Doch Mozarts Klaviersonate KV 330 entschädigte, weil Kim hier zeigte, dass er drauf und dran ist, ein beachtlicher Mozart-Spieler zu werden. Sein Mozart klang unverzärtelt und hatte apollinische Klarheit, war ein Beispiel für musikalische Integrität, Noblesse, ja Understatement.
Der Rest war extremes Virtuosenprogramm, bei dem er sich mit der Klavierkonkurrenz messen musste, aber diesen Vergleich bestens bestand. Skrjabins zweisätzige Sonate Nr. 2 ging Kim mit großem Ernst an und zeigte sich den klavieristischen Anforderungen mehr als nur gewachsen. Sein Vortrag ist differenziert und seine Anschlagskultur delikat.
Dichtkunst am Klavier
Überhaupt scheinen technische Schwierigkeiten für ihn nicht zu existieren, weder in den berühmten Chopin-Etüden wie der Revolutionsetüde, bei denen er Feingefühl für diese Klavierdichtkunst bewies, noch in den Tonbildern von Franz Liszt wie „Mazeppa“ oder der Gespensterspuk-Etüde „Wilde Jagd“ aus den „Etudes d’exécution transcendante“.
Julian Kim erstaunt hier mit seiner enormen Fingerfertigkeit und spieltechnischen Griffsicherheit. Das ist alles technisch perfekt, rhythmisch prägnant, ein effektvolles Tastengewühle. Bei einem weiteren Reifeprozess wird dieses Ausnahmetalent sicher noch mehr hinter die Oberflächenbrillanz der romantisch-virtuosen Musik blicken.
Da stellte sich also ein Klaviervirtuose von morgen vor, der einen überwältigenden Eindruck auf die Zuhörer hinterließ.