Basel Komödie mit Tiefgang

Die Oberbadische
Werden beste Freunde, ziemlich: Egon Klauser und Nico Deleu als gegensätzliches Paar in der Bühnenversion des Kinohits, die das Kammertheater Riehen bis Silvester auf dem Spielplan hat. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Theater: „Ziemlich beste Freunde“: Gelungene Adaption des Kinoerfolgs im Kammertheater Riehen

Von Jürgen Scharf

Riehen. Der Film „Ziemlich beste Freunde“ war ein Riesenerfolg an den Kinokassen, und mittlerweile gibt es schon diverse Bühnenfassungen. Das Kammertheater Riehen entschied sich für eine neue Adaption von René Heinersdorff, aus dessen Feder schon eine ganze Anzahl erfolgreicher Stücke („Zärtliche Machos“) stammen. Das Stammensemble spielt en suite diese wunderbare Komödie über eine ungewöhnliche Freundschaft.

Das von Simon Rösch und Isolde Polzin geleitete Kammertheater hat sich das Stück ausgesucht, weil sich beide einig waren, dass diese Geschichte auf der Bühne mindestens genauso gut funktioniert wie auf der Leinwand.

Und auf Film verzichten muss der Theaterbesucher auch nicht, denn gleich zu Beginn hat Simon Röschs Inszenierung einen tollen Knüller. Man wähnt sich im Kinosaal: Auf der Leinwand läuft eine Filmsequenz mit einer waghalsigen Raserei im Sportwagen, der von der Polizei gestoppt wird. Im Wagen sitzen Philippe auf dem Beifahrersitz, der wegen seiner Behinderung nicht aussteigen kann, und sein Pfleger Driss als rasanter Fahrer.

Dann erst geht der Vorhang auf und wir sehen Philippe im Rollstuhl, drei Monate vor dieser Spritztour. Er, ein wohlhabender Unternehmer, ist seit einem Unfall beim Paragliding querschnittsgelähmt. Driss, ein vorbestrafter arbeitsloser Kleinkrimineller und Sozialhilfeempfänger, wird von Philippe auf Probe eingestellt. Eigentlich zwei grundverschiedene Menschentypen.

Nico Deleu, aus Belgien stammender Schauspieler, spielt den Driss mit seinem leichten, charmanten Akzent. Egon Klauser, bekannt von verschiedenen Produktionen und den Burgfestspielen Rötteln, mimt den gebildeten, kultivierten Kunstkenner, der ein teures abstraktes Bild mit roten Flecken auf Weiß kauft, das der Kunstbanause Driss nassforsch als „Nasenbluten“ bezeichnet.

Schöne Gegensätze

Das Stück lebt von den sozialen Unterschieden und den beiden Charakteren, dem reichen Rollstuhlfahrer und dem halbstarken Chaoten. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an, und so werden die beiden dicke Freunde, obwohl Driss gleich zu Beginn ein wertvolles Fabergé-Ei klaut und ständig Behindertenwitze klopft („Keine Arme, keine Kekse“).

Aus Situationen wie diesen, dass Driss seinem Arbeitgeber die Kompressionsstrümpfe nur ungern anzieht, dessen Zähne arg widerwillig putzt und beide irgendwann bekifft sind, ergeben sich die herrlichen adaptierten Filmdialoge in dieser höchst pointierten Komödie, die das ernste Thema humorvoll und berührend menschlich nahe bringt.

Kein leichter Part für Klauser, den ganzen Abend über im Rollstuhl zu sitzen, Hände und Beine bewegungslos zu halten und sich nur mit Kopfbewegung, Mimik und der geschliffenen Sprache eines Schöngeistes auszudrücken. Bewundernswert und überzeugend, wie er sich in die Rolle eines vom Hals abwärts gelähmten Menschen hineinfühlt und mit stoischer Miene Driss pariert, der alles umkrempelt.

Nico Deleu, Lederjacke, Joint, ist der sympathische Rabauke und Gegenpart, respektlos, mit großer Klappe. Sein Driss sagt, was er denkt – eine der besten Rollen für Deleu, der sehr körperlich agiert, aufgedreht und witzig, in seinem Slang die flapsigen Sprüche mit breitem Grinsen rüberbringt und am liebsten die junge, unnahbare lesbische Sekretärin Yvonne (Birgit Niethammer) anbaggert, bei der er aber auf Granit beißt.

Sympathischer Rabauke

In weiteren Nebenrollen sieht man Regisseur Simon Rösch als examinierten Pfleger und befreundeten Anwalt sowie Isolde Polzin als Polizistin und gute Seele des Hauses.

Der Vorsprung des Films vor dem Theater schmilzt spätestens dahin, wenn es zu einer weiteren Filmszene kommt: Die beiden Hauptdarsteller machen einen Gleitschirmflug (Kamera und Tandemflug: Sonja Schöpflin), schweben den Hang hinunter, an Hügeln und Wäldern vorbei, und man hört die entsprechenden aufgeregten Begleitkommentare.

Die beiden aufsehenerregenden Drehs, die actionreiche Autoszene und das Paragliding, ziehen die Zuschauer voll ins Stück und machen zusätzlich filmisch Effekt.  Weitere Aufführungen 22., 23., 29., 30. November, sowie bis 31. Dezember, 20 Uhr

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