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Basel „Theo“ birgt viele Geheimnisse

Die Oberbadische
Wirkt wenig anheimelnd, ist aber eine wissenschaftliche Sensation ersten Ranges: „Theo der Pfeifenraucher“ soll die Lebensumstände von früher erhellen. Foto: zVg/Gerhard Hotz Foto: Die Oberbadische

Forschung: Skelett soll Aufschluss über den Alltag eines Mannes geben, der vor 200 Jahren lebte

Zahnlücken bringen es ans Licht: „Theo“ war Pfeifenraucher. Der Mann, der Anfang des 19. Jahrhunderts in Basel lebte, im Alter von rund 30 Jahren starb und der unteren Gesellschaftsschicht angehörte, erlangt posthum wissenschaftliche Weihen.

Von Adrian Steineck

Basel. „Theo“ soll den Baslern etwas über das Leben eines Menschen erzählen, der vor 200 Jahren zum ärmeren Teil der Bevölkerung gehörte. „Das ist eine Sensation für die Forschung, denn vom Adel und den gehobenen Gesellschaftsschichten haben wir zahlreiche Zeugnisse von früher“, freut sich Gerhard Hotz.

Der Anthropologe (altgriechisch für Menschenkundler) am Naturhistorischen Museum Basel hat die vergangenen zehn Jahre seines Lebens weitgehend der Erforschung von „Theo“ und seinem Stammbaum gewidmet. Wobei „Theo der Pfeifenraucher“, wie das Skelett in einem Buch aus dem Jahr 2010 genannt wurde, nach dem aktuellen Erkenntnisstand wohl Achilles Itin hieß und heute noch einen Nachfahren in den USA hat.

Diesen wird Hotz im Lauf dieser Woche anschreiben und die Erkenntnisse, die er und seine Mitarbeiter über das Skelett gesammelt haben, mitschicken. „Ich warte dann eine gute Woche, ob der Nachfahre sich meldet, und werde ihn dann selbst anrufen“, umreißt er die weitere Vorgehensweise. In einer weiteren Sendung wird er dem potenziellen Nachfahren von Itin alias Theo die Ausrüstung zur Abgabe einer Speichelprobe zukommen lassen. „Ich hoffe sehr, dass der Nachfahre, der in sechster oder siebter Generation von unserem Theo abstammt, uns seinen Speichel zum DNA-Abgleich zukommen lässt, denn nur dann können wir zweifelsfrei sicher sein, dass er sein Nachfahre ist.“

Ermittelt wurde der Name Achilles Itin aus einem Kreis von ursprünglich 4334 Personen, die als „Theo der Pfeifenraucher“ infrage kommen. Alle eint, dass sie in dem Zeitraum, in dem „Theo“ gelebt und gewirkt hat, ebenfalls in Basel lebten.

„Wir konnten alle Frauen ausschließen, sodass noch etwa 2000 Männer als Kandidaten infrage gekommen sind“, berichtet Hotz. Denn das „Theo“ männlich war, konnte aus der Form des Beckens einwandfrei geschlossen werden.

In einem weiteren Schritt wurden jene Männer ermittelt, die im Alter von 26 bis 32 Jahren gestorben sind – so wie „Theo“. Die Zahl von 134 Übriggebliebenen wurde aufgrund von Besonderheiten des Skeletts auf zwölf Kandidaten heruntergerechnet. Von diesen zwölf Kandidaten erstellten die Genealogen in jahrelanger Arbeit Stammbäume, um lebenden Nachfahren auf die Spur zu kommen. Gefunden wurde „Theo der Pfeifenraucher“ im Jahr 1984 von Mitarbeitern der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt. Da aber die Füße des Skeletts in einer Grubenwand feststeckten, mussten sie „amputiert“ werden, so dass es „Theo“ heute nur noch in Einzelstücken gibt. Nachdem das Skelett zwei Jahrzehnte lang unbesehen in einer Schublade ruhte, stießen im Jahr 2004 Basler Studenten auf den Umstand, dass das Gebiss des Mannes mehrere halbkreisförmige Zahnlücken aufweist, wie sie typisch für Pfeifenraucher sind.

Nach der Fundstelle auf dem früheren Armenfriedhof der Theodorskirche in Kleinbasel und der vermeintlichen Leidenschaft erhielt „Theodor der Pfeifenraucher“ seinen Namen, unter dem er in einer Dokumentation im Jahr 2010 auf dem deutsch-französischen Fernsehsender Arte firmierte. Der Fundort deutet auch darauf hin, dass der Knochenmann der unteren Gesellschaftsschicht angehörte. „Er war auf einem Armenfriedhof begraben, der von 1797 bis 1833 genutzt wurde, weil die Gräber um die Theodorskirche herum alle belegt waren“, erklärt Hotz. Rund um „Theo“ hat sich in Basel eine Bürgerforschungsgruppe zusammengefunden, die das Basler Staatsarchiv nach Spuren von „Theo“ durchforstet und im Dezember ihr zehnjähriges Bestehen feiern konnte. „Theo ist durch und durch demokratisch“, verweist Hotz augenzwinkernd auf den Umstand, dass das Skelett Basler Bürger und internationale Forschergruppen gleichermaßen fasziniert.

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