Basel Meister der Farbe

Gabriele Hauger

Fondation Beyeler: Einzelausstellung mit Werken von Wayne Thiebaud

Von Gabriele Hauger

Riehen. Was für ein Meister der Farbe! Warum nur ist der US-amerikanische Maler Wayne Thiebaud hierzulande ein weitgehend Unbekannter? Das fragt sich, wer die erste Einzelausstellung des Künstlers im deutschsprachigen Raum besucht. Die Fondation Beyeler zeigt ab Samstag 65 Werke des 2021 101-jährig verstorbenen Malers, der die Verheißungen des „American Way of Life“ auf Leinwand bannte. Und wie! Damit eröffnet das Museum laut Direktor Sam Keller den Reigen mit Ausstellungen von international bedeutenden Künstlern, die in Europa aber eher unbekannt sind. „Es lohnt sich, sie kennenzulernen“, sagt Keller. Was sich beim Begehen der neuen Schau bestätigt.

Stillleben und Porträts

Wayne Thiebauds Werke wirken auf den ersten Blick leicht entschlüsselbar, fast plakativ: Stillleben, Porträts, Landschaften. Doch sie verdienen eine intensive Fokussierung auf die virtuose Pinselführung des Künstlers, auf seine vielschichtigen Aussagen. Nehmen wir nur das Bild des auf Barhockern sitzenden Paares „Eating Figures“ von 1963. In Anzug und Blümchenkleid halten Mann und Frau jeweils einen Hotdog und Softdrink mit Strohhalm in Händen, typisch amerikanisch – klischeehaftes Fastfood und Spießigkeit. Glücklich sehen die beiden nicht aus, vielmehr wirken sie durch Thiebauds eigenen Malstil eigenartig erstarrt, fast abstrakt, in sich gekehrt. Das Bild blickt ironisch auf den amerikanischen Lebensstil, birgt aber gleichzeitig einiges an Melancholie in sich. Eine Wirkung, die fast alle Porträts haben, seien es die beiden Frauen im Badeanzug oder die Studentin, die den Betrachter gleichsam intensiv und abwesend-distanziert direkt anzuschauen scheint.

Linien und Farbe

Bemerkenswert ist der Blick auf Thiebauds Pinselführung. Linien umfassen oftmals Kopf und Körper. Eine Fülle an verschiedenen Farben bringt scheinbar banale schwarze Schuhe oder dunkelblonde Haare zu formidabler Leuchtkraft. Eine vielfältige Kombination intensiv leuchtender Farben.

Grandios zeigt Thiebaud das auch bei der Darstellung seiner Malutensilien: Behälter mit Ölfarbe oder Pastellstifte – jeweils mit dem dargestellten Handwerk gemalt, wie die meisten seiner Objekte mit Schattenwurf.

Essen und Glücksspiel

In den USA ist Thiebaud vor allem für seine Stillleben bekannt. Denen wird auch in der Ausstellung viel Raum gegeben. Ein Lieblingsthema des Künstlers: Essen, und zwar nicht gerade gesundes. Da reihen sich verführerisch süße Kuchenstückchen auf Tellern, Eiskugeln auf Waffeln, Muffins mit Pink in Selbstbedienungsautomaten. Die zuckrige Massenproduktion bekommt hier eine erstaunliche Ästhetik, erinnert an Werbung und Plakate.

Einen Raum weiter sind Spielautomaten das Hauptmotiv. Illusionäre Glücksverheißungen, die den Tellerwäscher vermeintlich zum Millionär machen können – es aber im echten Leben nie tun, auch hier eine halb witzige, halb kritische Darstellung.

Eine weitere spannendeSeite an Wayne Thiebaud zeigt sich in seinen Landschaften und Stadtansichten. Surreal steile Felsen, tiefe Abgründe, in die der Blick stürzt, Straßenzügen, die ins Bodenlose fallen und sich in einem dichten Netz durch seltsam entleerte Städte aus verschiedenen Perspektiven ziehen. Es sind unwirkliche, unbewohnbare Orte, und sie lösen noch stärker als die Sillleben Nachdenklichkeit, ja fast Schwermut aus.

Unwirkliche Städte

Und so ist ein Gang durch die Ausstellung neben dem poppigen Farberlebnis und augenzwinkernder Gesellschaftsbetrachtung auch Herausforderung. Die tiefgründige Philosophie seines dennoch von Humor durchzogenen Werks steht Thiebauds brillianter Maltechnik in nichts nach.  

Info:  bis 21. Mai

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