Die Bauern im Rebland protestieren. Immer mehr Klein-Klein bei Bürokratie

Jutta Schütz, Daniel Hengst und Alexander ­Anlicker
Etwa 200 Traktoren sowie rund 400 Landwirte und Unterstützer trafen sich zur Abschlusskundgebung in Efringen-Kirchen. Foto: Daniel Hengst

Die Proteste der Landwirte gegen die Bundespolitik gehen weiter. Der Kreisverband Lörrach des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands hat zu einer Sternfahrt und abschließender Kundgebung mit Mahnfeuern eingeladen.

Die Landwirte demonstrierten am Donnerstagnachmittag bis in den Abend hinein mit einer Sternfahrt und trafen sich in Efringen-Kirchen. Rund 200 Traktoren waren insgesamt in Höllstein bei der Wiesentalhalle, am Sportplatz in Wollbach, beim Hofgut Kaltenherberge in Kandern und bei der ZG Raiffeisen Technik in Weil-Haltingen gestartet.

„Ich liebe mein Land, aber ich schäme mich für meine Regierung.“ „Ohne Landwirte wärst du hungrig, nackt und nüchtern.“ „Gleiche Standards für Lebensmittel-Importe“. Das waren nur einige der Aufschriften auf Plakaten. Organisiert hatte die Sternfahrt der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) um seinen Lörracher Kreisvorsitzenden Heinz Kaufmann. Kaufmann sprach auf der Abschlusskundgebung zusammen mit Efringen-Kirchens Bürgermeisterin Carolin Holzmüller und dem FDP-Bundestagsabgeordneten Christoph Hoffmann.

„Es kann nicht sein, einen Haushalt zu beschließen, der nicht gedeckt ist, und dann meinen das Geld bei den Landwirten hereinzuholen“, sagte der BLHV-Kreisvorsitzende Kaufmann.

Diese Landwirte starten bei der Kaltenherberge zur Sternfahrt. Foto: Jutta Schütz

Christoph Hoffmann entschuldigte sich bei Landwirten und Bürgern für die Politik. So seien die Kürzungen bei Agrardiesel und Kraftfahrzeugsteuer gar nicht durch den zuständigen Agrarausschuss des Bundestags gegangen. „Wir sind den Bauern dankbar, dass wir durch sie jeden Tag etwas zu Essen auf dem Tisch haben“, betonte er.

Rund 70 Landwirte, Winzer und Obstbauern hatten sich beim Start an der Kaltenherberge getroffen. Der Protest sei auch für jeden Bürger, der von immer mehr Klein-Klein in bürokratischen Vorschriften und Regulierungen genervt sei. „Als Landwirt verbringe man Stunden um Formulare auszufüllen“, hieß es. „Von Bürkokratieabbau reden die Regierungen seit Jahren, es kommt aber immer mehr oben drauf“, fand Fritz Höferlin aus Tannenkirch. Man protestiere für eine Zukunft, die man planen können müsse und zwar langfristig und nicht nur von Jahr zu Jahr, so Rainer Homberger, ebenfalls aus Tannenkirch. Als Vorbild wurde die Schweiz angeführt: Die wisse, was man an der Landwirtschaft habe, waren sich die Landwirte einig. Höferlin befürchtet, dass in einer sehr ernsten Krise, dann , wenn immer mehr Landwirte aufgegeben haben“, auf einen Schlag nichts mehr da ist vor Ort, mit dem man die Bevölkerung versorgen könnte. Auf Importe müsse man dann auch nicht setzen, mahnte er. Stichwort Importe: „Wir können nicht konkurrieren mit Ländern wie Spanien, in denen der Mindestlohn die Hälfte von unserem beträgt und die Lebensmittel unter schlechteren Bedingungen erzeugt werden, die dann viel billiger bei uns landen“, ergänzte Homberger. Er wünschte sich von den Verbrauchern, dass diese mal „besser hinschauen, wo was erzeugt wird, auch im Sinne des ökologischen Fußabdrucks.

Dieser Winzer fuhr mit dem Rad aus Richtung Haltingen mit. Foto: Daniel Hengst

Es gehe nicht nur um den Agrardiesel und die KfZ-Steuer, erklärt Florian Kaufmann aus Efringen-Kirchen. Ihn selbst treffe dies als kleineren Winzer mit zehn Hektar nicht so stark, aber das Geld fehle auch im am Ende beim Nettoertrag. „Wir sind auch für die Verbraucher hier“, sagte Kaufmann. Heimische Produkte hätten ihren Wert und würden auch in dieser Jahreszeit produziert. „Die Lebensmittel müssen nicht mit dem Flugzeug oder dem Schiff importiert werden. Das ist nicht ökologisch.“ Bei der Politik gehe es darum, dass es mit der Bürokratie so nicht weitergehen könne, findet Kaufmann.

Begleiter haben sich einen Mini-Traktor aufs Dach geschnallt. Foto: Daniel Hengst

„Es werden immer mehr Bestimmungen, Vorschriften, und Verordnungen, die zu beachten sind“, erklärt Jürgen Müller aus Haltingen. Die Dokumentation würde für Pflanzenschutz und Düngung ebenso immer mehr Aufwand bedeuten. Müller baut viel Gemüse an: „Auf rund zwei Hektar können es 30 bis 50 Kulturen sein, die dort angebaut werden. Dies macht eine groß Antragsflut notwendig.“

Als Landwirt habe man schon immer mit der Natur gelebt. „Das Ausbringen von Dünger hängt mit den Verhältnissen in der Natur zusammen. Das lässt sich nicht mit dem Kalender regeln“, sagt Emanuel Reymann aus Haltingen, der Getreide, Zuckerrüben und Raps anbaut. Soja lasse sich in Brasilien günstiger herstellen. Ob das Zielführend sei? „Wir haben gesehen wie es mit dem Gas und Putin gelaufen ist“, bedeutete Reymann.

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