Efringen-Kirchen Den Freiraum bieten

Marco Fraune

Gemeinderat: Einblicke in die nicht immer einfache Jugendarbeit.

Efringen-Kirchen - Das Jugendzentrum kommt als Freiraum bei den jungen Efringen-Kirchenern gut an. In Jubelstimmung verfällt Leiter Jens Künster aber keineswegs. So müsse an der Ausgestaltung der Bedarfsorientierung noch gearbeitet werden – ebenso wie an den Beteiligungsprozessen. Was aus der Übergangslösung Container wird, ist zudem unklar.

Mit einer Mischung aus Stolz auf Erfolge sowie Ärger über plötzlich erloschenes Interesse an Aktionen und Beteiligungen hat Künster am Montagabend im Gemeinderat die Jugendarbeit in der Rebland-Gemeinde beschrieben. Seit März als Jugendzentrum-Leiter aktiv, konnte er insgesamt 1427 Mädchen und Jungen bis Oktober als Besucher zählen, womit im Schnitt 15 kamen. Doch: Damit könne noch nichts über die Qualität gesagt werden, weiß der Leiter. Wie lange die Jugendlichen bleiben, werde beispielsweise nicht erfasst.

„Offene Tür“

Geöffnet hat das Jugendzentrum insgesamt 22 Stunden an drei Tagen in der Woche, wobei morgens während der eineinhalb Stunden eher die Elf- bis 13-Jährigen und nachmittags dann vor allem die 14- bis 17-Jährigen da sind. Die Besucher kommen vor allem aus „benachteiligten Gruppierungen“, womit es sich um „prekäre Jugendliche handele. Diese sollen durch die sozialpädagogische Begleitung in der Entwicklung gefördert werden. „Das Jugendzentrum soll ein Freiraum sein“, erklärte der Leiter das Konzept. So gebe es keine Verpflichtungen, auch keinen Konsumzwang. Freiwilligkeit, Offenheit und Förderung von Eigenverantwortung und Kreativität nannte Künster als Schlagworte. Es gelte auch, Empathie und soziale Verantwortung zu lernen. Konkret dürfen die Jugendlichen bestimmen, was zubereitet oder auch welche Musik gespielt wird. Ein Mix aus Input und einer Abfrage an Bedarfen gibt es.

Die Mitbestimmung

Mitbestimmung und Mitgestaltung werden als zentrale Punkte in der Jugendarbeit begriffen. Künster: „Mitbestimmung heißt auch, dass wir daran arbeiten, Jugendliche mit in die Verantwortung bei der Selbstverwaltung des Jugendzentrums zu ziehen. Wir wollen den Schritt wagen.“ Zwar fanden sich dafür auch eine Handvoll stark Interessierte. Doch dafür müssten diese einen Kurs belegen, dessen Kosten sie zu einem Viertel selbst tragen sollen. Unter dieser Maßgabe sind alle bislang abgesprungen, bedauerte der Jugendzentrumsleiter, der während der Offenen Tür noch Einzelfallberatungen für Jugendliche übernimmt. Als verlängerten Arm der Schulsozialarbeit, wie von Karlfrieder Hess (SPD) angesprochen, sieht sich Künster aber nicht.

Aktionen und Events

Die besonderen Angebote kommen unterschiedlich gut an. So gab es schon Aufklärungen zum Thema Müll oder ein Polizist stellte sich den Fragen der Jugendlichen. Doch die Aktionen und Events seien mit einem großen Planungsaufwand verbunden. „Frustrierend ist dann eine geringe Resonanz“, hatte Künster beispielsweise Freikarten für ein Spiel des FC Basel in „Joggeli“ erhalten, doch kein Jugendlicher aus Efringen-Kirchener schlug letztlich zu. Zwei Ferienfreizeiten lockten hingegen zum Kanu- und Camping im Elsass sowie eine nach Wieden auf die Schwarzwaldhütte.

Insgesamt kalkuliert Künster, was geht. „Man wägt ab, was dabei rumkommt, da dann weniger Zeit für die ,Offene Tür’ bleibt.“ Es sei eine ganz große Herausforderung, Jugendliche für Aktionen zu motivieren. „Wir müssen noch häufiger und eher Bedarfe abdecken“, bilanziert Künster daher.

Rauchen und Trinken

Mit den Themen Rauchen sowie Alkohol- und Drogenkonsum ist der Jugendzentrumsleiter ebenso konfrontiert. Das sorgt manchmal für großen Konfliktstoff. Nachdem die Jugendzentrums-Container mit Graffiti beschmiert wurden, folgte ebenso eine Aufbereitung mit den jungen Übeltätern. Die Drohung, dass die Einrichtung geschlossen werden könnte, diszipliniert aktuell, berichtete der Leiter. „Es ist wichtig, mit den Jugendlichen die Taten zu reflektieren. Es geht mir darum, ihnen die Hand zu reichen und sie in die richtige Richtung zu bewegen.“

So klappe der Reinigungsdienst vor der Einrichtung schon besser. „Super funktioniert“ habe zudem, dass nach einem Runden Tisch im Frühsommer die Jugendlichen nicht mehr am Bahnhof und am Rathaus für Lärm und Schmutz sorgen, sondern die neu aufgestellten Tische und Bänke sowie das W-Lan vor dem Jugendzentrum nutzen. „Die Rechnung ist aufgegangen.“ Zwar liegen Montagmorgens Müll und Scherben als Beleg für deren Präsenz vor der Tür, doch auch hier glaubt Künster an positive Veränderungen.

Was wird aus Containern?

„Es bleibt spannend“, weiß der Jugendzentrumsleiter um genug Aufgaben für die Zukunft. Für das nächste Jahr ins Auge gefasst hat er angesichts der Kommunalwahl das Beteiligungsprojekt „Politik und Pizza“, bei dem die Gemeindepolitik mit der Jugend ins Gespräch kommt, was auch von FDP-Fraktionschef Fritz Kiefer begrüßt wurde.

Die Verwaltung und die Politik müssen auch noch entscheiden, ob die zehn Jahren alten Container, in denen das Jugendzentrum sich befindet, weiter gemietet werden sollen, oder beispielsweise eine Unterbringung im alten Vereinsheim „Im Hölzle“ möglich ist. Denn: „Die Container sind technisch gesehen abgeschrieben“, erinnerte SPD-Fraktionschefin Irmtraud Töppler. „Wenn wir es uns leisten können, würden wir es tun“, gab Schmid erst einmal zu bedenken.

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