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Curling „Es ist definitiv eine Passion“

Michael Hundt
Curlerin Josephine Obermann vertritt Deutschland bei der Mixed-WM in Aberdeen. Foto: /Michael Hundt

Grenzach-Wyhlen und Sport, das ist vor allem im Frühjahr, im Sommer und im Herbst ein buntes Treiben auf den Plätzen und in den Hallen. Im Wintersport hat das achtgrößte Dorf Baden-Württembergs auch ein Aushängeschild: Curlerin Josephine Obermann.

Bei der Mixed-WM der Curler Mitte Oktober in Aberdeen wird Josephine Obermann mit die deutschen Farben vertreten. Am Wochenende startet das Mixed-Team zur Vorbereitung bei einem großen Turnier in Basel – da als „Team José Carreras“.

Frau Obermann, wie kommt man in Grenzach-Wyhlen zum Curlen?

In Grenzach-Wyhlen nicht, aber in Basel. Ich habe tatsächlich meinen Studienort oder meinen Arbeitsplatz danach gewählt, dass ich weiter Curling spielen kann.

Wann haben Sie mit dem Curling angefangen?

Da war ich 13. Ich bin jetzt 40. Also vor 27 Jahren. Ich komme aus der Nähe von Baden-Baden. Da war mal ein kanadischer Militärstützpunkt. Die Kanadier haben dort eine Eishalle und eine Curlinghalle gebaut. In meinem Heimatort gibt es also tatsächlich einen der wenigen Curling-Klubs in Deutschland. So bin ich zum Curling gekommen.

Curling ist eine Sportart, die eigentlich nur während der Olympischen Spiele in den Fokus der Öffentlichkeit gerät. Woran liegt das?

Gute Frage. Wenn der Deutsche Curling-Verband das wüsste, dann könnte er an der richtigen Stellschraube drehen. Es wird wenig gefördert. Dadurch wird es schwierig, erfolgreiche Teams zu ziehen. Es gibt die Möglichkeit, bei der Bundeswehr zu bleiben, Geld zu verdienen und den Sport auszuüben. Das habe ich auch gemacht. Es gibt aktuell Teams, die nach wie vor in der Sportfördergruppe sind. Die touren auch und haben Potenzial. Aber es ist und bleibt eine Randsportart. Wir haben kaum Hallen und das ist das größte Problem.

Was ist für Sie das faszinierende am Curling? Was hat Sie all die Jahre beim Curling gehalten?

Es ist definitiv eine Passion. Dadurch, dass es eine Randsportart ist, ist es für mich relativ teuer. Wir haben kaum Förderung bekommen. Bis zu meiner Schwangerschaft war ich noch in der Nationalmannschaft. Die Topteams werden mittlerweile ganz gut gefördert. Aber für die Mixed-WM gibt es keine Förderung, weil es nicht olympisch ist. Da musste ich sogar mein Deutschland-Trikot selbst bezahlen. Warum Passion? Weil es ein unglaublich faszinierender und schöner Sport ist. Beim Curling ist es so, dass man sich untereinander unglaublich gut kennen muss. Die Topteams spielen oft seit Jahren zusammen und kennen sich gut. Dann ist es so faszinierend, dass man vier verschiedene Charaktere braucht, um als Team zu harmonieren. Das macht es auch unwahrscheinlich spannend. Als Skip musst du ein ganz anderes Mindset haben als die Drei oder als der Einser. Wenn sich diese Charaktere finden und funktionieren, dann ist es einfach nur schön.

Welche Position spielen Sie?

Ich spiele jetzt die Drei, also die Position, die viel kommunizieren muss. Die Drei kommuniziert insofern viel, weil sie das Bindeglied zwischen dem Skip und dem Frontend ist. Die Drei muss spielerisch ein Allrounder, aber auch sehr offen sein. Der Skip muss auch ein Allrounder sein, ist auch sehr offen, ist aber ein sehr ruhiger, strategisch denkender Mensch.

Kann man Curling durchaus als Schach auf dem Eis bezeichnen?

Ja, das ist auch der gängige Ausdruck. Es ist wahnsinnig viel Taktik dabei. Strategie spielt eine große Rolle.

Wie gut muss man in Physik sein?

Ich würde sagen, dass man in Physik nicht sehr gut sein muss. Aber es hilft, wenn man ein bestimmtes Verständnis für Eisverhältnisse, die Luftfeuchtigkeit et cetera hat. Aber dafür brauche ich keine Physik. Ich war nicht gut in Physik.

Was ist die ideale Temperatur zum Curling?

Die Innentemperatur so bei sieben Grad kurz über dem Eis.

Hartes oder weiches Eis?

Das kann man so nicht sagen. Da kommt es eher auf die Oberfläche an, wie gut die Pebbels sind. Das wird nicht aufgetragen wie beim Eishockey, sondern das muss ganz langsam gefrieren und wird Schicht für Schicht aufgetragen. Es ist extrem wichtig, dass die Fläche ganz eben ist. Bei der letzten Schicht geht man dann mit einer Gießkanne drüber. Dann sind lauter kleine gefrorene Tropfen auf dem Eis. Die nennt man Pebbles. Darauf läuft der Stein. Der Stein ist konkav und läuft auf einem dünnen Ring. Wenn das Eis und der Stein glatt wären, hätte man eine viel zu große Reibung auf dem Eis.

Sie spielen in einem Mixed-Team. Kommen Ihre Mannschaftskollegen auch aus der Gegend?

Nein. Ich muss sagen: Wir sind ein Spaß-Team. Wir kennen uns, seit wir Kinder sind. Die Jungs Felix Schultze und Sven Goldemann leben in Hamburg und haben 2014 auch an den Olympischen Spielen teilgenommen. Constanze Ocker ist eigentlich Halb-Österreicherin und hat immer für Österreich gespielt. Sie hat dann zwei Jahre pausiert und durfte dann für Deutschland spielen. So haben wir uns gefunden.

Wie trainieren Sie dann zusammen?

Eigentlich gar nicht. (lacht) Darum war es fast schon ein Wunder, dass wir die Deutsche Meisterschaft gewonnen haben. Wir haben jetzt vor der WM nur ein Vorbereitungsturnier am Wochenende in Basel.

Sie treten beim Turnier in Basel als „Team José Carreras“ an. Warum?

Wir haben eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Wenn wir schon noch mal etwas präsenter sind für alle, dann nutzen wir das und sammeln Spenden. Mein Team hat kürzlich in Kitzbühel gespielt. Da hat Sebastian Jacoby für uns gespielt. Durch seine hohe Präsenz im Internet unterstützt er uns , was uns bei der Aktion hilft.

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