Basel Wie gut geölte Körpermaschinen

Die Oberbadische
Szene aus „Salt Womb“ von Sharon Eyal mit Tana Rosás Suñé und das Ensemble Ballett des Theaters Basel Foto: zVg/Lucia Hunziker Foto: Die Oberbadische

Ballett: „Salt Womb“ von Sharon Eyal im Basler Schauspielhaus / Spektakuläre Leistung des Ensembles

Von Jürgen Scharf

Basel. Hier wuchtige Körperwelten zu hämmernden Techno-Beats, dort rätselhafte Bilder von Menschen: Aus ganz verschiedenen Bewegungssprachen bezieht der Tanzabend des Basler Balletts im Schauspielhaus seine Gegensätzlichkeit und Spannung.

Von der Israelin Sharon Eyal, einer der zurzeit angesagtesten und gefragtesten Choreografinnen, sieht man das 2016 entstandene Tanzstück „Salt Womb“. Die Starchoreographin arbeitet zusammen mit ihrem Partner, dem Multimedia-Event-Designer Gai Behar, fast ausschließlich zu Techno-Musik. Eyal und der Musiker und DJ Ori Lichtik, der für ihre Stücke die Sounds beisteuert, sind von Techno-Clubs und Underground Raves in Tel Aviv inspiriert. Ihre neuartige Tanzsprache, die ein dystopisches Gesellschaftsbild entwirft, ist aktuell enorm gefragt.

Wie gut geölte Körpermaschinen bewegen sich die Tänzerinnen und Tänzer in „Salt Womb“. Jeder Muskel, jede Körperlinie definiert und von Spots auf der dunklen Bühne ausgeleuchtet, wirken die Frauen in hautengen schwarzen Trikots und die Männer in Miedern wie beim Training im Body Building-Studio.

Hart, kantig, scharf in den Bewegungen und von atemberaubender Präzision in der synchronen Körpersprache werden die im Halbkreis stehenden Tänzer von einem Solisten in der Mitte der Bühne aufgepeitscht und vorangetrieben - zu einem gleichbleibenden, extrem lauten Techno-Sound.

Die elektronischen Bässe fahren in den Magen, während sich die Tänzer in elementare Körperskulpturen verwandeln. Pulsierende, bebende Körperlandschaften von muskulärer Kraft. Immer wieder schert eine oder einer aus dieser Menge aus, verfällt in heftige Zuckungen und verzerrte Bewegungen. In die stampfenden Rhythmen und wummernden Bässe mischt sich bedrohliches Sirenengeheul. Die sich mit ungeheurer Motorik und geballter Dynamik wie in einer Körperfabrik bewegenden Tänzer lassen die düstere Vision einer aufgepeitschten und von bestimmten Mächten getriebenen Gesellschaft entstehen.

Das ist gleichermaßen faszinierend wie beklemmend, und für empfindliche Zuschauer auch mit Ohrstöpseln nur schwer auszuhalten. Gleichwohl überwiegt die Bewunderung für die spektakuläre Leistung des Ensembles, das in diesen maschinenhaften Bewegungsmustern körperlich bis an die Grenzen gefordert ist. Auf Dauer entwickeln diese monotonen Bewegungsabläufe einen hypnotischen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann.

Im zweiten Teil ist eine Neukreation zu sehen, die mit dem Basler Ballett frisch erarbeitet wurde: die Uraufführung von „Without Absorbing It“ von Bryan Arias. Dem Amerikaner, der im Nederlands Dans Theater getanzt und mit legendären Choreografen wie Jiri Kylian gearbeitet hat und von diesem auch beeinflusst ist, kann man eine gewisse Nähe zum Theatralischen, zu leicht melancholischen Tanzbildern, nicht absprechen.

Gleichwohl ist das Tanzstück dieses Newcomers und Ausnahmetalents kein narratives Handlungsballett, sondern lässt vieles offen in der Beziehung zwischen Menschen. Die Tänzer in schwarzen Hosen mit nacktem Oberkörper, die Tänzerinnen mit transparenten Oberteilen verschmelzen mal zu Gruppen, driften auseinander, kommen und gehen, finden immer wieder paarweise zusammen.

Im Gegensatz zu Eyal kommt die Choreografie von Arias im abstrakt-minimalistischen Bühnenraum zu New Age- und Minimal Music weicher und fließender in den Bewegungen daher. Bilder von Menschen auf der Flucht kommen einem in den Sinn, aber auch von Menschen, die auf der Suche nach Nähe sind. Eine raffinierte Wirkung haben zwei große Spiegel, welche die Tanzszenen reflektieren.

Dass es um zwischenmenschliche Kommunikation geht, zeigt der Schluss mit langen Duo-Parts und überraschenden Sprechpassagen des Solotänzers Frank Fannar Pedersen: Reflexionen des Menschseins, mit den Mitteln des modernen Tanzes gespiegelt.   Weitere Aufführungen: 12., 20. und 28. März, Infos: www.theater-basel.ch

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