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Basel Spuren für die Ewigkeit

Gabriele Hauger

Ausstellung: Große Werkschau des Malers Rudolf Stingel in der Fondation Beyeler.

Riehen - Während sich Kunstfreunde noch in der verlängerten Picasso-Ausstellung der Fondation Beyeler drängen, wartet in neun Räume des Südflügels die große Werkschau des zeitgenössischen Malers Rudolf Stingel darauf, entdeckt zu werden.

Diese imposante Bilderschau mit großformatigen Arbeiten, in der ganze Säle neu konzipiert wurden, und die starken Bezug auf die Architektur des Museumsbaus nimmt, ist auch deswegen bemerkenswert, weil es die erste große Ausstellung des in Meran geborenen Künstlers seit seiner aufsehenerregenden Gestaltung des Palazzo Grassi in Venedig 2013 ist. In diesem hatte der 63-Jährige Böden und Wände komplett mit der Reproduktion eines abgetretenen Orientteppichs verkleidet und darauf seine Malerei präsentiert.

Nun zeigt Stingel neben verschiedenen Serien abstrakter und fotorealistischer Gemälde großformatige Arbeiten aus Styropor, aus Metall gegossene Bilder sowie mit Teppichen oder Dämmplatten ausgekleidete Räume.

Seit den späten 1980er Jahren nähert er sich in einer konzeptuellen und selbstreflexiven Weise der Malerei an und erkundet deren Möglichkeiten und medienspezifische Grenzen – im Wechselspiel der künstlerischen Vorgehensweisen, Materialien und Formen. Seit über 30 Jahren lebt und arbeitet Stingel hauptsächlich in New York. Als junger Künstler fand er hier ein Zuhause, ein Zugehörigkeitsgefühl, das er als Südtiroler in seiner alten Heimat vermisst hatte, wie er gestern vor der Presse erzählte. Einst ohne Englischkenntnisse angereist, fühlte sich der junge Mann in New York schnell wohl. Hier sei es nicht darum gegangen, wer man ist, sondern ob man etwas kann.

Geradezu euphorisch führten Kurator und Freund Udo Kittelmann, Direktor der Neuen Nationalgalerie Berlin, sowie Sam Keller („Stingel ist einer der interessantesten Künstler unserer Zeit“) in die Ausstellung ein. Diese ist nicht chronologisch konzipiert, sondern zielt auf das Gegenüber einzelner Werke, auf die Wechselwirkung mit den Räumlichkeiten. Augenfälliges Beispiel hierfür ist das Triptychon aus bunten Blumen im lichtdurchfluteten Saal mit Naturblick, eine ungewöhnliche und ob ihres zunächst banal wirkenden Motivs geradezu mutige Arbeit.

In einem anderen Saal ist eine Wand komplett mit einem orangenen, hochflorigen Spannteppich bekleidet. Auf diesem haben Menschen ihre Spuren hinterlassen, haben das Material geglättet, aufgeraut, Handabdrücke und Linien gesetzt. Gegenüber eine blaue, wellenartig strukturierte Fläche aus blauen Styroporplatten.

Stingel bewahrt Spuren des Menschlichen. So gießt er in aufwendigem Arbeitsprozess Kritzeleien, Buchstaben, Initialien, Abschürfungen auf eine acht Meter lange Kupferplatte – und verewigt diese. Auch hier sind Menschen, wenn auch unbewusst, partizipativ an seinen Werken beteiligt. Hier wie bei fast allen seinen Arbeiten wird der Betrachter fast magisch angezogen, verliert sich im Studium ihrer Strukturen – Distanz unmöglich.

Auf die Spitze getrieben wird diese Beteiligung an seiner Kunst in einem komplett mit reflektierenden, silbernen Celotex-Isolationsplatten ausgekleideten Saal. Auf diesen weichen Materialien darf sich jeder Besucher frei nach Inspiration verewigen. Auch das komplette Restaurant der Fondation ist im übrigen mit silbernen Platten verkleidet.

Besonders eindrücklich sind Stingels Selbstporträts. Bewegend und von der Melancholie der Endlichkeit durchzogen, ist der komplett mit dunklen, gemusterten Teppichen auskleidete Raum, dessen Hauptwand von einem überdimensionalen Selbstporträt – Stingel in weißem Hemd und Sakko auf einem Kissen liegend – beherrscht wird. Ein Raum zum nachdenklichen Verweilen.

Wichtiger Bestandteil der Ausstellung ist der Katalog, der diesmal ein Kunstbuch und quasi Teil der Ausstellung geworden ist. 30 Jahre künstlerischen Schaffens werden hier mit 400 Abbildungen hochwertig präsentiert. Die Gegenüberstellungen der Werke erlauben ganz neue Assoziationsmöglichkeiten.   26. Mai bis 6. Oktober,

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