Basel Kriminelle werden immer aggressiver

Kaspar Wolfensberger
Unbekannte haben am 17. März zwei Bankomaten und einen Münzzähler der BLKB in Münchenstein gesprengt. Foto: Polizei BL

Bankomaten geraten immer häufiger ins Visier von Kriminellen.

Ob Hofstetten-Flüh oder Münchenstein: In beiden Gemeinden wurde 2023 ein Bankomat gesprengt. Diese Form der Kriminalität hat in der Schweiz unlängst stark zugenommen. Und das Ende der Fahnenstange ist laut Experten noch nicht erreicht.

Es passiert meist mitten in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden: Verbrecher jagen Bankomaten in die Luft. Was in einigen europäischen Staaten bereits ein bekanntes und allzu präsentes Problem war, hat nun auch in der Schweiz besorgniserregende Ausmaße angenommen.

Fälle verdoppelt

Im vergangenen Jahr etwa kam es etwa zu rund 40 Sprengungen von Bankomaten in der gesamten Eidgenossenschaft. Das entspricht einer Verdopplung gegenüber 2021.

Und auch dieses Jahr sind die Kriminellen wieder vermehrt aktiv, wie die Fälle aus den Kantonen Solothurn und Baselland beweisen. Laut Experten werden die Methoden der Kriminellen immer aggressiver. Die Gauner machen sich nicht mehr nur mit Brechstangen oder Gas an den Automaten zu schaffen, sondern greifen gleich zu Sprengstoff. Kommt dieser zum Einsatz, übernimmt die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen. Die Kantonspolizisten haben das Nachsehen.

Standorte in Grenznähe

Für organisierte Banden sei das Binnenland Schweiz mit seinen schnell erreichbaren Grenzübergängen verlockend, erklärt Henning Gebert. Der Digitalfachmann arbeitet beim Technologieberater Capco in Zürich und kennt sich mit dieser Thematik gut aus. Besonders betroffen sind laut Gebert Standorte in Grenznähe.

Schaut man in den Grenzkanton Baselland, so trifft dies zu. Es kam dort im Dezember 2022 zu einem Anschlag in Füllinsdorf, im November zu einem in Aesch und im Oktober zu einem in Oberwil. Damit wiederholt sich hierzulande, was man bereits aus Deutschland kennt. Denn auch dort hätten viele Bankomat-Sprengungen in Grenznähe zu den Niederlanden stattgefunden, führt Gebert aus.

Dass die Verbrecher nicht mehr klassisch mit einem Tuch vor dem Gesicht eine Filiale ausrauben, sondern es auf die Automaten abgesehen haben, liegt laut Gebert an mehreren Gründen: Einerseits etwa an der Ausdünnung des Bank-Filialnetzwerkes, andererseits an den tiefen Bargeldbeständen in den noch verbliebenen Filialen. „Das Sprengen von Geldautomaten lohnt sich für die Verbrecher als letzte Form des Banküberfalls noch“, erklärt der Experte.

Doch welche Geldautomaten sind besonders betroffen? Neben dem genannten Faktor der Grenznähe spielt laut dem Experten auch eine Rolle, ob die Automaten verkehrstechnisch gut zugänglich sind, beziehungsweise dass man sich mit dem Auto nach der erfolgten Sprengung schnell wieder auf- und davonmachen kann.

Banken geben sich bedeckt

Was die Banken konkret tun, um sich vor den Angriffen zu schützen, möchten sie auf Anfrage nicht sagen. „Details geben wir aus sicherheitsrelevanten Gründen keine bekannt“, lautet die Standardantwort bei einer Reihe von Instituten.

Doch wie aus Branchenkreisen zu vernehmen ist, stehen die Banken in regelmäßigem Kontakt miteinander. Man tausche sich nicht nur untereinander aus, was Sicherheitsmaßnahmen anbelangt, sondern sei auch ständig im Kontakt mit der Polizei, dem Fedpol oder den Bancomat-Lieferanten, lasst sich die Raiffeisen Schweiz diesbezüglich offiziell zitieren. Dazu passt, dass es die Bundesanwaltschaft bereits im vergangenen Jahr zum Ziel erklärte, die Schweiz als Zielort für Bankomaten-Sprengungen weniger attraktiv zu machen.

Die Raiffeisen-Gruppe ist derweil besonders exponiert, was mögliche Angriffe auf ihr Geldautomaten-Netzwerk anbelangt. Die Genossenschaftsbank verfügt mit 1638 Bankomaten Ende 2022 über das dichteste Geldautomaten-Netz der Schweiz. Die Wahrscheinlichkeit für physische Manipulationen an den eigenen Geräten erhöhe dies potenziell, heißt es von Seiten der Bank.

Verschiedene Maßnahmen

Weil sich die Finanzinstitute bei den konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht in die Karten blicken lassen, geht die Frage an den Experten: Was können die Institute tun, um sich vor den Banden zu schützen? Laut Henning Gebert gibt es nicht die eine Maßnahme, die alle Probleme löst. Vielmehr braucht es ein Maßnahmenbündel. Einerseits lohnten sich bauliche Maßnahmen, um die Automaten schwerer erreichbar zu machen. Dies habe aber auch Einschränkungen für die Kundschaft zur Folge. Andererseits hätten die Anbieter die Möglichkeit, das Geld unbrauchbar zu machen, also etwa durch Farbe, die bei einer Beschädigung des Automaten auf die Banknoten verteilt wird. Wofür sich die Banken entscheiden, letztlich gilt laut Gebert die Regel: „Mach den Überfall so schwierig, dass er sich vom Aufwand her für die Kriminellen nicht mehr lohnt.“

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