Basel Gemeinsam Emotionen ausdrücken

Denis Bozbag

Tradition: 14 Basler Musikbegeisterte lernen in der Gruppe das Jodeln von den Bergen

Basel - Unter Einsatz von Kopf- und Bruststimme ertönt ein juchzendes, hellklingendes „Holadjo“ im Raum. 14 Personen erleben an einem kalten Dezemberabend in der Musikwerkstatt in Basel während des Adventsjodelns bei abrupt auf- und abfolgenden Intervallsprüngen einen emotionalen Moment, der verbindet.

"Naturjodel" vs. „Kehlkopfakrobatik“

Beim sogenannten „Naturjodel“ werde nicht wie oft bei der Schlagermusik als Showeinlage vor Publikum eine „Kehlkopfakrobatik“ betrieben. In den Jodelkursen für Städter würden keine Klischees gelebt, sondern ein sozialer Moment gefeiert.

Das natürliche, beziehungsweise traditionelle Jodeln beruht vor allem auf der Mehrstimmigkeit der Gruppe und habe die Erfahrung mit der eigenen Stimme zum Ziel, erklärt Gesangspädagoge und Jodler Thomas-Maria Reck im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Gerne begleite ich meine Schüler auf ihrem Weg, Körper und Stimme mehr Präsenz zu verleihen, sei es in Einzel- oder Gruppenkursen, sei es beim Jodel- oder klassischen Gesangsunterricht.“

Ursprung in der Kommunikation unter Hirten und Waldarbeitern

Die schnell gesungene Abfolge von Silben fand seinen Ursprung vermutlich in der Kommunikation unter Hirten und Waldarbeitern in den Bergen, weiß der Gesangslehrer und Komponist mit eigenem Atelier am Rhein. Durch den deutlich hörbaren, sehr prägnanten Ruf wusste man, wo sich der andere befindet – gerade bei schlechter Witterung und Sichtverhältnissen überlebenswichtig.

Der „Naturjodel“, den Reck in seinen Anfänger- und Fortgeschrittenenkursen in der Musikwerkstatt am Theodorskirchplatz nahe der Wettsteinbrücke lehrt, verzichtet auf Text. „Durch das Fehlen der Worte wirkt der Gesang zeitlos und ist nicht auf eine bestimmte Situation bezogen“, sagt Reck. „Man kann seinen Gefühlen freien Lauf lassen und sie in den Moment hinein transportieren.“

Großes Gesangstalents nicht nötig. Freude an Musik und am sozialen Miteinander dafür schon

Um in der Gemeinschaft frei jodeln zu können, bedarf es keines großen Gesangstalents. Vielmehr sollte man offen für eine neue körperliche Erfahrung sein, Freude an der Musik und am sozialen Miteinander mitbringen, meint der gebürtige St. Galler Rheintaler.

Die Gruppe an diesem Montagabend repräsentiert jedes Alter – Frauen wie Männer. Die Beweggründe, an dem Kurs teilzunehmen und in die Welt des Naturjodelns einzutauchen, sind unter den Jodelwilligen ebenso unterschiedlich.

Franziska Back aus Basel findet, dass der Gesang nun mal Schweizer Tradition sei. „Ich bin musikalisch sehr vielseitig unterwegs. Seit fünf Jahren praktiziere ich das Jodeln und bin zudem Mitglied in einem Gospelchor.“

Jodeln als Tradition und Entspannungstechnik

Kocho Fitovski sieht auch eine beruhigende Komponente: „Ich habe das Jodeln als Entspannungstechnik für mich entdeckt. Manchmal singe ich abends mit meiner kleinen Tochter auf dem Arm. Auch für sie ist das sehr entspannend, und sie schläft oft dabei ein.“

Egal, welche Motivation man mitbringt, eines ist laut Gruppe allen gemein: Der gemeinsame Moment, der durch die mal hell, mal leise oder beim „Overdrive“ kräftig vibrierenden Stimmen zu einem spirituellen Erleben wird.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading