Wie sich Rinder innerhalb einer bestimmten Region entwickelten, ist bisher kaum untersucht. Die Basler Studie ist die erste, die dies leistet, überdies über einen so langen Zeitraum – von der Steinzeit bis ins frühe Mittelalter.
Bedeutung der Knochen
„Gerade weil Nutztiere so eng mit den Menschen zusammenlebten, sind ihre Überreste eine Fundgrube für Informationen zu soziokulturellen Veränderungen: neue Wohnformen, Ernährungsweisen, Bevölkerungsgröße, landwirtschaftliche Praxis“, sagt Deschler-Erb.
DNA-Analysen von Knochenmaterial seien allgemein beliebt, um mehr über vergangene Populationen zu erfahren. Von Haustieren sind sie in größerer Zahl vorhanden als von Menschen. „Wenn man verschiedene Techniken miteinander kombiniert, lässt sich das bereits vorhandene Archiv weiter untersuchen, zum Beispiel im Hinblick auf die Milchleistung oder den Fleischertrag“, sagt Granado.
Genpool schrumpft
Die Wellenbewegungen in der Genetik des Hausrinds sind bis heute zu beobachten. „Will man wie in den letzten Jahren mit regelrechten Milchmaschinen die Produktivität hochhalten und befruchtet tausende Kühe mit den Samen eines guten Zuchtbullen, schrumpft der Genpool“, erklärt Granado.
Es gibt aber auch Gegenbewegungen: Die Stiftung Pro Specie Rara setzt sich für den Erhalt selten gewordener Nutztierrassen ein und auch im Biolandbau gelten andere Maßstäbe. „Es ist denkbar, dass künftige Entwicklungen eher wieder weg kommen von der einseitigen intensiven Nutzung, weil sich zum Beispiel das Konsumverhalten oder die ethischen Maßstäbe verändern“, sagt Deschler-Erb.
Auch das passt in die Geschichte des Hausrinds: „Es gab immer wieder Zeiten, in denen die Diversität gesunken ist“, sagt Granado – etwa in der Eisenzeit: „Da tendierte die Vielfalt gegen Null.“ Seither hat sich die Genvielfalt wieder vergrößert. Ein solcher Trend lässt sich also auch umkehren.
Die archäologische DNA-Analytik gehört dabei zu den wichtigen Forschungsmethoden. Angela Schlumbaum, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich IPNA, etablierte sie in den 1990-Jahren in Basel, als die Genetik in der Archäologie ein Novum war.