Mindestlohn Verbände fordern Augenmaß

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Der Mindestlohn kann kommen. Wie viele Menschen davon profitieren werden, ist noch unbekannt. Foto: pixabay

In Basel-Stadt gilt ab 1. Juli ein Mindestlohn von 21 Franken pro Stunde

Als erster Deutschschweizer Kanton führt Basel-Stadt einen Mindestlohn ein. Ab 1. Juli gilt für Arbeitnehmer ohne allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge ein minimaler Bruttoverdienst von 21 Franken pro Stunde.

Basel (sda). Die 21 Franken sind im Gesetzestext über den Mindestlohn festgeschrieben, den die baselstädtischen Stimmbürger am 13. Juli 2021 mit 54 Prozent abgesegnet haben.

Es handelte sich um den Gegenvorschlag zu einer nicht angenommenen Initiative der Gewerkschaften, die einen Mindestlohn von 23 verlangt hatten.

Nicht unter die Mindestlohn-Pflicht fallen Branchen, die den Lohn über allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge geregelt haben sowie Praktika und Arbeit auf Abruf bis zu einer Untergrenze von 70 Arbeitsstunden pro Jahr und Arbeitgeber.

Diskussionen im Vorfeld

Jetzt stellte der zuständige Regierungsrat Kaspar Sutter an einer Medienkonferenz die Verordnung für den Vollzug der Mindestlohn-Bestimmung vor. Für einiges an Diskussionen hatte im Vorfeld der Geltungsbereich geführt. Da ging es um die im eng vernetzten Wirtschaftsstandort Basel-Stadt wichtige Frage, ob und wann auch Angestellte von außerkantonalen Firmen unter die Mindestlohn-Pflicht fallen, wenn sie im Stadtkanton arbeiten.

Die Regierung habe sich hier auf eine zurückhaltende Form des Leistungsortsprinzips abgestützt, das auch in den Westschweizer Kantonen Jura, Genf und Neuenburg sowie im Tessin angewandt werde.

Der Mindestlohn wird demnach zur Pflicht, wenn der Arbeitsort „gewöhnlich“ und „regelmäßig“ in Basel-Stadt liege. Klar sei, dass der Mindestlohn für sogenannte „Entsendete“ aus dem Ausland gelte. Bei der genauen Definition und der Kontrolle des „gewöhnlichen“ Arbeitsorts bestehe allerdings noch Regelungsbedarf in der Praxis, sagte ein Vertreter des Amts für Wirtschaft und Arbeit. Man stehe diesbezüglich mit den Kantonen Genf und Neuenburg in Kontakt. Rechtlich habe man ab er keine Bedenken, zumal die vergleichbare Lösung in Neuenburg bereits eine Prüfung vor Bundesgericht bestanden habe.

Akzeptable Lösung

Die Mindestlohnregelung tritt am 1. Juli in Kraft. Der Stundenlohn von 21 Franken wird jährlich der Teuerung nach einem Mischindex aus dem Landesindex der Konsumentenpreise und dem Lohnindex angepasst.

Die Frage, wie viele Arbeitnehmer ab Sommer mehr Lohn erhalten werden, konnten die Verantwortlichen nicht sagen. In einer Stellungnahme sprechen die Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände von einer „akzeptablen Lösung“. Zwar stehe man dem Mindestlohn nach wie vor ablehnend gegenüber, begrüße aber, dass man sich auf bestehende Rechtsgrundlagen abstützte und beim Leistungsortsprinzip nicht weitergegangen sei.

Erfreut zeigte sich in ihrer Stellungnahme die SP Basel-Stadt. „Basel-Stadt schreibt Mindestlohn-Geschichte“, schreibt die Partei. Auch wenn man ein konsequentes Leistungsortsprinzip befürwortet hätte, stelle die nun vorgelegte Verordnung des Regierungsrates eine gute und praktikable Lösung dar.

Folgen im Blick

Die Basler Wirtschaftsverbände wollen nun wissen, welche wirtschaftlichen Konsequenzen der Mindestlohn hat, wie die Handelskammer beider Basel, der Arbeitgeberverband Basel und der Gewerbeverband Basel-Stadt in einer gemeinsamen Mitteilung schreiben.

Deshalb wollen sie die Auswirkungen auf die hiesigen Arbeitsplätze in den nächsten Monaten und Jahren genauestens beobachten – und möglicherweise politisch aktiv werden, wenn sich Probleme zeigen sollten.

Die nun vorliegende Verordnung würden sie aber nicht weiter bekämpfen, sondern im Dialog mit dem Amt für Wirtschaft alles daransetzen, dass die betroffenen Unternehmen die Vorgaben möglichst ohne große bürokratische Hürden umsetzen können. Dabei erwarten die Verbände entsprechendes Augenmaß, heißt es abschließend.

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