Basel Fundgrube für Tüftler und Bastler

Adrian Steineck
Tanja Gantner zeigt, was das Offcut-Lager alles hergibt. Hier gibt es etwa Geschenkpapier. Foto: Adrian Steineck

Nachhaltigkeit: Offcut-Markt widmet sich kreativer Materialverwertung / Vom Reststoff zum Werkstoff

Basel - Es riecht nach Holz. Von irgendwoher ist entspannte Musik zu hören. Durchbrochen wird der Klangteppich vom Geräusch eines Tennisballs, der hin und her geschlagen wird. Dem Auge bieten sich lange, hohe Regalreihen, in denen allerlei Bastler-Utensilien lagern. Willkommen im Materiallager des schweizweiten Netzwerks von Offcut.

Von außen wirkt der Holzbau im Basler Gewerbegebiet am Dreispitz etwas unscheinbar. Dieser Eindruck ändert sich allerdings, wenn Tanja Gantner um 11 Uhr das Tor öffnet und den Blick in das eingangs beschriebene Lager freigibt. „Bei uns findet man vom Druckerpapier über Schrauben bis hin zu bemalten Buntgläsern nahezu alles“, umreißt sie das Angebot von Offcut.

Dinge wiederverwenden

Beim Rundgang durch das rund 350 Quadratmeter umfassende Lager, das sich direkt neben einer Tennisanlage befindet, bietet jedes Regal Überraschungen. Gantner zieht eine Kiste mit Pinselstielen und –bürsten heraus: „Das haben wir von einer aufgelösten Pinselfabrik erhalten.“

An anderer Stelle finden sich mundgeblasene Buntgläser, die zuvor im Atelier eines Glasbläsers ihr Zuhause hatten. An der Wand lehnen die Plastikkörper von Schaufensterpuppen, kopflos und teilweise auch ihrer Gliedmaßen entledigt – ein wenig gemahnt diese Szenerie an einen Horrorfilm. „Entscheidend für uns bei der Auswahl der Materialien ist es, dass wir kreatives Potenzial darin sehen“, erklärt Gantner. „Man muss noch einmal etwas mit den Dingen machen können.“ Die Stücke im Materiallager stammen von Spendern, sowohl von Privatleuten als auch von Unternehmen.

Kunden sind selbst kreativ

Während des Gesprächs mit unserer Zeitung kommt wieder Nachschub an. „Ich habe zwei Säcke Verpackungsmaterial“, sagt der Lieferant. Susanne Roser sichtet das Eingegangene, darunter etwa Verschlüsse und Folien. „Da kann man gut etwas daraus basteln“, sagt die Mitarbeiterin aus dem Verkauf, nachdem sie sich durch die Säcke gewühlt hat. Das Konglomerat wird dann sortiert und in die einzelnen Sparten einsortiert, die da heißen: Textilerie, Gestalterie, Papeterie und Diverserie, wie Roser mit einem Augenzwinkern aufzählt. Zu den Kunden von Offcut zählen generell Bastler und Kreative, Studenten der nahegelegenen Hochschule für Gestaltung und Kunst in Münchenstein, aber auch Handwerkslehrer.

Mitunter kann es dabei auch zu skurrilen Situationen kommen. „Einmal ist etwa ein Mann zu uns gekommen, der Plastikmaterial gesucht hat“, erinnert sich Roser. „Als ich ihn fragte, was er denn damit vorhabe, sagte er, dass er ein Bassin für eine Hausgeburt bauen wolle.“ Generell sei man bei Offcut abhängig davon, was man kriege, schildert sie. Als Kunde tue man also gut daran, nicht mit einem vorgefertigten Bild im Kopf zu Offcut zu kommen. „Man sollte sich auch inspirieren lassen von dem, was da ist“, beschreibt sie die Vorgehensweise.

Pandemie sorgt für Boom

Die Corona-Pandemie hat auch der kreativen Materialverwertung einen Auftrieb gegeben, sagt Tanja Gantner. Zum einen hätten im Lockdown viele Menschen Zeit gehabt, aufzuräumen und zu entrümpeln. Zum anderen hätten viele Menschen das Basteln und Nähen als Hobby für sich entdeckt. „Das Nähzeug, Stoffe und Garne sind der absolute Renner“, weiß sie aus Erfahrung.

Das Basler Offcut-Team besteht aus sechs Teilzeit-Mitarbeitern, die selbst aus der Kreativszene kommen – Roser etwa hat ein Designstudio. Finanziell unterstützt wird das Netzwerk unter anderem vom Migros-Pionierfonds und der Christoph Merian-Stiftung. „Unser Ziel ist es, längerfristig selbsttragend zu werden“, legt Tanja Gantner dar.

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