Basel Von der Larve bis zum Latex

Die Oberbadische

Behörde: Im Basler Fundbüro werden auch skurrile Stücke abgegeben / Vieles wird nicht abgeholt

Wer in Basel etwas verliert, für den ist das Fundbüro in der Spiegelgasse erste Anlaufstelle. Dort unternehmen die Mitarbeiter allerlei Anstrengungen, um Abhandengekommenes wieder dem rechtmäßigen Besitzer zukommen zu lassen.

Von Adrian Steineck

Basel. Hinter dem Schalter A ganz links in der Schalterhalle des Passamtes beginnt das Reich von Cyrill Ott und seiner 14 Mitarbeiter – und das Reich der Fundstücke, die immer wieder für Erstaunen sorgen. „Manchmal fragt man sich schon, wie etwas verlorengehen konnte“, sagt Ott und deutet auf den Rollator in einer Ecke des Lagers. „Wenn jemand auf eine solche Gehhilfe angewiesen ist, sollte man doch meinen, derjenige verliert sie nicht.“ Die Fasnachtslarve und -Trommel, die unweit des Rollators zu sehen sind, wirken dagegen fast schon normal. „Solche Dinge werden uns jedes Jahr nach der Basler Fasnacht vorbeigebracht“, schmunzelt Ott.

Er ist der Leiter des kantonalen Fundbüros, das an das Passamt angegliedert ist. Jeden Morgen erhält er von den Polizeiposten in Basel eine oder mehrere verschlossene Boxen, in denen sich die neuesten Fundstücke befinden. Jüngst betrug die morgendliche Ausbeute ein Mobiltelefon und zwei Schlüsselbünde. „Das ist fast schon alltäglich“, meint Ott.

Überraschend sei es aber, wie wenige der durchaus hochwertigen und entsprechend teuren Mobiltelefone tatsächlich abgeholt werden. Zur Bestätigung zieht Ott eine Schublade auf, in der sich fein säuberlich nach Fundmonaten einsortiert und einzeln in Plastikhüllen verpackt Dutzende von Handys finden. „Früher haben wir mithilfe der Sim-Karte durch eine Anfrage beim Bund den Besitzer ausfindig machen können und haben ihn angeschrieben“, erinnert sich der Fundbürochef. Das aber sei vor einigen Jahren aufgegeben worden, weil selbst auf die Anschreiben hin kaum jemand sein Mobiltelefon zurück wollte. Ott sieht das auch als ein Zeichen der heutigen Wegwerfgesellschaft. „Es ist offenbar einfacher, bei der Versicherung den Verlust zu melden und mit der ausgezahlten Summe ein neues Mobiltelefon zu kaufen, als den Weg zu uns zu suchen“, meint er.

Fundstücke bieten auch Aufschluss über Besitzer

Mitunter erhalten die Mitarbeiter des Fundbüros auch ungeahnte Einblicke. Anita Ritschard, die seit 39 Jahren im Fundbüro arbeitet, erinnert sich etwa daran, wie ein Koffer voller Latexsachen gefunden wurde. „Den hat tatsächlich jemand abgeholt, und zwar ein 91-jähriger Senior“, schmunzelt sie. Zu den kuriosesten Fundstücken zählt auch ein Bild aus Honigwaben, das im Lagerraum prompt zu tropfen anfing. Auch könne es schon einmal vorkommen, dass die Mitarbeiter des Fundbüros laut werden müssen – vor allem, wenn sie jemanden am Telefon darüber informieren, dass sein Hörgerät gefunden wurde, erzählt Ritschard. „Was wir ebenfalls relativ häufig haben, sind Eheringe“, sagt die dienstälteste Mitarbeiterin im Fundbüro. Aber sie wolle nicht darüber spekulieren, ob die betreffenden Ehepartner sich gestritten haben.

Auch Geld wird regelmäßig verloren. Das weckt Begehrlichkeiten. „Einmal waren 50 000 Schweizer Franken bei uns abgegeben worden, und als wir den Fund über unser Onlineportal bekanntgaben, haben sich drei angebliche Besitzer gemeldet“, schildert Ott einen Fall.

Geldfunde locken mehrere „Besitzer“ an

Ein „Interessent“ aus dem Elsass hatte sich sogar die Mühe gemacht, erkennbar gefälschte Bankunterlagen als angeblichen Beweis vorzulegen. Ganz so einfach aber ist es nicht, sagt Ott. „Der Besitzer muss sagen können, wo er etwas verloren hat, und im Fall von Geld muss er auch ungefähr sagen können, wie die Scheine gestückelt waren.“ Im geschilderten Fall konnte der tatsächliche Besitzer des Geldes ausfindig gemacht werden, und die ehrliche Finderin durfte sich über den ihr gesetzlich zustehenden Finderlohn von zehn Prozent, also 5000 Franken, freuen. „Hätte sich innerhalb eines Jahres niemand gemeldet, hätte sie den vollständigen Betrag behalten dürfen“, umreißt Ott die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Wie lange etwas aufbewahrt werden muss, richtet sich nach dem Wert einer Sache. Bei Handtaschen etwa sind es in der Regel drei Monate. Wird etwas nicht abgeholt und geht es wie etwa bei Geld nicht zurück an den Finder, landet es im „Ganthaus“ auf dem Dreispitzareal, wo es meist zu Schnäppchenpreisen versteigert wird. Geht etwas auch dort nicht weg, wird es vernichtet. „Da blutet einem schon manchmal das Herz“, berichtet Ott. Aber etwas von den Fundstücken selbst abzuzwacken, das ist für die Mitarbeiter tabu.

     Nähere Informationen finden Betroffene im Internet unter www.bdm.bs.ch.

Im Basler Fundbüro, Spiegelgasse 6, wurden im vergangenen Jahr 2403 Gegenstände abgegeben. Davon konnten 1216 an ihre Besitzer zurückgegeben werden. Das Fundbüro ist zuständig für alles, was nicht in den Fahrzeugen der BVB verloren wurde. Für diese Dinge ist das Fundbüro im Bahnhof Basel SBB die richtige Anlaufstelle.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading