Stroh zur Beschäftigung
Gleichwohl werden Anführer ausgemacht. Wie das bei identisch aussehenden Hundertschaften funktioniert? Er merke sich Auffälligkeiten am Kamm, Schnabel oder Gefieder, meint Kaufmann. Einen guten Blick hat auch die dauerpickende Schar. Irgendwas ist da los. Menschliche Zweibeiner amüsieren sich auch darüber, dass der Nestbau beginnt, kaum dass eine Handvoll Stroh fällt. Binnen Sekunden werden die Hinterbeine gewetzt, um im undurchsichtigen Strohbüschel nach einem Wurm zu tasten. Und die schnellste Henne macht sich breit, egal, was drum herum passiert. Sozusagen ein Platzhuhn.
Stroh gibt es zwischendurch zur Beschäftigung. Denn Hühner picken 15 000 Mal am Tag, das sei wie Augenblinzeln. Beim 3000. Mal ist es satt, deshalb gibt es Spielzeug wie Picksteine und eben Stroh.
Ein kleines Wunder kam mit dem Tag, als sich ein weißes Ei fand. Die Rasse der Kaufmanns legt nur braune Eier. Im Prinzip gilt: braune Hühner – braune Eier, weiße Hühner – weiße Eier. Sprachlos war man auch wegen der renitenten „Dame“, die sich zweimal vor dem Ausstallen drückte. Ausstallen bedeutet, der Stall werde geleert und gesäubert für die nächste Generation. Die Vorgänger wandern in Suppentöpfe. Jedenfalls war die Bude komplett geräumt, da tauchte ein Huhn auf. Es bekam einen Ring, und durfte bleiben. Nach dem nächsten Ausstallen tauchte erneut ein einzelnes Huhn auf – mit Ring. Kaufmann lacht, man wisse bis heute nicht, wo das Geheimversteck war. Insgesamt leben hier zwei Völker mit 1700 Hühnern. Und wer nun meint, das Hierarchieverhalten hänge mit der Masse zusammen, der sei beruhigt: Der menschliche Chef von nur einem Dutzend Hühnern war verreist. Seine Hennen verteilten die Eier überall im Garten. Kaum war er zurück, lagen die Eier vorschriftsmäßig im Nest des Stalls.