Frage: Geben Sie ein paar Beispiele.
Leben, Liebe, Abenteuer
Ich habe die Themen in Hashtags eingeteilt unter den Kapiteln Leben, Liebe und Abenteuer: #Mutzurveränderung, #24Stundenregel oder #Findedichselbst. Es geht darin um viele Bereiche. Die Liebe ist ein wichtiger Aspekt, besonders die Selbstliebe. Aber es geht auch um Abenteuer, Tinder und andere Datingapps. Gerade Selbstliebe finde ich einen ganz wichtigen Aspekt. Früher war das für mich so ein abstrakter Begriff. Aber sich selbst zu finden, zu wissen, wer man ist, das ist essenziell.
Frage: Es ist Ihr fünftes Buch. Geben Sie uns einen Überblick über Ihr Werk.
Es hat mit Gedichten angefangen, die ich in ein kleines Notizbuch geschrieben habe. Meistens Naturlyrik, das war noch vor meiner Krankheit. Ich war viel unterwegs, im Schwarzwald, am Zeller Blauen mit dem Fahrrad. Dort habe ich meine ersten Gedichte geschrieben. Beim Waldemar Lutz Verlag in Lörrach ist so mein erster Band entstanden. Parallel gab es das Projekt mit Zeitzeugenbefragungen zum Zweiten Weltkrieg. Da hatten wir große Lesetouren, bis nach Berlin beim Holocaust-Mahnmal. Danach erst bin ich zum Genre Sachbuch gekommen mit „Draußen spielt ein Leben.“
Von alten Menschen viel gelernt
Frage: Warum der Themenwechsel?
Ich hatte mich so lange mit der jüdischen Vergangenheit befasst. Das ist mir als Israeli natürlich sehr wichtig. Es ist aber genauso wichtig, dass man diese Zone mal wieder verlässt, gerade als junger Mensch. Ich will mich nicht immer dem Thema Nazi-Zeit und Verfolgung beschäftigen, sondern auch in die Zukunft blicken.
Frage: Das gehört zusammen, oder?
Ja. Viele sind von meiner positiven Perspektive überrascht. Dennoch: Gerade von meinen Zeitzeugen-Interviews her kenne ich diesen erstaunlichen Optimismus und Lebenswillen, beispielsweise von Auschwitz-Überlebenden. Die wissen um die Essenz des Lebens, wissen, das Lebensfreude von ganz einfachen Dingen kommt: Frieden, ein sonniger Tag, mit Menschen zusammenzusein, die man liebt. Von diesen alten Menschen habe ich sehr viel gelernt, Dankbarkeit sowie Lebensfreude.
Frage: Der Holocaust gehört auch zu Ihrer Lebensgeschichte?
Ich bin kein direkt Betroffener. Aber mein Großvater war in der Schweiz an der Grenze als Soldat, meine Großmutter ist aus dem Irak. Mein Vater ist aus Tel Aviv. Das alles ist Teil unserer jüdischen Geschichte. Zu dieser gehörten aber auch die Lebensfreude, die Feste und der Humor, gerade auch in bedrohlichen Zeiten. Es ist schon sehr jüdisch, in allem das Gute zu sehen.
Frage: Sie engagieren sich weiter in der Riehener Gedenkstätte. Was ist Ihr Beruf neben dem Schreiben?
Ich bin zurzeit an einer Schule in Bettingen tätig. Das gefällt mir sehr, gibt mir genügend Freiheiten für meine Bücher. Und durch die Kinder lerne ich viel über die Leichtigkeit, im Moment zu leben.
Dating-Apps nur als Ergänzung
Frage: Dating-Apps werden bei Ihnen auch thematisiert. Was halten Sie davon?
Ich war sehr kritisch. Inzwischen sehe ich Dating-Apps als gute Ergänzung. Sie werden aber nie an den realen Wert einer persönlichen Begegnung herankommen, an die Anziehungskraft, den Zauber. Komplett ausschließen sollte man das nicht, aber sich klar machen, dass oft zu viele falsche Bilder im Kopf entstehen. Der Mensch sehnt sich nach unverfälschter Begegnung. Alles, was da helfen kann, darf auch gerne genutzt werden. Aber: Kein Smiley hat den Wert eines echtes Lachen unseres Gegenübers. Darum sehnen wir uns auch so sehr nach der unverfälschten Natur. Wir wollen das Wahre, das Echte.
Frage: Sie haben auch traurige Tage. Lesen Sie dann als Motivation Ihre eigenen Bücher?
Nein (lacht). Ich habe eigentlich keine depressiven Phasen. Mein Maß der Dankbarkeit hat sich so verändert, dass ich mich von Widrigkeiten nicht so schnell aus der Bahn werfen lassen.
Frage: Wie schafft man das?
Man kann es schaffen. Ein Beispiel: Viele spüren den Drang nach Veränderung. Oft macht man den Fehler, zu schnell alles verändern zu wollen. Man sollte sich seine Ziele aufschreiben, mit der kleinsten Veränderung beginnen und erst nach deren Erfolg weitermachen. Man darf sich nicht überfordern, sonst erwachsen Angst, Verlustgefühle, Frust, weil man die große Veränderung nicht schafft. Zudem sollte man Würze ins Leben bringen, sei es durch Kinobesuche, Sport oder Freunde, man sollte Highlights setzen, die Lebensfreude bringen.
Wie tut man sich selbst Gutes?
Frage: Geben Sie uns ein paar Tipps, wie man sich selbst etwas Gutes tun kann?
Wichtig für alle Singles: Zieht euch nicht zurück. Folgt den Impulsen, wegzugehen, schöne Dinge zu unternehmen, auch wenn es alleine ist, traut euch, jemanden anzusprechen. Sonst verpasst man so viel. Zweitens Selbstliebe: mehr Zeit für sich selber. Ich zum Beispiel mache mir immer wieder Notizen von schönen Momenten, Höhepunkten des Tages. Drittens: Ich gehe jeden Tag mit mir selbst Gassi. Auch wenn es nur eine Viertelstunde ist: Die Zeit zu finden, mit sich selbst allein zu sein, das ist die Grundvoraussetzung für ein ausgeglichenes Leben, für Gedanken, die einen weiterbringen. Immer bereit für die Abenteuer, die das Leben uns bereit hält.
Das Gespräch führte Gabriele Hauger.
Infos zum Autor:
Dan Shambicco, 1991 in Basel geboren, lebt in Riehen und ist im Bildungs- und Erziehungswesen tätig sowie aktives Leitungsmitglied der Gedenkstätte Riehen und Mitglied des Redaktionsrats des Magazins „go-take the lead“. Der schweizerisch-israelische Autor veröffentlicht Gedichte und ratgebende Essays. Sein aktuelles Buch „Vielleicht lieber heute“ stellt er bei Lesungen in der Regio vor: 3.2., 20 Uhr, Unternehmen Basel Mitte; 12.2., 11 Uhr, Bar Drei König, Lörrach; 16.2., 20 Uhr, Klara, Basel