Efringen-Kirchen Mit Hilfe von Drohnen Rehkitze retten

Siegfried Feuchter
Ein Drohnenpilot in Aktion: Drohne und Wärmebildkamera sind die effektivsten Methoden, um Rehkitze in Wiesen aufzuspüren. Foto: zVg

Während der Mähsaison im Mai und Juni sind Rehkitze, die im hohen Gras liegen, stark gefährdet. Der vor mehr als zweieinhalb Jahren gegründete Verein „Rehkitzrettung Südbaden“, in dem Jäger, Tierschützer und Landwirte vereint sind, hat mit Hilfe von Drohnen schon viele Tiere gerettet.

Wie ein solcher drohnengestützter Rettungseinsatz des im Markgräflerland und darüber hinaus tätigen Vereins abläuft und wie die Zusammenarbeit zwischen Jägern und Landwirten funktioniert, schildert Ralf Smit, Vorsitzender der „Rehkitzrettung Südbaden“, im Interview mit unserer Zeitung.

100 000 Rehkitze sterben in Deutschland pro Jahr durch das Mähwerk. Wie viele Rehkitze konnte der Verein „Rehkitzrettung Südbaden“ in diesem Jahr durch den Einsatz von Drohnen schon retten?

Für uns zählt jedes gefundene Rehkitz. Aber für den Landwirt ist der wichtigste Parameter die abgesuchte Fläche, die er dann entspannter mähen kann. Dieses Jahr haben wir rund 2500 Hektar Wiesenfläche vor der Mahd abgeflogen und auf Kitze kontrolliert.

Wie läuft ein solcher Einsatz ab?

In der Regel meldet der Landwirt oder der Jagdpächter am Vortag, welche Flurstücke am nächsten Tag gemäht werden sollen. Am frühen Morgen oder bei guter Abkühlung auch am Abend wird die angemeldete Wiese mit der Drohne von einem Piloten abgeflogen. Parallel zum Flug beobachtet ein Mitglied des Rettungsteams („Spotter“) den Bildschirm, auf dem das Wärmebild angezeigt wird. Sobald er ein liegendes Kitz vermutet, gibt er ein Signal, und der Pilot lässt die Drohne in der Luft stehen. Durch die Drohne und über Funk werden die „Kitzretter“ – das sind meistens zwei Personen – zu dem liegenden Kitz geleitet.

Wie wissen Sie, wo Rehgeißen ihre Rehkitze abgelegt haben?

Ideal sind gute Ortskenntnisse der Jäger und Landwirte. Sie wissen, wo sie schon Rehgeißen gesehen haben und wo diese am ehesten ihre Kitze abgelegt haben könnten. Aber in der Regel wissen wir den genauen Standort nicht. Daher programmieren wir die angemeldeten Flächen für einen Rettungseinsatz und fliegen diese lückenlos mit der dazu eingestellten Höhe von 30 bis 60 Meter ab. Die programmierte Höhe hängt von der Empfindlichkeit der Wärmebildkamera ab, die an der Drohne angebracht ist.

Ist die drohnengestützte Rehkitzrettung mit Wärmebildkamera die effektivste Methode, um die jungen Tiere vor dem Tod zu bewahren?

Die Suche mit Drohne und Wärmebildkamera stellt die mit Abstand effektivste Methode dar. Wir können mit dieser Technik bei guten Bedingungen ein bis drei Hektar in der Minute absuchen. Die klassischen Methoden brauchen deutlich länger. Außerdem haben wir festgestellt, dass diese Form der Suche auch gründlicher ist. Wir haben beispielsweise noch Kitze in Wiesen gefunden, die bereits vorher zu Fuß und mit Hunden abgesucht worden sind.

Was passiert mit einem geretteten Rehkitz?

Wenn das Kitz noch nicht mobil ist, Stichwort Duckreflex, wird es vorsichtig mit Gummihandschuhen und Gras in den Händen aufgenommen und außerhalb der Wiese geschützt unter einer luftigen und mit Gras abgedeckten Holzkiste oder ähnlichem gesichert. Sobald die Wiese abgeflogen wurde, sollte die Mahd beginnen, damit die gefundenen Kitze nicht zu lange von der Rehgeiß getrennt sind und dann Durst oder Hunger leiden müssen. Nach der Mahd werden die Kitze umgehend wieder freigelassen. Durch die Fieplaute nehmen Geiß und Kitz Kontakt auf und finden wieder zusammen. Wenn das Kitz schon mobil ist, versuchen die Kitzretter, das Kitz in Richtung des nächsten Waldstücks abzudrängen. Das ist nicht ganz einfach, da einige Kitze versuchen, wieder in die Wiese zurückzukehren und dabei auch nicht immer im hohen Gras bemerkt werden.

Das Einzugsgebiet des Vereins erstreckt sich bis in die Kreise Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald. Haben Sie genügend Drohnenpiloten, um den Anforderungen für ein so großes Gebiet gerecht zu werden?

Obwohl wir uns in drei Jahren von sechs auf 16 Piloten verstärken konnten, haben wir nicht genug Piloten, um alle Landkreise abzudecken. Insbesondere in den beiden genannten Landkreisen wären Interessenten mit Drohnenerfahrung sehr willkommen.

Wie viel muss ein Drohnenpilot für seine Ausrüstung investieren?

Eine komplette Ausstattung mit Drohne, Wärmebildkamera, Monitor, Funkgeräten und Akkus kostet etwa 7000 Euro. Die Rehkitzrettung Südbaden versucht, die Piloten bei der Anschaffung zu unterstützen. Dazu sind wir auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Landwirt, Jäger und Rettungsteam?

In der Regel sind Jagd und Landwirtschaft eng miteinander verwoben. Meistens stellen die Jäger die Kitzretter zur Verfügung und kümmern sich um die Freilassung der Kitze. Wenn Jäger und Landwirte an einem Strang ziehen, können sie gemeinsam viel Tierleid vermeiden und zur Gewinnung hygienischer Futtermittel beitragen.

Sind die Rettungseinsätze kostenlos?

Die Rehkitzrettung Südbaden ist ein gemeinnütziger Verein. Unsere Rettungseinsätze sind immer kostenlos. Eine Mitgliedschaft in unserem Verein ist aber keine Voraussetzung für den Einsatz. Wir freuen uns über neue Mitgliedschaften oder Spender, damit wir die komplexe Drohnentechnik instand halten und auch neue Piloten ausbilden können. Mitgliedsanträge sowie unsere Bankverbindung findet man auf unserer Webseite www.rehkitzrettung-suedbaden.de.

Sie sind Jäger und Drohnenpilot. Trifft diese Doppelfunktion auf alle aktiven Vereinsmitglieder zu?

Wir sind ein gut gemischtes Team von Piloten. Etwa 50 Prozent unserer Piloten sind Jäger und Piloten, die andere Hälfte hat keinen Bezug zur Jagd.

Was war bislang Ihr schönstes Erlebnis bei der Rehkitzrettung?

Es ist immer wieder schön, wenn man Kitze finden und retten kann. Mein schönstes Erlebnis war die Rettung eines Kitzes, dessen Mutter vorher bei einem Verkehrsunfall getötet wurde. Wir konnten das Kitz einfangen und auf einem Bauernhof unterbringen.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading