Bonhoeffer-Vortrag in Schopfheim Der Aufbruch in den Widerstand

Jürgen Scharf
Martin Mybes, Referent und Geschäftsführer des Evangelischen Sozialwerks Wiesental, freute sich über die Chance, die Bonhoeffer-Ausstellung für eine Woche in sein Haus zu bekommen. Foto: Jürgen Scharf

Der zweite Vortragsabend im Gedenken an den Theologen und Pazifisten Dietrich Bonhoeffer fokussierte sich auf dessen Zeit im Widerstand gegen das NS-Regime. Dazu passend gab es eine Ausstellung zu seinen Lebensstationen.

„Die Welt starrt in Waffen... die Kriegsfanfare kann morgen geblasen werden... Worauf warten wir noch? Wollen wir selbst mitschuldig werden wie nie zuvor?“ Ein Zitat, das klingt, wie auf die aktuelle Weltsituation gemünzt. Es stammt aber von Dietrich Bonhoeffer, einem Opfer des Nationalsozialismus.

Für Martin Mybes, der am Montag seinen zweiten fundierten, verständlichen und gut gegliederten Vortrag über die Lebensstationen des wegweisenden Theologen in der Zeit von 1933 bis 1945 hielt, ist Bonhoeffer ein „vom christlichen Glauben erfüllter Pazifist“.

Volles Haus

Nachdem der erste Teil der Vortragstrilogie, der die Kindheit und Jugend von Bonhoeffer skizzierte, gut angekommen war, waren bei der zweiten Veranstaltung im Saal des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses alle Stühle besetzt. „Ein volles Haus, damit habe ich nicht gerechnet“, freute sich Mybes, Geschäftsführer des Evangelischen Sozialwerks Wiesental. 70 Gäste zu einem nicht gerade einfachen Thema begrüßen zu können, zeugt von einem großen Interesse an Bonhoeffer.

Für viele Zuhörer war bereits die Auftaktveranstaltung so interessant und spannend, dass sie sich die Fortsetzung nicht entgehen lassen wollten. Zusätzlicher Anreiz war vielleicht auch eine temporäre Ausstellung über die Lebensstationen von Bonhoeffer mit Zeittafeln, Texten und historischem Fotomaterial – also eine Dokumentation genau zum Thema passend.

Zeit in London und Amerika

Der Referent streifte Bonhoeffers Studium, die ersten wissenschaftlichen Arbeiten und seine Zeit in London und Amerika. Bald stand die Frage im Raum: War Bonhoeffer ein Widerstandskämpfer? Kann man ihn mit einer Sophie Scholl vergleichen und wie sah Bonhoeffers Pazifismus aus?

Mybes zitierte in dem mit vielen Abbildungen und eingeblendeten Textpassagen bebilderten Diavortrag Bonhoeffers Merksätze über den Krieg und theologische Aussagen („Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist“). Beschrieben wurde Bonhoeffers Weg zur Bekennenden Kirche (um Martin Niemöller und Karl Barth), sein Pfarramt in London, seine Liebe zu Maria von Wedemeyer – sie war 18, er 36, also ein großer Altersunterschied – und sein Aufbruch in den Widerstand. (Die vielen Briefen der Verlobten während Bonhoeffers Haftzeit wurden veröffentlicht unter dem Titel „Brautbriefe Zelle 92“).

Man konnte nur staunen über diese Begegnung des „blitzgescheiten und etwas verkopften Theologen“ mit der jungen Frau. Die Kopie des Originals des handgeschriebenen Gedichts „Von guten Mächten“ für Maria in der Weihnachtspost aus dem Gefängnis Berlin-Tegel berührt sehr. Nachdem Bonhoeffer, der mit klaren Worten vor dem Zeitgeist warnte, in einem Rundfunkbeitrag vom 1. Februar 1933 zum „Führerbegriff“ sprach und ausführte, dass ein „Führer“ zum „Verführer“ werden könnte, musste damit gerechnet werden, dass irgendwann ein Rede- und Publikationsverbot folgte.

Große Wertschätzung

Neu für viele Zuhörer war sicher Bonhoeffers Zeit in London und die Wertschätzung, die ihm in England entgegengebracht wird. Das geht so weit, dass sogar eine realistische Bonhoeffer-Skulptur an der Westfassade der Westminster Abbey in London in die Mauer eingelassen ist – wie auch die von Maximilian Kolbe und Martin Luther King.

Drei Lieder von Paul Gerhardt, die Bonhoeffer während seiner Haft beschäftigt haben, wurden gemeinsam gesungen, begleitet von Maximilian Noller an der Hausorgel, der noch Motive aus Bachs Johannespassion und eine Improvisation über die Melodie von Bonhoeffers bekanntestem Lied spielte. Mit nachdenklichen Worten von Dietrich Bonhoeffer wurde der Abend beendet.

Der dritte und abschließende Teil der Vortragsreihe findet am Todestag von Dietrich Bonhoeffer, Montag, 9. April, 18.30 Uhr, statt. Zu sehen ist dann der Film „Bonhoeffer – Die letzte Stufe (Agent of Grace)“: ein Filmabend mit Begegnung und Gespräch.

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