Efringen-Kirchen Lörracher Markt verliert Urgestein

Weiler Zeitung
„Marktfrau“ Irmgard Gräßlin (links) mit Urenkel Elias auf dem Schoß und einer Marktfreundin auf dem Lörracher Wochenmarkt. Foto: zVg Foto: Weiler Zeitung

Porträt: Mappacherin Irmgard Gräßlin verkauft seit 60 Jahren die Ware des Familienbetriebs

Bei jedem Wind und Wetter, ob Sommer oder Winter, der Lörracher Wochenmarkt war fester Lebensbestandteil von Irmgard Gräßlin. Doch nach 60 Jahren verabschiedet sich die Mappacherin vom Marktverkauf, und für den Lörracher Markt geht damit ein Urgestein verloren.

Von Joachim Pinkawa

Mappach . Der Lörracher Wochenmarkt hat eine Jahrhunderte alte Tradition und gilt als Institution zur Versorgung mit regionalen Produkten. Das reichhaltige Sortiment der vielen Anbieter umfasst Obst, Gemüse, Eier, Brot, Honig, Fleisch und Wurst sowie Feinkost, Imbiss, Wein und Schnaps. Seit 1969, also über 60 Jahre lang, war Irmgard Gräßlin aus Mappach fester Bestandteil des samstäglichen Wochenmarkts in Lörrach und galt inzwischen selbst als Institution und Original.

Mit 85 Jahren ist Schluss

Gräßlin, die am 1. Dezember ihren 85. Geburtstag feierte, hat beschlossen, sich mit dem Jahresende 2019 als Marktfrau zu verabschieden. „Schaffe, immer schaffe, war mein Lebensmotto und ich bin mit 80 noch auf den Acker gegangen, aber jetzt, mit 85 und nach zwei Hüftoperationen, gohts nimmer so mit dem Laufe“, erläuterte die Mutter von drei Söhnen in einem Gespräch, nachdem sie gerade vom Sport zurückgekommen war.

„Der Wochenmarkt hat ihr Leben und Schaffen auf dem landwirtschaftlichen Hof der Familie bestimmt und geprägt“, charakterisierte der Sohn und Mappachs Ortsvorsteher, Helmut Grässlin, das Leben seiner Mutter. „Immer samstags – und sie ist Jahrzehnte lang selbst gefahren – war sie auf ihrem Stammplatz mit dem auf dem Hof erzeugten Obst und Gemüse anzutreffen“, ergänzte Grässlin anerkennend. In den letzten Jahren allerdings haben Söhne und Enkel nicht nur den Anbau auf dem „Gwächsacker“ übernommen, sondern auch die Transporte und Fahrten zum Markt.

„Keine Mühen für die Präsentation hat sie gescheut, da wurden die Äpfel sogar mit dem Tuch blitzblank geputzt, denn ihr Anspruch war das schönste und beste Obst zu haben.“ „Günnet mir jo kei Lumpezügs“ (pflückt mir bloß kein schlechtes Obst), lautete die stetige Qualitätsanforderung an die unterstützenden Familienmitglieder des inzwischen Nebenerwerbsbetriebs, wusste Grässlin zu erzählen.

Neben den saisonal bedingten Produkten unterlag die Planung für den Markt exakten Bedingungen: Bis Freitagabend musste alles fertig, und das Auto für die Abfahrt um 5 Uhr morgens mit allem Notwendigem beladen sein, damit alles pünktlich funktionieren konnte, „sonst hätte mer de Chümmel g’riebe“ (sonst hätte es richtig Ärger gegeben), erklärte Enkel Tobias mit ehrfürchtigem Schmunzeln die präzise Vorbereitung seiner Oma (sieben Enkel) und „Uri“ (von sieben Urenkeln).

Facebook-Ersatz

„Der Wochenmarkt war das Facebook für die Oma, denn Marktteilnehmer und Stammkundschaft boten ihr den regen Austausch und dass sogar persönlich vor Ort“, gestand Enkel Tobias. Tatsächlich wertete Gräßlin das Verhältnis zur Marktnachbarschaft und den Stammkunden als außerordentlich und wunderbar. Sie schätzte auch das rege Markttreiben am „Neuen Marktplatz“ im Lörracher Zentrum: Es ist „immer ein Erlebnis, das auch die vielen Besucher aus der gesamten Grenzregion erfreut“.

Mit einem Lächeln in den Augen und doch etwas Wehmut in der Stimme sagte sie abschließend, „wenn ich noch besser zu Fuß wäre, hätte ich weiter gemacht. Aber so habe ich mich mit Sekt und einer Träne im Knopfloch vom Markt und den Menschen dort verabschiedet und genieße aber weiterhin die vielen schönen Erinnerungen aus der langen Zeit“. Der Wochenmarkt hat damit jedoch ein Original weniger.

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