^ Basel: Zwei Giganten - Basel - Verlagshaus Jaumann

Basel Zwei Giganten

Die Oberbadische

Ausstellung: Bacon und Giacometti in der Fondation Beyeler

Von Gabriele Hauger

Riehen. Sie schätzten sich, hatten eine innige, aber auch rivalisierende Beziehung zueinander, inspirierten sich gegenseitig und pflegten freundschaftliche Kontakte zum Gründer der Fondation, Ernst Beyeler: Alberto Giacometti und Francis Bacon. Nun werden rund 100 Werke der beiden Ausnahmekünstler in der großen Sommerausstellung des Museums einander gegenübergestellt – Schlüsselwerke sowie Arbeiten aus Stiftungen und Privatsammlungen, auch erstmals gezeigte Gipsabdrücke von Giacometti-Köpfen.

„Diese Ausstellung ist ein Ereignis“, zeigte sich Mit-Kurator Ulf Küster bei der gestrigen Pressevorschau überzeugt. Zwei Giganten würden hier erstmals parallel gewürdigt. Eine Kombination, die erstaunliche Parallelitäten zu Tage fördert, wie man beim Rundgang durch die thematisch gegliederte Schau erstaunt feststellt. Genau dies ist die Absicht der Präsentation. Hier stehen sich zwei Künstler auf Augenhöhe gegenüber, die zwar nicht zusammen arbeiteten oder sich gar kopierten, die aber beide aufmerksam das Wirken des anderen verfolgten.

Beide versuchten Antworten auf die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs zu finden, beide hielten an der menschlichen Figur fest, beide beeinflussten mit ihren schöpferischen Visionen die Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie studierten und paraphrasierten die alten Meister. Sie interessierten sich für die mehrdimensionale Darstellung des Raums und isolierten ihre Figuren in käfigartigen Gebilden. Zudem entwickelten sie ein ausgesprochenes Faible für das Porträt und befassten sich mit deformierten Körpern. Liebe, Sex, das Leben insgesamt, aber auch verstörende Gewalt, Zerstörung, Einsamkeit und der Tod spielen in ihren Arbeiten eine große Rolle. Eine erstaunliche Liste an Parallelen, die sich da auftun.

Im ersten dokumentarisch angelegten Raum präsentieren Fotografien die beiden Künstler, zeigen sie im Gespräch oder bei Treffen mit Ernst Beyeler, der von beiden begeistert war und mehrere ihrer Werke kaufte.

Ein kleines Interieur, durchzogen von einem Schuss Ironie, stimmt anschließend auf die Schau ein. Die Maske mit riesiger Nase von Giacometti, eingefangen in einem käfigartigen Gebilde, deutet quasi auf das dahinter hängende Bacon-Porträt eines Papstes mit grotesk aufgerissenem Mund. Das verzweifelte Wesen des gefangenen Menschen, der sich in einem Schrei Bahn bricht, wird dem Besucher noch mehrfach begegnen.

Der nächste Raum zeigt Porträts von der englischen Künstlerin Isabel Rawsthorne, die die beiden Künstler miteinander bekannt machte und Muse beider war. Sie inspirierte Giacometti zunächst zu immer kleineren Figuren. Er wollte die Frau so darstellen, wie bei ihrem Anblick aus der Ferne. Von diesem Zwang zur Kleinheit löste sich der Künstler erst in einem Prozess, der wieder mit ihr verbunden war. Dem gegenüber sehen wir das Dreierporträt Bacons von Isabel: eine Frau – zwei Perspektiven.

Es folgt eine Gegenüberstellung der Porträts Bacons mit einer Auswahl gemalter und plastischer Porträts von Giacometti. Ist bei Bacon alles expressiv, extrovertiert, verzerrt, dynamisch und frappierend, kommen Giacomettis Arbeiten auf den ersten Blick zurückhaltend daher. Doch auch ihnen wohnt in all ihrer Starrheit ein beunruhigender Zwang inne. Die oft bleiche Farbe, die sichtbaren Spuren, die die Werkzeuge des Künstlers auf ihnen hinterlassen haben, können als Verletzung und Druck interpretiert werden, der auch auf Giacometti selbst lastete. Denn dieser zweifelte stets an sich und seinem Können.

Geradezu bombastisch präsentiert sich der große Saal, der laut Küster wohl noch nie so stimmig und wirkungsvoll inszeniert wurde wie in dieser Ausstellung. Die kolossalen Triptychen Bacons und die übermannsgroße Skulpturen-Gruppe – unter anderem mit „L’Homme qui marche“ mit seiner charakteristischen stehenden Bewegung – sind schlicht beeindruckend. Bacon Bewegungsstudien verschlungener Körper auf einem Bett mit ihrem dynamischen Farbverlauf und den Pfeilen, die auf diese Dynamik verweisen, überschreiten Grenzen.

Zum Abschluss verschafft ein origineller Multimediaraum Einblick in die – vor allem bei Bacon – sehr chaotischen und sehr kleinen Ateliers der beiden Künstler mit Projektionen, denen die Stimmen der beiden Protagonisten unterlegt sind.

29. April bis 2. September, 10 bis 18 Uhr, Mi bis 20 Uhr; bis 25 Jahre frei, Ermäßigungen Mo und Mi

18. Mai, 18.30 Uhr: Vortrag von Eberhard W. Kornfeld: „Alberto Giacometti. Eine Erinnerung“.

30. Mai, 19 Uhr: Vortrag (englisch) von Michael Peppiatt, einem Freund Bacons

7./8. Juli: Körperlicher Dialog zur Erkundung des Grotesken von Emma Portner, Choreografin und Tänzerin.

Es gibt einen ausführlichen Katalog und einen Kinder Audio-Guide

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading