Suche nach neuer Spielstätte

Von Jürgen Scharf

Basel. Eine bizarre Liaison zwischen einer Grafentochter und dem Diener ihres Vaters; ein Ehekrieg, der in einer Nacht eskaliert und dunkle Geheimnisse sowie bittere Lebenslügen ans Licht bringt; ein spontaner Kuss, der eine Liebesgeschichte auslöst: Das sind nur drei der Inhalte von Theaterstücken, die die Helmut Förnbacher Theater Company in der Saison 2019/20 neu herausbringt – ein ambitioniertes Programm mit fünf Neuproduktionen und 18 Wiederaufnahmen.

Noch zwei Spielzeiten im Bahnhof

Zwei Spielzeiten, bis 2022, kann das Förnbacher Theater im Badischen Bahnhof noch weitermachen. In zwei Jahren allerdings will die Deutsche Bahn mit Bauarbeiten für ein auf sieben Jahre angelegtes Großprojekt eines Parkhauses für Velos beginnen. Die Planungen sind inzwischen angelaufen. Da in den Abendstunden an der Baustelle gearbeitet wird, kann der Theaterbetrieb nicht aufrecht erhalten werden. Die Theaterkompanie wird die Theaterhalle verlassen müssen, nach 22 Jahren. „Eine schöne Zeit, die wir hier verbringen durften“, sagt Helmut Förnbacher, der bei Spielzeitvorschauen schon immer von einem Provisorium sprach.

Die bekannte Schauspielerfamilie hofft allerdings, dass sie bis in zwei Jahren eine neue Spielstätte und passende Räume finden wird, um den Theaterbetrieb weiter aufrechtzuerhalten. Schließlich habe man inzwischen viele treue Zuschauer, auch aus dem Badischen, und Jugendliche, die ins Theater kommen. Da wäre es schade und „eine traurige Sache“, das aufzugeben, so Förnbacher.

Für die kommende Saison sind 23 Stücke auf dem Spielplan, dazu braucht es mehrere hundert Kostüme und Requisiten: ein ganzer Lastwagen voll. Saisonauftakt ist mit August Strindbergs „Fräulein Julie“ in der Inszenierung von Gastregisseurin Verena Buss. In dieser Klassengeschichte geht es um Standesunterschiede, um eine leidenschaftliche Affäre zwischen Freiheit, Liebe und gesellschaftlicher Akzeptanz. Die Regisseurin kombiniert den Einakter mit Rilkes „Weise von Liebe und Tod“; für Theaterleiter Förnbacher eine schlüssige Geschichte. In der Hauptrolle ist Falk Döhler als Diener Jean zu erleben.

Die zweite Neuinszenierung ist so etwas wie die Fortsetzung von psychischen Beziehungen: „Wer hat Angst vor Virginia Woolf...?“ von Edward Albee. Ein unglaubliches Stück, auch heute noch, in dem so ziemlich alles auf die Bühne kommt, was ein Eheleben bietet. Kristina Nel spielt die Frau, Matthias Klausner den Mann. Premiere ist im Oktober.

Nach vielen Jahren wird Molières „Eingebildeter Kranker“ als Silvesterkomödie neu inszeniert, diesmal nicht mit Helmut Förnbacher in der Hauptrolle, die er immer sehr gern gespielt hat, sondern mit Dieter Mainka, der damit sein 66-jähriges Bühnenjubiläum feiern kann. Es ist eine dankbare und gute Rolle für den Doyen des Ensembles.

Nach dem traditionellen Vorfasnachts-Event „S’Ridicule“ gibt es ein neues wunderbares Stück von Simon Stephens: „Heisenberg – das Unschärfeprinzip“. Die Zweiergeschichte verweist im Titel auf zwei Moleküle, die sich nicht angleichen können. Diese Unschärfentheorie wird auf zwei Personen projiziert. Das unterhaltsame Schauspiel, das an allen großen deutschen Bühnen gespielt wurde, geht in Richtung einer „intellektuellen Yasmina Reza“, ist versöhnlich und poetisch. „Mich nimmt es sehr in Beschlag“, bekennt Förnbacher, der das Stück selber inszeniert und mitspielt.

Das anspruchsvolle neue Spielzeiten-Programm zeigt, wie sehr das Theater etabliert ist. „Ein solches Theater muss in Basel sein“, betont Helmut Förnbacher. Daher konzentriert sich die Suche nach neuen Theaterräumen für die Company auf die Innenstadt.   B-Premiere von Strindbergs „Fräulein Julie“: Freitag, 20. September, 19.30 Uhr, Förnbacher Theater Basel