Basel Urteil sorgt für Empörung

(sda/wer)
Das oberste kantonale Gericht hat das Verschulden des Täters milder eingestuft als die Vorinstanz. Foto: Archiv

Vergewaltigung: Täter erhält geringere Strafe. Opfer habe mit dem Feuer gespielt.

Basel - Das vom Basler Appellationsgericht gefällte Urteil im Berufungsverfahren zur Vergewaltigung an der Basler Elsässerstraße sorgt für Kritik. Noch ist unklar, ob das Opfer das Urteil vor das Bundesgericht weiterziehen wird. Sie werde zunächst das schriftliche Urteil abwarten und dann entscheiden, sagte die Anwältin des Opfers am Dienstag auf Anfrage.

Das oberste kantonale Gericht hatte vergangenen Freitag das Verschulden des Täters milder eingestuft als die Vorinstanz und den heute 33-jährigen Täter zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt, davon 18 Monate unbedingt. Der Mann wird daher bereits kommende Woche aus dem Strafvollzug entlassen. Zudem erhielt er nur noch einen Landesverweis von sechs Jahren, und das Gericht reduzierte die Genugtuung für das Opfer um 3000 Franken.

Das Strafgericht hatte für den Vergewaltiger, der im Februar 2020 zusammen mit einem Jugendlichen eine Frau vor ihrer Wohnung im Basler Quartier St. Johann vergewaltigt hatte, eine unbedingte Freiheitsstrafe von 51 Monaten und einen Landesverweis von acht Jahren ausgesprochen.

Begründet hatte das Appellationsgericht die Verringerung der Strafe laut „Basler Zeitung“, der „bz Basel“ und „20 Minuten“ mit dem Verhalten des Opfers während und nach der Tat.

Diese habe nicht lange gedauert, und das Opfer sei nicht schwer verletzt worden. Die Gerichtspräsidentin habe das mildere Urteil zudem damit begründet, dass das Opfer „mit dem Feuer gespielt“ habe.

Dass die Frau für die Tat mitverantwortlich gemacht wird und die Verringerung der Strafe sorgen in den sozialen Medien für Kritik. Ihre Klientin sei zutiefst schockiert über die mündliche Begründung der Gerichtspräsidentin und könne es nicht fassen, sagte die Anwältin. „Es ist für meine Klientin völlig unverständlich, wie ein Gericht, eine Richterin, also sogar eine Frau, so etwas sagen kann.“

Ihre Klientin mache sich wegen dieser Begründung auch für die Zukunft große Sorgen, sagte die Anwältin. Nach Ansicht ihrer Klientin würden darum viele betroffene Frauen sich in Zukunft noch weniger trauen, Anzeige zu erstatten, weil sie dann immer damit rechnen müssten, ihnen würde eine Mitschuld angelastet.

„Auch äußerst schockiert war und ist meine Klientin über die Äußerung des Gerichts, sie sei bislang in keiner Therapie gewesen, und es sei deswegen nicht klar, ob sie überhaupt psychische Folgen von der Tat davongetragen habe.“ Ihre Klientin leide heute noch stark unter den Folgen dieser schlimmen Tat.

Reaktionen

Die Reaktionen auf das Urteil waren eindeutig: Franziska Stier vom feministischen Streikkollektiv Basel erklärte: „Das ist eine Urteilsbegründung aus dem letzten Jahrhundert. So was erwarte ich heutzutage von einer Richterin nicht mehr. Die Signalwirkung des Urteils an alle Betroffenen ist verheerend, ein Schlag ins Gesicht. Mit diesem Urteil wird Menschen der Mut genommen, juristisch für sich selber einzustehen. Mir fehlen die Worte.“

Die LDP-Großrätin Annina von Falkenstein kritisiert das Urteil ebenfalls: „Der Fall zeigt einmal mehr, dass die Integrität von Frauen zu wenig gewichtet wird.“ SVP-Großrat Pascal Messerli twitterte: „1,5 Jahre bei einer Vergewaltigung sind immer zu wenig, wenn man bedenkt, dass das Opfer ein Leben lang leidet.“

Das Verbrechen sorgte schweizweit für Aufsehen. Die beiden Männer löschten ihre Social-Media-Profile, flüchteten nach Portugal und wurden in ganz Europa zur Fahndung ausgeschrieben. Tage später stellte sich der Haupttäter mit seiner Verteidigerin der Polizei.

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