Efringen-Kirchen Kirchner, Juden und das Alltägliche

Alisa Eßlinger

Veranstaltung: Maren Siegmann bietet einen Rundgang zum europäischen Tag der jüdischen Kultur an

Efringen-Kirchen - Passend zum europäischen Tag der jüdischen Kultur veranstaltet Maren Siegmann, Leiterin des Museums in der „Alten Schule“ in Efringen-Kirchen, einen Spaziergang zum Thema „Jeder Schutzjud Küh und ein Ross – Die Kirchner, die Juden und das normale Leben um 1800“. In den Archiven stecken viele Geschichten über die ersten jüdischen Familien in Kirchen, denen sich Siegmann in ihrem Rundgang widmen wird.

Der Rundgang durch die Gemeinde startet am Sonntag, 6. September, ab 10 Uhr beim Miniatur-Park zwischen Gutenau 20/2 und 20/4. Der Rundgang dauert zirka eineinhalb Stunden. Etwas später am gleichen Tag veranstaltet der Bürgermeister eine Führung über den jüdischen Friedhof.

Bereits in den vergangenen Jahren hatte Siegmann Spaziergänge zum Thema „Juden im Mittelalter“ angeboten, diesmal konzentriert sich die Museumsleiterin auf das 18. Jahrhundert. „Das ist mal was Neues“, erklärt sie.

Reibereien, Schutzbriefe und der Alltag in Kirchen

Zur Idee für den neuen Rundgang kam Siegmann, als sie gerade dabei war, Material für eine nächste Dauerausstellung zu sichten, als sie auf archivarische Dokumente in einer Reihe von Aktenstößen traf. In denen las sie über Beschwerden um 1800 in der Gemeinde Kirchen. „Das waren zeittypische Aufschriebe über Kirchner, die sich zum Beispiel darüber aufregten, dass die jüdischen Einwohner zu viele Tiere hatten und diese das Gras von der Wiese fraßen“, erzählt Siegmann.

Sie fand die Aufschriebe so spannend, dass sie begann, das Aktenkonvolut zu digitalisieren und zu übersetzen. „Es befinden sich viele kleine Geschichten in den Akten, in denen es so richtig menschelt. Langweilig wirds bestimmt nicht“, meint Siegmann. Dabei entdeckte sie, dass sich vier jüdische Familien zirka 1736/38 (indirektes Datum) in Kirchen ansiedelten. „Es wurden schnell mehrere Familien“, entnimmt Siegmann aus ihren Akten.

In ihrer Zeit als Stadtführerin in Konstanz befasste sich Siegmann bereits mit dem Alltagsleben der jüdischen Gesellschaft in Konstanz. „Dabei wurden vor allem die positiven Aspekte des Miteinanders beleuchtet, aber in den Kirchner Dokumenten ist das friedliches Zusammenleben häufig nicht festgehalten, daher oft nur von Reibereien zu lesen. Das verzerrt das Bild der Zeit etwas, da nur die negativen Aspekte festgehalten wurden, aber dafür sind darunter richtig spannende Sachen. Das ist ergiebiger als gedacht.“

Im 18. Jahrhundert wurden Schutzbriefe an Juden ausgestellt, die sie davor bewahrten, ermordet zu werden. Gleichzeitig wurde es den Juden erlaubt, sich in der Markgrafschaft „Baden-Durlach“ (dazu gehört auch das Markgräflerland) anzusiedeln. „Allerdings waren die Schutzbriefe nur auf Zeit ausgestellt.

Mit viel Glück konnten die Juden an einem Ort zehn Jahre lang leben. Die jüdische Geschichte ist voll von Ausbeutung und unschönen Umgangsformen. So musste der ärmste Jude die gleiche Summe an Steuern zahlen, wie der reichste Nicht-Jude“, berichtet sie und fügt hinzu: „Da fragt man sich, wie die jüdische Bevölkerung überhaupt überlebt hat.“

Siegmann will bei ihrem Spaziergang die Lebensverhältnisse darstellen. Um den Rundgang einzugrenzen, hat sie sich auf zirka 100 Jahre begrenzt.

Spaziergang virtuell verfügbar machen

Wann sie ihren Rundgang zeitlich beenden will, weiß Siegmann noch nicht. Ein mögliches Ende könnte die Diskussion zur Gleichberechtigung der Juden im Landtag um 1848 sein. „Momentan bin ich noch am Transkribieren, daher lasse ich mich noch überraschen“, erklärt sie. Dennoch, einzelne Stationen des Rundgangs seien schon festgelegt, wie zum Beispiel die Orte, an denen die ersten Synagogen standen.

Siegmanns Spaziergänge haben eine Hintergrundidee: In Zukunft könnte sie sich vorstellen, diese auch durch GPS oder QR-Codes anzubieten. „Mit Hilfe der Technik könnte man die Inhalte auch schneller aktualisieren, als die Bronzetafeln, die derzeit im Ort aufgehängt sind. Es gibt so viele Geschichten in der Region, diese sollte man unter die Menschen bringen“, sagt Siegmann.

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