Efringen-Kirchen Die Meinungen gehen auseinander

Weiler Zeitung
An der Podiumsdiskussion zu Hermann Burte nahmen teil: (von links) Regionalhistoriker Hansjörg Noe, Georg Diehl für die Hermann-Burte-Gesellschaft, Moderator Markus Moehring, Leiter des Lörracher Dreiländermuseums, Hubert Bernnat als ehemaliger Schulleiter des Hans-Thoma-Gymnasiums Lörrach und Jan Merk als Leiter des Markgräfler Museums Müllheim. Foto: Jutta Schütz Foto: Weiler Zeitung

Podiumsdiskussion: Hermann Burte als Namensgeber für Straßen und Gebäude ist Thema

Als Dichter und Vertreter der alemannischen Mundart wird Hermann Burte in Teilen der Bevölkerung heute noch verehrt – andere Bürger wiederum sehen Burte als Vertreter völkischen und nationalsozialistischen Gedankenguts. Burte, das wurde bei einer Podiumsdiskussion im Saal der Alten Schule in Efringen-Kirchen klar, polarisiert auch noch fast 60 Jahre nach seinem Tod. Mehr als 70 Besucher sowie einige Gemeinderäte waren gekommen.

Von Jutta Schütz

Efringen-Kirchen. Zur Podiumsdiskussion hatten der SPD-Ortsverein und die SPD-Fraktionsvertreter im Gemeinderat eingeladen. Der Hintergrund ist, dass die SPD einen Antrag im Gemeinderat einbringen will, dass das Straßenschild der „Hermann-Burte-Straße“ im Ort wie in Müllheim einen erklärenden Zusatz auf die unterschiedliche Wahrnehmung Burtes erhält. Des Weiteren wünscht sich die SPD, dass die Mehrzweckhalle der Gemeinde nicht mehr den Namen „Hermann-Burte-Halle“ trägt.

Die Diskussion wurde von Markus Moehring, Leiter des Lörracher Dreiländermuseums, moderiert. Rede und Antwort standen dabei der Regionalhistoriker Hansjörg Noe, Hubert Bernnat als ehemaliger Schulleiter des Hans-Thoma-Gymnasiums Lörrach, Georg Diehl für die Hermann-Burte-Gesellschaft sowie Jan Merk als Leiter Markgräfler Museums Müllheim.

Moehring warf einen Blick auf das Leben Burtes, hob dessen lyrisches Talent heraus, berichtete aber auch von Burte als Schriftsteller, der sich früh völkisches und später nationalsozialistisches Gedankengut zu Eigen machte. „Zumindest in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war aber völkisches Gedankengut nichts Ungewöhnliches bei Autoren“, hielt Moehring fest.

Drei Schwerpunkte

Er unterteilte die Diskussion in drei Schwerpunkte, den „Blick aufs Wort“, auf die politische Haltung Burtes und die „Konsequenzen für die Erinnerung“. Diehl gehört zu der Generation Bürger, die Burte noch persönlich kannten. Moehring und Bernnat waren überrascht von Diehl zu erfahren, dass sich die Hermann-Burte-Gesellschaft nicht aufgelöst hat, sondern dass ihr noch etwa 70 Mitglieder angehören. Diehl verteidigte die positive Erinnerung an Burte und legte Wert auf dessen bedeutende Funktion für die alemannische Sprache. Zudem sei Burte nicht sofort, sondern erst später, 1936, in die NSDAP eingetreten, gab Diehl weiter.

Noe dagegen ist ein bekannter Kritiker Burtes, der viele Fakten aus dessen völkischen Denken und nationalsozialistischer Vergangenheit recherchiert hat. „Burte hat abgewartet, ob sich die NSDAP Erfolg hat, als das der Fall war, ist er eingetreten und hat auch noch Lobgedichte auf Hitler geschrieben“, stellte Noe fest. Wie Bernnat und Zuhörer Karl-Friedrich Hess, der den Begriff „Vorbild“ ins Spiel gebracht hatte, war er der Meinung, dass Burte sich mit dem System eines Willkür-Staates gemein gemacht und sich nach dem Krieg nie davon distanziert habe. Straßenbezeichnungen aber sollten zu Ehren von Personen, die eine Vorbildfunktion erfüllen, benannt werden – Burte sei dies nicht, war Hess’, Noes und Bernnats Meinung.

Zusatz am Straßenschild

Merk berichtete, dass man in Müllheim das Straßenschild mit einem Zusatz auf Burtes Leistung als alemannischer Dichter und auch auf die dunkle Seite der Zugehörigkeit zum Nationalsozialismus ergänzt habe. Dies könne auch eine Lösung für Efringen-Kirchen sein, wenn der Gemeinderat zustimme, sagte er.

Im Publikum war auch ein Anwohner der Hermann-Burte-Straße, der sich explizit wünschte, dass der Straßenname komplett verschwindet. Hier gab es Beifall. Walter Silbereisen und Reinhard Geugelin dagegen wollten die Entscheidung früherer Gemeinderäte nicht rückgängig gemacht wissen. Heinz Baumgärtner aus Kandern, auch er jemand aus der Generation, die Burte noch kannte, bemerkte doppeldeutig: „In Kandern wohne ich in der Hermann-Burte-Straße, die Straße ist übrigens eine Sackgasse.“ Dafür gab es spontan Lacher. Baumgärtner erzählte, dass aus dem Maulburger Hermann-Burte-Archiv Hinweise auf die nationalsozialistische Vergangenheit Burtes verschwunden und wohl archiviert worden seien.

Armin Schweizer, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, blieb das Schlusswort: „Ich zitiere als SPDler ungern Horst Seehofer, aber dieser hat recht mit der Bemerkung: ‚Wir müssen Konsequenzen aus dem ziehen, was wir wissen.‘ Deshalb hoffe, ich, dass der neue Gemeinderat unseren Antrag bedenken wird“, sagte er.

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