Binzen Rebellische Namensgeber gewählt

Weiler Zeitung

Fasnacht: „Binzemer Thonnerknaben“ sehen sich in der Tradition der Auflehnung gegen die Obrigkeit

Bereits in den 1920er-Jahren gab es aktive Narren in Binzen. Ein Foto vom Lörracher Fasnachtsumzug im Jahr 1928 zeigt eine Fasnachtsgruppe aus der Kandertalgemeinde. Die Gründung einer Narrenzunft erfolgte allerdings erst im Jahr 1976.

Von Ralph Lacher

Binzen. Somit wird in der Kampagne 2020, die an Dreikönig begann, das närrische Schnapszahl-Jubiläum 44 Jahre Narrenzunft gefeiert.

17 Jahre nach der Narrenzunft-Gründung entdeckten die geschichtsbewussten Fasnächtler um ihren damaligen Oberzunftmeister und heutigen Ehrenoberzunftmeister, Markus Breitenfellner, die Figur des „Thonnerknaben“. Der Namensgeber für die Zunft, erstmals 1478 historisch verbürgt, ist zwar keine Narrengestalt, steht aber für mutige Bürger Binzens, die sich im 15. Jahrhundert gegen Ungerechtigkeiten der Obrigkeit auflehnten.

Und da Narren bekanntlich auch gerne die Obrigkeit und ihre Versäumnisse auf die Schippe nehmen, hat die Figur des „Thonnerknaben“ Bezug zur Narretei. Deshalb entschieden sich die Binzener Narren im Frühjahr 1993 für diesen Namen. Das Wappen, das sich mit der Thonnerknaben-Figur an einem alten Gebäude in der Koppengasse befindet, ist Grundlage für das Kostüm der „Thonnerknaben“ um den heutigen Oberzunftmeister Oliver Müller.

Die „Thonnerknaben“, so ergaben die Recherchen der Fasnächtler, erhoben sich 1478 gegen den berüchtigten „Tollen Hans von Baldegg“, einen adligen Lehnsherren, der drei Binzener tötete und willkürlich die Felder der Bauern im Dorf zerstörte. Die „Thonnerknaben“, so die Überlieferung, fingen mehrfach bewaffnete Boten ab, nahmen sie gefangen und hielten sie im Vogthaus im alten Dorfkern fest. Wie alle vergleichbaren „Bürgerproteste“ des ausgehenden Mittelalters endeten diese Aktivitäten mit dem blutig niedergeschlagenen „Bauernkrieg“ 1525. Inwieweit die „Thonnerknaben“ daran noch beteiligt waren, ist nicht belegt.

Bürgerproteste im ausgehenden Mittelalter

Die Spannungen zwischen arm und reich, zwischen politisch mächtig und ohnmächtig, die seinerzeit die „Thonnerknaben“ auf die Barrikaden rief, ist letztlich auch eine der Themen der Fasnacht heutiger Prägung, betont man bei der Narrenzunft. In der Fasnachtszeit wurde es stets toleriert, dass sich der „kleine Mann“ kritisch-närrisch mit der Obrigkeit auseinandersetzte.

Der Narrenzunft gehören aktuell drei Fasnachtscliquen an: die „Häx vo Binze“ als älteste Formation, dazu die „Chirsi“ (gegründet 1975) und die „Schdrauchöpf“ (1979). Die 1984 gegründeten „Mühligeischter“ trennten sich 2007 von der Zunft.

Einige Jahre gab es auch eine Guggemusik, die „Rhythmä Dätscher“, die sich später nach Rümmingen orientierte und sich dort nach einigen Jahren auflöste.

Bei der Gründung im Jahr 1976 gab es die „Häx“, dazu die „Dickchöpf“, Vorläufer der „Schdrauchöpf“, und die „Chirsi“. Erster Oberzunftmeister war Robert Knoll. Es folgten Kurt Kielholz, Markus Breitenfellner, Uwe Kammerer, Dietmar Weiss, Bernd Netzlaff und vor knapp zwei Jahren Oliver Müller.

Regelmäßige Aktivitäten der Narrenzunft und ihrer Cliquen sind das Narrenbaumsetzen, der Zunftabend und ein Sonntagsumzug seit dem Jahr 2003. Zuvor hatte es fast 20 Jahre lang einen großen Nachtumzug gegeben. Er wurde aufgegeben, weil vor allem der sicherheitstechnische Aufwand nicht mehr zu stemmen war.

Im Jahr 1998 war die Narrenzunft anlässlich ihres 22-jährigen Bestehens Ausrichter des Vogteitreffens des „Verband Oberrheinischer Narrenzünfte“ (VON), in dem Ehrennarr Fritz Schleith lange Jahre im Brauchtumsausschuss aktiv war.

Tausende von Narren kamen seinerzeit zu mehreren Umzügen und Fasnachtsanlässen nach Binzen.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading