Efringen-Kirchen Existenz der Winzer bedroht?

Ingmar Lorenz
Der Weinbau spielt im Markgräflerland eine zentrale Rolle. Vielen Winzern bereitet nun ein Gesetzesentwurf für mehr Artenschutz Sorgen. Foto: ov

Weinbau: Scharfe Kritik an Gesetzesentwurf von „Rettet die Bienen“. Initiatoren fühlen sich missverstanden.

Rebland - In einem offenen Brief fährt Kilian Schneider, Präsident des Badischen Weinbauverbands, schwere Geschütze auf: Von einer Herausforderung für den Weinbau, die alles in den Schatten stellt, was bisher war, ist die Rede. Denn es gehe um die Frage, ob der Weinbau überhaupt noch eine Zukunft hat. Anlass der Aufregung ist ein Gesetzesentwurf für mehr Artenschutz. Er stelle auch die Winzer zwischen Weil am Rhein und Müllheim vor gravierende Probleme. Die Initiatoren halten dagegen, dass vieles aus ihrem Entwurf falsch verstanden wurde.

Die Situation stellt sich folgendermaßen dar: Zwei Imker aus Stuttgart haben mit der Initiative „Rettet die Bienen“ ein Volksbegehren für mehr Artenschutz auf den Weg gebracht. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde ausgearbeitet. Es wurden genügend Unterschriften gesammelt, damit der Entwurf beim Innenministerium eingereicht werden kann. Das geschieht diesen Freitag. Dort wird man den Entwurf zunächst prüfen. Anschließend müssen 770 000 Unterschriften gesammelt werden, bevor sich der Landtag mit dem Gesetzesentwurf befasst.

Schneider stellt in seinemoffenen Brief vier Punkte heraus, die er als zentral für die Zukunft der hiesigen Winzer sieht: So würden 50 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2035 gefordert, die Halbierung der Pestizidmenge bis 2025, die Halbierung der Flächen mit Pestizidbelastung und der völlige Verzicht auf den Einsatz von Pestiziden in Schutzgebieten. Sollten diese Forderungen Gesetz werden, bedeute dies das Aus für den Weinbau, glaubt Schneider. Denn dann könnten die Winzer ihre Anlagen nicht mehr ausreichend schützen.

Auch der Vorsitzende des Verbands, Peter Wohlfahrt, weist gegenüber unserer Zeitung auf die Tragweite für die Winzer im Markgräflerland hin. Das größte Problem sieht er in der Forderung, vermehrt auf den Einsatz von Pestiziden zu verzichten. Denn ein gewisses Maß an Pflanzenschutzmitteln einzusetzen, sei für alle Winzer notwendig – auch für Bio-Betriebe. Der Weinanbau würde sonst in den betroffenen Gebieten unmöglich, so Wohlfahrt.

Der Verzicht auf Pestizide in Schutzgebieten, von denen es im Rebland einige gibt, stellt für Stefan Schweigler, Vorsitzender des Vereins Markgräfler Weingüter, ein zentrales Problem dar. Sollte der Vorschlag von „Rettet die Bienen“ Gesetz werden, würden die Winzer vor große Probleme gestellt, glaubt auch er. „Es gibt Betriebe, die dann schlichtweg nicht mehr existenzfähig wären.“ Auch Schweigler weist auf die paradox anmutende Situation hin, dass es vor allem Bio-Winzer treffen könnte, weil sich diese mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ohnehin an der absoluten Untergrenze bewegen würden. Auf die Forderung nach 50 Prozent Ökolandbau bis 2035 blickt er in erster Linie aufgrund der sich daraus ergebenden Marktsituation mit Sorgen.

Initiatoren von „Rettet die Bienen“ sehen Klärungsbedarf

David Gerstenmeier, einer der beiden Initiatoren von „Rettet die Bienen“, weist indes darauf hin, dass es in dem Gesetzesentwurf nicht darum gehe, die Landwirtschaft gegen den Artenschutz auszuspielen. Vielmehr sei es auch Ziel des Entwurfs, gerade kleinere bäuerliche Betriebe zu stärken. Dass der Gesetzesentwurf bei den Winzern für Aufregung sorgt, sieht er vor allem vor dem Hintergrund mangelnder Kommunikation. „Vieles im Gesetzesentwurf wird einfach falsch verstanden.“ So gebe es beispielsweise die von Schneider erwähnte Forderung der Halbierung der Pestizidmenge in dieser Form gar nicht im Entwurf. Was die Reduzierung der Fläche angeht, sei nicht gemeint, dass davon jeder einzelne Betrieb betroffen sei. Vielmehr solle eine Strategie entwickelt werden, wie die betroffenen Flächen im ganzen Bundesland insgesamt halbiert werden können, wobei alle landwirtschaftlichen Betriebe – nicht nur die Winzer – mit einbezogen würden. Einen entsprechenden Fahrplan zu entwerfen, müsse Aufgabe der Landesregierung sein.

Zudem werde die geforderte Umstellung auf Ökolandbau nicht erzwungen. Den Landwirten sollen stattdessen entsprechende Anreize geboten werden, selbst auf Ökolandbau umzustellen.

Was den völligen Verzicht von Pestiziden in Schutzgebieten angeht, erklärt Gerstenmeier, dass davon nur solche Mittel betroffen wären, die den Artenschutz gefährden. Das seien längst nicht alle verfügbaren Pestizide. „Wir verstehen, dass sich die Winzer Sorgen machen“, sagt Gestenmeier. Gerade deshalb sei er auch stets für Gespräche offen. „Oft stellt sich dann heraus, dass wir bei genauer Betrachtung des Gesetzesentwurfs die Ängste nehmen können.“

Beide Seiten zeigen sich bereit zu weiteren Gesprächen

Dass es keinen grundlegenden Konflikt zwischen Weinbau und Imkerei gebe, betont gleichzeitig auch Verbandsvorsitzender Wohlfahrt. Es gelte nun, weitere Gespräche zu führen, denn auch die Winzer signalisieren Kommunikationsbereitschaft, um doch noch einen Kommiss zu finden.

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