Basel Not macht erfinderisch

Michael Werndorff

Wirtschaft: Corona-Krise beschleunigt den Strukturwandel / KMU zeigen sich agil

Basel - Die Zahl der Firmenkonkurse in der Schweiz bleibt auch im November rückläufig, wie Daten des Schweizer Gläubigerverbands Creditreform zeigen. Zum einen entfalten vielseitige staatliche Unterstützungsmaßnahmen ihre Wirkung, zum anderen zeigen sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von der agilen Seite. In beiden Basel ist die Stimmung bei den Unternehmen derweil durchwachsen.

Das Stimmungsbild der Wirtschaft hat sich angesichts der zweiten Corona-Welle mit Blick auf das Frühjahr kaum verändert. Ebenso die Betroffenheit nach Branchen, weiß Andreas Meier, Abteilungsleiter Mitglieder & Netzwerk und Mitglied der Geschäftsleitung der Handelskammer beider Basel (HKBB).

Zu den stark und existenziell bedrohten Branchen gehören wie in der ersten Welle die Hotellerie, die Gastronomie, die Messe- und Event-Branche sowie die Kultur-Branche. Sie alle sind durch die Einschränkungen der behördlichen Maßnahmen unmittelbar betroffen und können im städtischen Umfeld ihrer Geschäftstätigkeit faktisch nicht nachgehen. Ebenfalls sehr stark betroffen ist die Reise- und Tourismus-Branche sowie der EuroAirport, erklärt Meier.

Immer noch gut durch die Krise kommen die Life Sciences-Branche, die Finanz- und Versicherungswirtschaft, die IT-Branche, die Immobilienbranche, die Energiewirtschaft, aber auch die Baubranche. „Die Entwicklung der oft exportorientierten Industrie ist maßgeblich abhängig vom Pandemieverlauf in den Ländern, in die sie exportieren. Da hat sich beispielsweise der Asienmarkt etwas stabilisiert“, berichtet Meier im Gespräch mit unserer Zeitung. Die umliegenden europäischen Länder seien da schon viel unsicherer unterwegs. Ebenfalls auf einen möglichst uneingeschränkten Warenverkehr über die Grenzen angewiesen sei der Handel.

Beim Einzelhandel werde es drauf ankommen, ob die Maßnahmen nochmals verschärft werden, beispielsweise mit der Schließung der Läden. Eine Ausweitung des Lockdowns wäre einschneidend und bedrohlich, je länger dieser gehen würde, erklärt Meier.

Zeichnet sich bereits eine Pleitewelle ab? Alles hänge davon ab, ob sich die Covid-19-Krise bereits im ersten Quartal 2021 entschärft, sprich: wann die behördlichen Einschränkungen gelockert werden können. „Damit verbunden ist die Frage, wann der Pandemie mit einer Impfung oder einem Medikament erfolgreich begegnet werden kann. Wird Corona noch länger unser Leben bestimmen und unsere Wirtschaft beeinflussen, besteht das Risiko, dass Firmen, die bisher gut durch die Krise gekommen sind, ebenfalls in Schwierigkeiten geraten“, macht Meier deutlich. Und weiter: „Es wäre verheerend, wenn bislang wenig tangierte Branchen ebenfalls in die Krise geraten würden. Das hätte eine gewisse Sogwirkung.“

Irgendwann wird Belastung ein Ende finden müssen

Die Aufarbeitung der Krise werde Wirtschaft und Gesellschaft noch lange beschäftigen, erklärt der Experte. Klar sei auch, dass die geschürten Hilfspakete nicht allen gerecht werden könnten. „Wie lange man mit ihnen noch überbrücken kann, ist ein anderes Thema. Irgendwann wird die Belastung der Staatskasse ein Ende finden müssen.“

Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hat gestern aufgrund möglicher Liquiditätsengpässe beschlossen, weiterhin für Überbrückungskredite zu bürgen – ab jetzt mit einer längerer Laufzeit und höherem Deckungsgrad.

Dass die Pandemie als Katalysator wirken kann, erkennt auch Meier: Die Corona-Krise habe in allen Unternehmen einen Digitalisierungsschub ausgelöst. Davon werde man profitieren. „Ganz generell hat die Krise den Strukturwandel beschleunigt. Es wird Unternehmen geben, die gestärkt aus der Krise kommen werden, andere werden um ihre Existenz kämpfen müssen“, sagt der Experte. „Wichtig aber ist, dass die Corona-Pandemie im ersten Halbjahr 2021 ihr Ende findet.“

Viele KMU sahen in der Krise gar eine Chance und haben ihr Geschäftsmodell angepasst: Das Sprichwort „Not macht erfinderisch“ scheine sich auch bei den Schweizer KMU zu bewahrheiten, sagte Sara Carnazzi von der Credit Suisse (CS) gestern im Rahmen einer Videokonferenz.

Demnach hat seit Pandemiebeginn beinahe die Hälfte der befragten KMU eine Anpassung ihres Geschäftsmodells vorgenommen: Bei 24 Prozent der Betriebe wird die Modifikation des Geschäftsmodells laut CS die Krise gar überdauern.

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