Basel Regionale Schau in Reinkultur

Die Oberbadische
„Toter Winkel“: eine Installation aus Chromstahl von Tobias Nussbaumer aus der diesjährigen „Regionale“-Ausstellung im Kunstraum Riehen. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Regionale: Ausstellung der Gemeinde Riehen im Kunstraum unter dem Motto „Abattre les murs“

Von Jürgen Scharf

Riehen. Unter den verschiedenen „Regionale“-Beiträgen ist die von Kiki Seiler-Michalitsi kuratierte Ausstellung der Gemeinde Riehen im Kunstraum immer etwas Besonderes. Auch dieses Mal ist die wie immer gewohnt themenlose, aber mit einem Motto („Abattre les murs“/Mauern niederreißen) versehene Präsentation eine regionale Schau in Reinkultur: 20 unterschiedliche Künstlerpositionen, davon zwei Künstlerpaare, werden vorgestellt. Davon stellen allein 15 Künstler zum ersten Mal im Kunstraum aus.

Einen Vorteil hat es sicher, sich nicht im Voraus auf ein Thema zu verständigen oder ein vorgefasstes Konzept festzulegen; man kann sich dann von den Kunstproduktionen überraschen und leiten lassen. So ergeben sich interessante Einblicke in das aktuelle Kunstschaffen der Region Nordwestschweiz, Südbaden und dem Elsass. Gezeigt werden einmal mehr temporäre, aber auch ortsspezifische und raumgreifende Installationen über drei Stockwerke.

Zeitgenössische Kunst leicht „erfahrbar“

Hervorgegangen ist die Regionale vor 17 Jahren aus der traditionellen Weihnachts- oder Jahresschau: das Kunstschaufenster über Landesgrenzen hinweg, von Straßburg über Freiburg bis Basel. Die einzelnen Ausstellungshäuser werden sogar mit Bustouren angefahren; die zeitgenössische Kunst im Dreiländereck ist also jederzeit und leicht „erfahrbar“, ein detailliertes Gesamtprogramm mit einzelnen Statements führt durch die Werkschauen.

Während wir über die mit einer „Carte Blanche“ versehene, installative und mit einem Raumkonzept klug konzipierte Gesamtschau im Weiler Stapflehus – Weil ist von Anfang bei der Regionale dabei – schon berichtet haben, fällt zum Unterschied in Riehen die Pluralität der aktuellen Kunstszene auf. Ein „any-thing goes“ ist möglich. Das fängt bei dem „Toten Winkel“ an, einer großen konstruktiven Installation aus Chromstahl mit Spiegeln von Tobias Nussbaumer, die den Saal im Parterre ausfüllt. Eine andere, sehr schöne Installation stammt vom diesjährigen Riehener Kunstpreisträger Paul Takács.

Der Maler, Zeichner, Videofilmer und Plastiker zeigt eine Serie mit Zeichnungen („Schneller als der Schatten“), figurative Schattenbilder mit spontanen Farbklecksen auf Papier. Besonders sehenswert ist aber Takács installative Anordnung, betitelt „Mein Kopf“, eine Reihe bemalter Beton/Zementgüsse, bei denen man verschiedene architektonische Gebilde mit Öffnungen assoziieren kann: Behausungen, Höhlen, Grotten. Die den ganzen Raum einnehmenden Skulpturen sind Teil einer vor zwei Jahren begonnenen Werkgruppe, an der der Künstler bis heute arbeitet.

Diese skulpturale Beschäftigung mit dem eigenen Kopf rufen nicht nur bei der Kuratorin Vorstellungen von modellhaften Urbildern, archaischen Naturbehausungen oder von Mensch, Tier oder der Natur geschaffenen Unterständen hervor. Man kann diese grottenähnlichen Bauten mit Termitenhügeln und Vogelnestern assoziieren. Und da sie auf hohen Sockeln präsentiert werden, wirkt der Raum schon mal sehr museal.

Es gibt noch vieles zu sehen, nur zwei, drei Werkbeispiele seien noch herausgegriffen. Futuristisch wirken die Fotomontagen von Aida Kidane mit einer Tankstelle in Asmara, dem Unesco-Welterbe. Der Titel „Eine Kapsel für den Duce“ ist womöglich eine Anspielung auf die koloniale Vergangenheit Eritreas. Von Kidane hängen auch vier Drahtmodelle, gelötet und mit Latex überzogen, wie Planeten von der Decke herab. Es soll sich um Studien für Raumfahrtkapseln handeln. Rätselhaft bleibt der gelbe Latexmantel auf dem Ständer daneben.

Plexiglas und Papiercollage

Während viele Künstler mit Alltagsmaterialien arbeiten, wie Aline Zeltner mit bearbeiteten Seifen („Seifenlust“), beschichteten Kunststoffmatten oder mit farbigem Plexiglas wie Ildiko Csapo mit einer Serie, die an Parfümflakons erinnert, konstruiert Evgenij Gottfried Farbverläufe auf ausgefrästem Holz oder Lichtreflexionen auf MDF-Platten.

Auch das Thema Papiercollage wird behandelt, und zwar auf reichlich surreale Art von William Turmeau. Samuel Spalinger entfaltet drei Typen des illusionistischen Bildes mit horizontalen Farbstreifen, akustisch begleitet von einem durch Kopfhörer übertragenen Sound mit einem Brummton, einer Panflöte und Meeresrauschen; daneben läuft ein Bewegtbild auf dem Bildschirm eines Videoplayers mit vertikalen Farbspektren.

Etwas minimalistisch, aber bei näherer Betrachtung sehr schön, ist die zurückhaltend wirkende, elektromechanische, lasergesteuerte Arbeit des Künstlerpaares Jingfang Hao und Lingjie Wang („In a universe where everything moves at all“). Auf einer großen dunklen Fläche wandert ein kleiner Lichtpunkt wie eine Sternschnuppe oder ein Flugzeug durch den weiten Raum: eine Arbeit, die zum Stehenbleiben und zum genauen Hinsehen zwingt.   Bis 19. Januar, Mi-Fr 13-18, Sa, So 11-18 Uhr

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