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Basel Giftige Altlast treibt Ärzte um

Michael Werndorff
Bereits kleinste Mengen giftiger Altlasten können im Labor nachgewiesen werden. Foto:  

Die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz fordern vom Basler Umweltamt erneut eine eingehende systematische Altlasten-Untersuchung. Denn: Wo einst Chemieunternehmen ansässig waren, soll ein neues Wohn- und Arbeitsquartier entstehen.

Die krebserregende Altlast Benzidin wurde in Basel schon im Jahr 2015 nachgewiesen. Große Beachtung wurde dem Fund damals aber nicht geschenkt, kritisieren die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU). Sie fordern einmal mehr eingehende Untersuchungen, denn aus dem einstigen Industrieareal Klybeck soll ein neues Stadtquartier werden.

Das Basler Umweltamt aber sieht laut AefU keinen Handlungsbedarf für die Altlastenuntersuchung, verweisen die Umweltärzte auf eine Stellungnahme des Basler Umweltamts in der BZ Basel: „Die Suche nach Einzelsubstanzen im Nanogrammbereich ist in der Altlastenbearbeitung nicht zielführend und kein Instrument der Praxis.“ Die AefU monieren die Begründung, welche die Kompetenz der Behörde in Frage stelle. Es scheine, dass die Behörde im Klybeck den gesetzlichen Grenzwert für das hochtoxische Benzidin missachte. Obwohl hier dereinst tausende Menschen wohnen sollen. Die AefU verlangen vom Regierungsrat, in Basel-Stadt endlich den Vollzug der Altlastenverordnung sicherzustellen.

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) legte den Grenzwert für Benzidin schon im Jahr 2008 auf 1,5 Nanogramm pro Liter Grundwasser fest und bestätigte diesen 2021 für die Altlasten im Klybeck. Der extrem tiefe Grenzwert zeigt laut Umweltärzten: „Benzidin ist eine Hochrisikosubstanz. Denn Benzidin löst Blasenkrebs aus, der bei Chemiearbeitern als Berufskrankheit anerkannt ist.“

Ist der Grenzwert überschritten, müsse zwingend saniert werden, auch im Kanton Basel-Stadt. Um die Benzidin-Belastung des Grundwassers überhaupt zu erfassen, brauche es eine systematische Untersuchung. Diese habe das Basler Umweltamt im Klybeck bis heute nicht angeordnet. Im Gegenteil. Seine Aussage, die Suche nach Einzelsubstanzen im Nanogrammbereich sei in der Altlastenbearbeitung nicht zielführend, lege den Verdacht nahe, dass das Amt bei der Altlastenuntersuchung den Grenzwert für das hochgiftige Benzidin ignoriere. „Dies wäre gesetzeswidrig und könnte die künftigen Bewohner des neuen Stadtquartiers einem Gesundheitsrisiko aussetzen“, schreiben die Umweltärzte in ihrer Stellungnahme.

Im Klybeck-Quartier gebe es übrigens bereits reichlich Hinweise auf Benzidin-Kontaminationen des Grundwassers. Die Substanz tauchte 2021 in Proben von der Ackerstraße beim Kinderspielplatz Ackermätteli und 2019 sowie 2021 vom Unteren Rheinweg auf.

Auf dem Gebiet am Rhein, wo einst die Wiege der Basler Chemie stand, sollen zukünftig bis zu 8500 Menschen wohnen und bis zu 7500 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Weichen wurden bereits vor einigen Jahren gestellt, als die früheren Besitzer Novartis und BASF eine Planungsvereinbarung mit dem Kanton abschlossen. Im Jahr 2019 verkauften die beiden Unternehmen ihre Areale aber an die Immobilienentwickler Rhystadt AG und Swiss Life. Mittlerweile beleben Zwischennutzungen das Gelände, insgesamt geht es mit der Umnutzung aber nur schleppend voran – besagte Altlasten sorgen immer wieder für böse Überraschungen. So hätte einst der Bau K-90 mit seinem prägnanten Stahlskelett das Wahrzeichen des neuen Stadtteils werden sollen. Allerdings wurden in der ehemaligen Farbenfabrik Schadstoffe entdeckt, weshalb Swiss Life das Gebäude für Zwischennutzungen gesperrt hat.Wie es mit der Umnutzung weitergeht, hängt von weiteren Untersuchungen ab: Teil der Arbeiten für die Nutzungsplanung des Konzepts Klybeckplus sei die Abklärung, inwieweit die Gebäude, die als schutzwürdig beurteilt wurden, auch tatsächlich erhalten werden können. Aus diesem Grund würden bei allen Gebäuden vertiefte Untersuchungen zu einer möglichen Schadstoffbelastung unternommen.

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