„Im Grunde ist das ein einziges großes Computerspiel – aber eines mit ernstem Hintergrund“, bringt Gisin es auf den Punkt. So stellt er sich bei jeder seiner Aktionen, mit denen er eine Änderung an dem Kunststoffdummy hervorruft, die Frage nach der medizinischen Relevanz. „Im Grunde könnte ich den elektronischen Patienten innerhalb von fünf Minuten so viele wechselnde Gesundheitszustände durchmachen lassen, wie sie jemand in einem Monat nicht erlebt“, macht er deutlich. Das wäre aber wenig zielführend, und so beschränkt er sich an diesem Tag darauf, die Pupillen zu vergrößern sowie Blutdruck, Puls und Bewusstseinszustand zu verändern. Daran sollen der Notarzt und der Rettungssanitäter erkennen, dass bei ihrem „Patienten“ ein Schädel-Hirn-Trauma vorliegt und sie ihn zur sofortigen Operation in die Klinik bringen müssen.
Bei den beiden Probanden handelt es sich um Moreno Futterer, Assistenzarzt Anästhesie und Notarzt, und den Anästhesiepfleger und Rettungssanitäter Andreas Haug. Die beiden haben sich zuvor noch niemals gesehen. Zunächst geht es darum, den Hals des „Patienten“ mit einer Stütze zu stabilisieren, noch bevor dieser von dem verdrehten Fahrrad befreit wird, das seine Beine umschließt. Futterer legt die Halskrause an, um zu verhindern, dass durch die liegende Position eventuell ein Halswirbel geschädigt wird und eine Lähmung droht. Dann erst können Futterer und sein Kollege Haug das Hemd des elektronischen Patienten öffnen, damit sie überhaupt an den Oberkörper herankommen und diesen untersuchen können.
Gisin stöhnt derweil von seiner Position im Kontrollraum aus immer wieder in ein Mikrofon. Die Geräusche des Erbrechens löst er per Knopfdruck aus. Auch wenn Gisin wie auch die beiden auf die Probe Gestellten ihre Ruhe niemals verlieren, wirkt die Situation auf den unbeteiligten Zuschauer beklemmend. „Die Mediziner vergessen nach kurzer Zeit völlig, dass sie mit einem künstlichen Patienten arbeiten und es in diesem Fall nicht um Leben und Tod geht“, schildert Gisin seine Erfahrungen.