Efringen-Kirchen Im Auftrag des Herrn unterwegs

Weiler Zeitung
Ulrich Henze ist Springer-Pfarrer im Rebland. Foto: Gerhard Breuer Foto: Weiler Zeitung

Kirche: Ulrich Henze berichtet von seiner Tätigkeit als Springer-Pfarrer im Rebland

Ulrich Henze (62) ist Springer-Pfarrer der evangelischen Landeskirche Baden, von der Kirchenleitung entsandt, um Gemeinden, die zeitlich begrenzt oder ständig ohne Pfarrer sind, zu betreuen. Ein offener, humorvoller, Mann, der für seine Sache brennt und zudem ein begeisterter Fußball-Fan ist. Nach einem Jahr in Weil am Rhein ist er im Augenblick für Bad Bellingen, Hertingen, Kleinkems, Welmlingen und Blansingen zuständig.

Von Gerhard Breuer

Rebland. „Ich bin in der Ortenau geboren. Meine zwei Heimatorte sind Kehl und Zell am Harmersbach. Wir haben lange dort gelebt, und unsere Kinder sind da geboren. Aufgewachsen bin ich in der christlichen Jugendarbeit. Nach dem Abitur stand ich vor der Frage, ob ich Pfarrer, Offizier oder Lehrer werden sollte. Dann kam ich zur Bundeswehr und habe dort ich die kirchliche Arbeit der Militärpfarrer kennengelernt, und dann fand ich den Beruf des Pfarrers und Seelsorgers so vielfältig, dass ich ihn ergreifen musste.“

Henze hat Theologie in Erlangen, Tübingen und Heidelberg studiert, lernte im Lehrvikariat in Wehr und Hinterzarten die Gegend hier kennen. Dann wurde er nach Kehl versetzt, praktisch in seine Heimatgemeinde.

„In Zell am Harmersbach habe ich eine große Diaspora-Gemeinde mit acht Ortschaften übernommen, danach ebenfalls eine große Gemeinde in Kehl-Goldscheuer, wo ich intensiv ökumenisch gearbeitet habe. Der katholische Kollege und ich haben uns gegenseitig vertreten. Diese Dienstgemeinschaft hat mich tief geprägt. Nach der Zeit in Goldscheuer wechselte ich in die Gemeinde Kehl-Sundheim. In diese Zeit fielen Strukturüberlegungen in unserer Landeskirche, wie man Gesamt-Kirchengemeinden neu gestaltet. Viele Sitzungen folgten, und ich wäre gezwungen gewesen, mein Dorfpfarramt aufzugeben. Ja, meine Hinwendung zum Springer entstand auch durch Unzufriedenheit. Nicht mit dem System, sondern damit, wie es funktionierte. Ich habe mehr Zeit in irgendwelchen Sitzungen verbracht als mit Gemeindegliedern – zum Beispiel in der Seelsorge. Und ich dachte: Wo liegen denn meine Gaben? Nun, ich kann mich ziemlich schnell in das Leben einer Gemeinde einfinden, mit Leuten schnell kommunizieren. Und so hatte ich die Idee, Pfarrer im ständigen Vertretungsdienst zu werden und habe das Stellenprofil mit entwickelt.“

Ulrich Henze war lange Zeit Dorfpfarrer. Jetzt ist er Springer. Seine neue Aufgabe brachte zahlreiche Veränderungen und Herausforderungen mit sich.

„In den Gemeinden wird jemand, der ,aus Karlsruhe’ geschickt wird, mit Reserviertheit empfangen. Was will der hier? Nach Karlsruhe melden? Ich habe schon Monate gebraucht, den Leuten zu erklären, was meine Aufgabe ist, nämlich zu helfen und die Gemeinde verwaltungsmäßig und pastoral zusammenzuhalten. Es gibt diesen biblischen Satz ,Sie blieben beständig in der Lehre, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet’. Ich möchte helfen, in vakanten Gemeinden diese Beständigkeit zumindest ein Stück weit zu bewahren.“

Es gibt mittlerweile fünf Springer, die in einem Springer-Pool zusammengefasst sind. Die Landeskirche legt großen Wert darauf, dass es erfahrene Leute sind und diese vor allem in ländlichen Gebieten eingesetzt werden.

Für Pfarrer Henze gibt es drei Gründe, warum es Springer gibt. Der erste Grund: Die Kirche steuert auf einen gravierenden Pfarrermangel zu. Der zweite Grund: Der Beruf des Pfarrers wird immer mehr ein Frauenberuf. Es müssen also Mutterschutz- und Elternzeiten überbrückt werden. Dritter Grund: Besetzungsprobleme in den ländlichen Gebieten. Die Tätigkeit auf dem Land bringt besondere Herausforderungen mit sich, übt aber auch einen ganz eigenen Reiz aus.

„Als Pfarrer stehe ich in ländlichen Gemeinden wesentlich mehr unter Beobachtung als in den eher anonymen Städten, und diese Öffentlichkeit ist häufig auch anstrengend, wenn man zum Beispiel bei Veranstaltungen der Vereine dabei sein sollte, was oftmals erwartet wird. Ich halte das aber für wichtig. Geburtstage, Generalversammlungen, das sind Dorfereignisse, und da sollte der Pfarrer, die Pfarrerin auch präsent sein. Viele sagen, das bringt doch nichts. Ich sehe das völlig anders. Zugegeben: Es ist auch vieles banal. Aber auf diese Weise kennen einen die Leute. Ich nenne es vorbereitende Seelsorge. Wie viele Tauf- und Hochzeitsanmeldungen habe ich schon in der Gaststätte entgegengenommen. Wissen Sie, ich schaue gern am Abend Fußball, bin Fan von FC St. Pauli.“

Das Thema Präsenz in den Gemeinden spielt für Henze als Springer naturgemäß eine große Rolle. Denn der Beruf bringt es mit sich, dass er viel unterwegs ist und häufig nicht zu Hause sein kann.

„Ich wohne in Kehl. Mein angestammtes Gebiet ist die Ortenau. Ich bin jetzt genau acht Jahre Springer. In diesen acht Jahren war ich während sechs Jahren mehr als 80 Kilometer von meinem Wohnort entfernt. Ich war meistens hier im Kirchenbezirk Lörrach, weil es hier enormen Bedarf gibt, und dann wohne ich eben in Ferienwohnungen. Ich komme dienstags in die Gemeinde, bleibe die Woche und fahre am Sonntagnachmittag nach Hause. Ich habe jetzt eine Wohnung in Bad Belllingen, vorher war ich in Weil, habe dort zwei Gemeinden versorgt und zusätzliche Gemeinden verwaltet. In Schopfheim war ich zweimal, ebenso in Fahrnau und Gersbach, in Maulburg und Zell/Schönau.“

Springer-Pfarrer Ulrich Henze sieht die Kirche zwar in Teilen auch kritisch, trotzdem ist sie für ihn eine rahmenschaffende und wohltuende Institution für Glaubende.

„Da sind die beiden Pfeiler: Glaube und Kirche. Ich möchte die Menschen zu einem lebendigen Glauben ermutigen. Für den Glauben ist die Institution Kirche der Rahmen, der es aber dem Heiligen Geist mitunter schwermacht, sich Bahn zu brechen. Mir gibt diese Institution die Freiheit, so zu arbeiten, wie ich jetzt arbeite. Kürzlich nach einer Beerdigung fragte mich jemand: ‚Wie ist das, muss man den Pfarrer bezahlen, wenn man beerdigt wird?‘ Und hier sehe ich die Freiheit des kirchlichen Beamten, zu sagen: Nein, die Kosten sind von der Kirchensteuer abgedeckt. Das ist wunderbar. Wir müssen keine Spenden erbitten.“

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