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Basel Trotz Distanz Nähe schaffen

Die Oberbadische
Für die Patienten im Hospiz ist in der letzten Lebensphase die Anwesenheit und Nähe der Angehörigen sehr wichtig.Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Hospiz: Sterbebegleitung erfolgt unter sehr erschwerten Bedingungen / Pflegekräfte spenden Fürsorge

Abstandsregel, Social-Distancing und Besuchsverbot: Die Corona-Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens treffen die Einrichtungen für Sterbebegleitung in der Region besonders hart. Die Pflegekräfte müssen auffangen, was fehlende Freunde an emotionaler Nähe derzeit nicht geben können.

Von Denis Bozbag

Regio. „Vieles geschieht bei uns im Gespräch, in der Betreuungs- und Begleitungssituation, bei der auch schwierige und sehr emotionale Momente hochkommen. Als Mitarbeiter in der Sterbebegleitung, sei es als Pfleger, als Arzt oder Therapeut bedeutet mit Mundschutz zu arbeiten, nicht ,sein Gesicht zu zeigen’, berichtet Jan Gärtner, Chefarzt des Basler Palliativzentrums Hildegard, im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Einrichtung wurde im Jahr 1986 als erstes Hospiz im deutschsprachigen Raum mit 27 Betten eröffnet und bietet eine umfassende Pflege für kranke Menschen, denen keine kurative Therapie mehr angeboten werden kann.

„Im übertragenen wie im bildlichen Sinne ist das Arbeiten mit Mundschutz nicht die Art von Nähe, die unsere Patienten brauchen. Insbesondere für alte oder in ihrer Hirnleistung eingeschränkte Personen ist nicht nachvollziehbar, warum alle Mitarbeiter ,maskiert’ sind.“ Das könne als befremdlich oder sogar bedrohlich wahrgenommen werden – vor allem von dementen Patienten, gibt der Chefarzt zu bedenken.

Allein das Atmen unter einem Mundschutz könne für die Angestellten anstrengend sein, insbesondere bei höheren Temperaturen. „An den heißen Tagen der vergangenen Wochen kamen manche Kollegen hier an ihre Grenzen.“

Besucherregel wurde großzügig ausgelegt

Das Zentrum hat die Besucherregelung so großzügig wie nur möglich ausgelegt, da sich die Patienten alle in einer sehr besonderen Lebensphase befinden. „Für die meisten von ihnen ist die Nähe und Anwesenheit von Freunden und Familie sehr wichtig und kann eine große Ressource darstellen.“

Während in anderen Krankenhäusern Besucher gänzlich verboten waren, galt im Palliativzentrum eine Beschränkung auf einen Besucher pro Zeiteinheit und pro Patient unter den geltenden Hygienebestimmungen des Bundes. Von dieser Besucherbegrenzung habe man aber in wohlbegründeten Fällen Ausnahmen machen dürfen. So zum Beispiel, wenn die gebrechliclhe Ehefrau eines Patienten, die es weder körperlich noch seelisch schafft, den Besuch allein zu bewerkstelligen, eine Begleitperson mitbrachte.

Auch im Lörracher Hospiz am Buck mit einer Kapazität von sechs Betten, gelten strenge Corona-Regeln: „Jeder neue Patient muss für zwei Wochen in Isolation, unabhängig davon, ob es sich um einen Covid-19-Verdachtsfall handelt oder nicht“, erzählt Graziella Scholer, Leiterin der Einrichtung. Auch hier gilt: Ein Angehöriger pro Besucher ist erlaubt. Mundschutz und Händedesinfektion sind für alle vorgeschrieben.

Besonders belastend sei aber, dass derzeit außer dem Kernteam an Mitarbeitern keine Dritten die Einrichtung betreten dürften: „Wir haben ein wunderbares, sehr engagiertes Team von rund 20 Ehrenamtlichen, die alles dafür geben, die Bewohner auf ihrem letzten Weg zu begleiten und Geborgenheit zu vermitteln.“ Man habe sich jedoch dazu entschlossen, erst einmal auf diese Helfer zu verzichten. Sowie auf weitere Dienstleister wie Psychotherapeuten und Ärzte mit eigener Praxis. Anfangs musste man die Anzahl der Betten um die Hälfte reduzieren, um zwei unabhängig arbeitende Teams bilden zu können.

Mit der Entspannung der Corona-Lage Ende April habe man wieder auf volle Bettenkapazität umgestellt, da man mit sechs Plätzen bereits knapp dran sei.

Selbst Teamsitzungen seien zurzeit nicht möglich. Dies sei eine zusätzliche Belastung für die Mitarbeiter, für die der regelmäßige Austausch mit den Kollegen ungemein wichtig sei. „Vieles läuft über den schriftlichen Weg mit Notizen und E-Mails, manchmal gibt es auch Zweiergespräche.“

Trotz aller Erschwernisse gibt es aber einen Lichtblick am Horizont: „Wir werden wieder einzelne, ehrenamtliche Mitarbeiter in unsere Einrichtung und zu unseren Bewohnern zurückholen, damit sie die Nähe erhalten, die unsere Pflegekräfte gerade mit voller Hinhabe vermitteln. Ich freue mich sehr, sie wieder begrüßen zu dürfen“, freut sich Scholer. Eine vollständige Normalität werde es aber nicht geben. „Damit rechne ich erst wieder, sobald ein Impfstoff da ist.“

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