene Gewalt, die in die Statistik der Polizei eingeht, habe er bisher nicht beobachtet. Die gebe es aber, und die jetzt installierte Videoüberwachung sei eine nachvollziehbare Reaktion, meint Danilo im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die installierten Kameras sollen laut Polizei sowohl der Prävention als auch der Strafverfolgung dienen. Allerdings soll nur in Ausnahmefällen zur Videoüberwachung gegriffen werden, und zwar, wenn selbst eine deutliche Präsenz von Polizeistreifen nicht die gewünschte Wirkung erziele. „Was mich angeht: Ich kann auf mich selbst aufpassen und kümmere mich nicht weiter um die Kameras. Diese können bestimmt ein Sicherheitsgefühl vermitteln; ob die Überwachung aber die Kriminalität tatsächlich verhindert, kann ich nicht beurteilen“, so Danielo weiter.

Daumen hoch für die Videoüberwachung gibt Rolf Labhart. „Ich denke, dass sich die Leute dadurch sicherer fühlen“, erklärt der Senior. In diesem Quartier sind Grünflächen rar, dementsprechend stark sei die Nutzung der Dreirosenanlage. „Da bleiben Konflikte nicht aus.“ Und weiter: „Ich hoffe, dass die Maßnahme wirkt und die Kriminalitätsrate sinkt.“

Und was sagt der Regierungsrat zur Lage? Im Jahr 2022 hat die Kantonspolizei deutlich mehr Meldungen und Einträge bezüglich Lärm und Diebstahl, hingegen weniger Meldungen wegen Gewaltdelikten registriert, wie aus der Antwort einer parlamentarischen Anfrage hervorgeht. Ähnlich wie in den Vorjahren sei die Anzahl der Meldungen und Einträge bezüglich Betäubungsmitteln und Alkohol.

Präventiv handeln

Der Rückgang der Gewaltdelikte habe auch damit zu tun, dass der sogenannte Rangerdienst, der präventiv wirken sollte, im Jahr 2022 mehr intervenierte als in den Vorjahren. „Statistisch gesehen war die Dreirosenanlage letztes Jahr somit eher weniger gefährlich als in den beiden Vorjahren. Bei den Vergleichen ist allerdings zu bedenken, dass die Zahlen der einzelnen Delikte jeweils tief und entsprechend vorsichtig zu interpretieren sind“, erklärt der Regierungsrat. Derweil fußen die Aussagen der Begleitgruppensitzung nicht auf einer Statistik, sondern auf den subjektiven Wahrnehmungen der Teilnehmer, heißt es weiter.

Marc Moresi, Leiter des Freizeitzentrums auf der Dreirosenanlage, erklärte „Baseljetzt“ gegenüber, dass das Ausmaß der Gewalt und die Menge der problematischen Situationen zugenommen hätten. Dass gerade auf der Dreirosenanlage sehr problematische Zustände herrschen, erklärt sich Moresi unter anderem mit der Grenznähe und der Tatsache, dass es auf der Anlage viele Fluchtwege gebe. Auch habe sich eine gewisse Szene über die Jahre hier festgesetzt. „Es braucht langfristige gesellschaftspolitische Lösungen“, verweist Moresi auf die offenen Fragen im Bereich der Asylpolitik.

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