Efringen-Kirchen Die Zeiger stehen auf Anpassung

Weiler Zeitung
Jürgen BetzFotos: zVg Foto: Weiler Zeitung

Interview: Jürgen Betz steuert die Borgward Zeitmanufaktur in Efringen-Kirchen durch die Corona-Krise

Von der Corona-Krise sind vor allem auch kleine und mittelständische Unternehmen betroffen. Beim Uhrenhersteller „Borgward Zeitmanufaktur“ in Efringen-Kirchen tastet man sich inzwischen vorsichtig in Richtung der Vor-Corona-Situation zurück. Bis wieder Normalität einkehrt, wird es aber noch dauern, glaubt Gründer und Geschäftsführer Jürgen Betz.

Von Ingmar Lorenz

Efringen-Kirchen. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt er, wie er die Zeitmanufaktur durch die Krise steuert, wie wichtig die Kundenbindung für ihn ist und welche bedeutende Rolle Messen für sein Unternehmen spielen.

Frage: Herr Betz, die Corona-Krise hat das Land Ende Februar, Anfang März mit Beginn der Zwangspause getroffen. Wann und wie hat sich die Krise für Sie und die Zeitmanufaktur zum ersten Mal manifestiert?

Das ging recht schnell. Ende Februar waren wir auf der „Retro Classics“ in Stuttgart, einer der größten Oldtimer-Messen Deutschlands. Dabei haben wir gemerkt, dass es deutlich weniger Besucher gab als üblich. Tatsächlich war es dann auch die letzte Messe, auf der wir ausstellen konnten.

Frage: Wie hat sich die Situation in den Monaten danach entwickelt?

Unsere Abverkäufe im Fachhandel sind rapide eingebrochen. Wir haben normalerweise unter anderem auch viele Kunden, die im Zuge ihres Urlaubs im Markgräflerland zu uns kommen. Diesind alle weggeblieben. Man kann sagen, dass innerhalb weniger Wochen alles auf Null heruntergefahren wurde. Auch unsere Werkstatt, in der wir Uhren aller Art reparieren, mussten wir vorübergehend schließen. Inzwischen ist sie aber wieder geöffnet. Darüber bin ich sehr froh, auch wenn wir davon allein nicht leben können.

Frage: Wie haben Sie auf diese schwierige Situation reagiert?

Wie eigentlich alle haben wir versucht, die Zeit möglichst sinnvoll zu nutzen. Unter anderem haben wir die Werkstatt auf Vordermann gebracht. Zudem ging es darum, so weit wie möglich Vorbereitungen für die Zeit nach der Zwangspause zu treffen. Aber natürlich macht man sich auch Gedanken darüber, wie es überhaupt weitergeht.

Frage: Sie haben das Thema Messen bereits angesprochen. Als kleine, exklusive Marke nutzen Sie in normalen Zeiten zahlreiche Messen – auch über den Uhren-Bereich hinaus – um sich zu präsentieren.

Ja, als die Messen abgesagt wurden, war das für uns ein schwerer Rückschlag, weil wir von diesen abhängig sind. Ein Problem war auch, dass man sich frühzeitig für die Messen anmelden muss und dabei eine vertragliche Verpflichtung eingeht. Für zwei große Messen haben wir die 50-Prozent-Anzahlung verloren. Das trifft einen dann sogar doppelt.

Frage: Gleichzeitig ist die Kundenbindung bei Ihnen sehr eng und persönlich. Ist das in der Krise ein Plus?

Ja, denn viele unserer Kunden haben bereits angekündigt, dass sie uns besuchen und die neue Kollektion sehen wollen. Man hat das Gefühl, dass es brodelt. Die Leute wollen raus. In unseremFall sind es keine Massen, aber ein stabiler Kundenstamm.

Frage: Wie viele Mitarbeiter sind denn inzwischen bei Ihnen tätig?

Zwischenzeitlich sind es vier Angestellte. Glücklicherweise hat sich durch die Krise nichts zum Negativen verändert. Die Kurzarbeit hat uns da sehr geholfen. Zudem stocken wir das Gehalt auf 100 Prozent auf, so dass den Mitarbeitern kein Nachteil entsteht.

Frage: Ihr Betrieb ist im ganzen Kreis der einzige, der im Uhrmacherhandwerk ausbildet. Ist das weiterhin möglich?

Ja, wir haben aktuell einen Auszubildenden. Natürlich ist es auch für ihn eine Ausnahmesituation.Unter anderem war und ist der Besuch der Berufsschule aufgrund der Krise ja nicht immer soeinfach.

Frage: Als ein besonderes Erlebnis bieten Sie Kurse an, in denen die Teilnehmer ihre Uhr unter fachmännischer Anleitung selbst bauen. Können diese weiterhin stattfinden?

Die Kurse haben wir zunächst größtenteils verschoben und es wurden vermehrt Gutscheine verschenkt. Inzwischen konnten wir aber wieder einen Kurs anbieten, allerdings mit weniger Teilnehmern und klarem Abstands- und Hygienekonzept. Das ging gut. Für uns ist es vor allem ein Lernprozess, um zu sehen, wie diese Dinge jetzt funktionieren können. Es gibt dafür ja kein Handbuch. Sicher ist aber, dass wir in diesem Jahr noch zwei weitere Kurse anbieten werden.

Frage: Wie sieht allgemein Ihr Blick in die Zukunft aus?

Ich denke, dass uns das ganze Thema noch bestimmt ein oder eineinhalb Jahre beschäftigen wird. Ich bezweifle, dass in naher Zukunft wieder Messen mit 30 000 bis 60 000 Besuchern stattfinden können – gerade im Winter halte ich das für schwierig, wenn in beheizten, geschlossenen Hallen die Luft zirkuliert. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass wir ab März kommenden Jahres kleinere Ausstellungen wieder besuchen können.

Frage: Viele reden derzeit über eine Stärkung des Online-Handels. Ist das auch für Sie eine Option?

Ein gewisser Trend in diese Richtung lässt sich beobachten. Wir montieren auch Uhren von Anbietern, bei denen der Vertrieb komplett online erfolgt. Diese Montageaufträge nehmen zu. Bei unseren eigenen Uhren stellt sich die Situation allerdings anders dar, weil wir ein Produkt verkaufen, das erklärungsbedürftig ist. Man muss unsere Uhren vor einem Kauf einmal in der Hand gehabt haben.

Die Borgward Zeitmanufaktur hat dienstags, donnerstags und freitags jeweils von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen gibt es unter www.borgward.ag.

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