Binzen Abendmusik in der Kirche begeistert

Tonio Paßlick
In der Laurentiuskirche musizierten der Kirchenchor Binzen und das hochkarätig besetzte adhoc-Orchester unter der Leitung von Brigitte Schnabel. Foto: Tonio Paßlick

Besucherstrom nach zwei Jahren Pause

Es hätte das 50-jährige Jubiläum der Binzener Abendmusiken nach Epiphanias werden können – wenn die Pandemie nicht ein zweijähriges Loch in die Tradition gerissen hätte. So bewies die voll besetzte Laurentiuskirche am Samstag und Sonntag, mit welcher Sehnsucht die Fortsetzung dieser beliebten Reihe erwartet wurde.

Von Tonio Paßlick

Binzen. Dirigentin Brigitte Schnabel hatte mit Auszügen aus Kantaten von Johann Sebastian Bach, Antonio Vivaldi und Felix Mendelssohn-Bartholdy sowie der einleitenden „Kleinen Orgelsolomesse“ von Joseph Haydn ein vielschichtiges, dramatisch leuchtendes und bewegendes Programm für die 48. Auflage mit dem Binzener Kirchenchor und einem adhoc-Orchester vorbereitet.

Mit großem Erfolg, obwohl die Sopranistin Susanne Hagen und Organist Florian Metz auch als Tenor kurzfristig für erkrankte Akteure einspringen mussten. Geschickt war die 15-minütige und sehr kurze „Missa brevis“ von Haydn vorangestellt worden. Im Gloria und Credo hatte der Komponist den gesamten Text auf vier Stimmen verteilt, so dass der lange Gloria-Text auf 19 Takte konzentriert werden konnte. Das erfordert eine ausgeprägte rhythmische Sicherheit, auch in der fugierten Führung des Sanctus. Der Chor löste diese Herausforderung gleich zu Beginn sicher und souverän und verlieh dem beliebten Werk durch eine subtil abgestufte Dynamik gleichzeitig eine hohe melodische Ausdruckskraft. Anmutige Sopran- und Orgelsoli von Sabine Hiller-Dürk und Florian Metz verwöhnten das Ohr im Benedictus.

Stimmig gespannte musikalische Bögen

Antonio Vivaldi hat sein „Magnificat“ in g-moll, den Lobgesang Mariens aus dem Lukas-Evangelium, mehrfach vertont und als KV 610 auch an einen gemischten vierstimmigen Chor angepasst. Musikalisch entsprachen die dynamischen Bögen den textlichen Inhalten, aufgeteilt in neun sehr unterschiedliche Sätze. Langsam aufwärts strebende chromatische Linien im ersten Satz begegneten großen Sprüngen und einer dichten Folge imitierender Einsätze im zweiten, bevor der Chor im vierten Satz mit prachtvoller Klangfülle glänzen konnte. Im sechsten Satz besangen die beiden Sopranistinnen schlicht und bewegend wie „die Hungernden beschenkt werden und die Reichen leer ausgehen…“.

Im vorletzten Satz übernahmen die beiden Oboen schöne Obligato-Rollen, und im achten Satz wurde der Kirchenraum mit einem zuversichtlichen Trio der drei Oberstimmen und zwei obligaten Oboen erfüllt. Das abschließende „Gloria Patri“ nahm das Eingangsthema wieder auf, verklärte es in einer doppelfugigen Melodie und beschloss es mit einem harmonischen „Amen“ – ein leuchtendes Klangfresko mit kraftvollen Farben und Formen. Zwei Ausschnitte der Kantate BWV 42 „Am Abend desselbigen Sabbats“ von Johann Sebastian Bach umrahmten die Kantate „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Dramaturgisch geschickt, da die Sinfonia in D-Dur im Stil der Brandenburgischen Konzerte mit dem doppelchörigen „concerto a due cori“ dem Orchester Gelegenheit gab, sowohl im Streicher- als auch Bläserbereich zu glänzen.

Streicher und Holzbläser glänzen gleichermaßen

Die Streicher mit Angelika Balzer am ersten Pult spiegelten sich in einem „concertino“ der Holzblasinstrumente. Der Mittelteil begann mit einem gesanglichen Motiv für Oboen und Fagott, das Bach selbst mit „cantabile“ bezeichnete. Virtuos brillierte die Fagottistin Julia Marion im Wechsel mit den Oboisten Ingo Balzer und Valérie Gäumann.

Für Mendelssohn-Bartholdy war die Bach’sche Kirchenmusik Maßstab und Inspiration zugleich. Den anspruchsvollen zweiten Satz bewältigte der Chor mit Bravour: Der Cantus firmus lag im gut besetzten Bass, die anderen Stimmen bewiesen beeindruckende Sicherheit. Kontrapunktische Künste kontrastierten mit kantabler Melodik. Chor und Dirigentin verdienen Anerkennung für diese souveräne Umsetzung. Mit einem schlichten Choralsatz über den Luthertext „Verleih uns Frieden gnädiglich“ endeten Bachs Kantate und zugleich das Konzert, gleichsam eine in mächtige polyphone Klänge gegossene Hoffnung auf eine friedlichere Welt.

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